Hebeins Begegnungszonen-Plan: Die unveröffentlichten Details
Für Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) war das sechsseitige Papier, das am Dienstag auf seinem Schreibtisch landete, bloß eine „grobe Skizze“. Für die grüne Vizebürgermeisterin Birgit Hebein ist es weit mehr: argumentative Munition für ihren viel diskutierten Vorstoß, während der Corona-Krise Straßen für Fußgänger freizugeben.
Dem KURIER liegen die bisher unveröffentlichten Details vor.
Dem Papier zufolge hat der Magistrat sechs Wege geprüft, wie Hebeins Idee umgesetzt werden könnte: durch Straßensperren mit Betonwänden, drei Varianten von Fahrverboten (mit und ohne Zufahrtsmöglichkeit bzw. physischen Sperren), temporäre Wohnstraßen und zeitlich begrenzte Begegnungszonen.
Eine Sperre mit Betonwänden wäre darauf hinausgelaufen, Autos komplett auszusperren: Niemand könnte zu-, ab-, oder gar durchfahren. Praxistauglich ist die Option nicht, sie „kann nur zum Einsatz kommen, wo keine (...) Garagen vorhanden sind“, heißt es in dem Papier.
Und solche Straßen gebe es in Wien kaum. Garagenmieter einzusperren, kam für Hebein offenbar nicht in Frage.
Neue Regeln bei Fahrverboten
Auch durch Fahrverbote wäre Hebeins Ziel, Platz für Fußgänger zu schaffen, nicht erreichbar gewesen. Denn bei aufrechten Fahrverboten dürfen Fußgänger die Fahrbahn nicht betreten.
Als die Beamten das Papier formulierten, war allerdings noch nicht klar, dass nächste Woche eine Gesetzesnovelle in Kraft treten soll, die genau das erlaubt: Nämlich, dass Fußgänger trotz gesperrter Straße die Fahrbahn benutzen dürfen – sofern die Behörde das verordnet hat.
Das Interesse an dieser Möglichkeit war am Freitag in den Landeshauptstädten gering. „Kein Bedarf“, meldeten etwa Linz, Salzburg, Klagenfurt und Eisenstadt.
Auch in Graz sind „Fußgängerstraßen“ nicht unmittelbar in Sicht. Für das Verkehrsressort kämen sie aber für manche „untergeordneten“ Straßen in Frage.
Hebein präferiert ohnehin einen anderen Weg: temporäre Begegnungszonen. Fußgängern ist es dort – wie auch in Wohnstraßen – generell erlaubt, die Fahrbahn zu betreten. Warum stechen Begegnungszonen aber Wohnstraßen?
"Gelindes Mittel"
Letztere seien „ungeeignet“, weil Radfahrer dort nur Schrittgeschwindigkeit fahren dürfen. Begegnungszonen haben gegenüber Wohnstraßen – und allen anderen Varianten – den Vorteil, dass die Durchfahrt (und nicht nur das Zu- und Abfahren) erlaubt ist.
Fazit des Papiers: Die Begegnungszone sei die „beste Variante, da sie (...) ein gelindes Mittel ist und Vorteile beinhaltet.“
Kriterien definiert
Welche Straßen sich als vorübergehende Begegnungszonen eignen würden, definiert das Papier übrigens auch. Zu den Kriterien zählen schmale Gehsteige, hohe Bevölkerungsdichte und keine Parks im Umfeld sowie nur eine Fahrspur pro Richtung.
Als „1. Tranche“ kämen fünf Straßenzüge in Frage – darunter die Florianigasse, die Alliiertenstraße und die Schopenhauerstraße. Voraussetzung ist allerdings das Okay des Bürgermeisters – und der zeigte sich bisher nicht gerade euphorisch.
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