Der umstrittenste Bauplatz Wiens bekommt eine kuriose Lösung
Es ist vermutlich der meistdiskutierte Bauplatz des Landes. Seitdem die EXPO 1995 auf der Donauplatte abgesagt worden war, wurde intensiv über jenen Bereich neben dem später errichteten DC-Tower diskutiert, der eigentlich der Kultur gewidmet ist.
Nun kann der KURIER das Geheimnis lüften:
Hier werden ab heuer drei Gebäude errichtet, wovon eines Schlagzeugern und anderen lauten Musikern gewidmet sein wird.
Auf den ersten Blick fällt die ungewöhnliche Bauweise der drei Häuser auf. Diese sind nämlich so gebaut, dass man ungestört von Gebäuden allen Stockwerken der Strabag-Zentrale auf die Donau und Wien schauen kann.
Strabag- statt Canaletto-Blick lautet das Motto. Laut Insidern soll der Baukonzern dafür eine Million Euro hingelegt haben.
Von Guggenheim bis Sea World
Die Liste der Ideen für das Areal war lang. Zunächst hätte Architekt Hans Hollein hier einen Ableger des berühmten New Yorker Guggenheimmuseums bauen sollen. Dann hätten die Akademie für bildende Künste und sogar ein Center für Meerestiere (Sea World) eine Heimat finden sollen. Regisseur Peter Sellers wollte ein Haus der Kulturen gestalten, auch Theaterprojekte gab es.
Statt hochtrabender Pläne für die mit Kultureinrichtungen nicht gerade gut ausgestattete Donaustadt, baut die S+B Gruppe mit der Strabag bis 2025 nun drei Häuser auf den 14.000 Quadratmeter großen Bauplatz, der aktuell ein Parkplatz ist.
Blasmusik und Schlagzeug
Die DC Musicflats bieten 63 Wohnungen für Studenten und Musiker. Beim Bauträger heißt es dazu: Hier wird "Wohnraum speziell für Musiker geschaffen, denen es ermöglicht wird, im Wohnungsbereich zu üben, ohne den Nachbarn zu stören. Abgerundet wird dies durch Probe- und Veranstaltungsräume. Herausfordernd sind diesem Zusammenhang die schallschutztechnischen Überlegungen, die vor allem für Blas- und Schlagwerkinstrumente wichtig sind."
Im zweiten Gebäude, dem DC Bildungscampus, wird ein neues Konzept der Stadt Wien umgesetzt, das ähnlich an 13 weiteren Standorten umgesetzt werden soll. "Diese bilinguale Schuleinrichtung wird natürlich über Turnsäle und sogar über einen Freibereich auf dem Dach verfügen", wird bei der S+B Gruppe betont. Darüberhinaus dürfte ein Gastronomiebereich mit rund 830 m² entstehen.
Vis-à-vis des Bildungscampus, auf der anderen Seite der Isidro-Fabela-Promenade, ist der DC Innovationscampus geplant. Dieser Gebäudekomplex wird dem verschränkten Arbeiten gewidmet sein und ebenfalls über eine Gastrofläche verfügen.
Während die Strabag-Mitarbeiter weiter ungestört auf die Donau schauen, wird manch anderen Donauplattenbewohnern die gute Aussicht teilweise verbaut. Für Ärger bei vielen Anrainern sorgt, dass quasi erst die zweite Reihe mit Wien-Blick verkauft wurde und dieser nun teilweise zubetoniert wird.
Historie des Grundstücks
Als 1989 der Eiserne Vorhang in Europa fiel, bewarb sich Wien mit Budapest für die Weltausstellung 1995. Der österreichische Teil sollte auf der extra dafür überplatteten Donauuferautobahn neben der UNO-City stattfinden. Sogar eigene Lokomotiven um zig Millionen Euro wurden für den Pendelverkehr nach Ungarn angeschafft.
1991 wurde eine Volksbefragung durchgeführt, zwei Drittel lehnten die EXPO ab. Die Züge rosteten mehr als 25 Jahre vor sich hin, die Donauplatte an die WED verkauft. Diese war zunächst ein Konsortium mehrerer Banken und wurde 2016 von der Bank Austria komplett übernommen. Ursprünglich sollte die Überplattung sogar noch weiter nach Westen gehen.
Mittlerweile wurde die Donauplatte zu Wiens Skyline, jeden Monat erscheinen Filme oder Werbeclips mit dieser Kulisse. Auch Touristenbusse fahren in großer Zahl vorbei. Bekannt ist sie auch für ihre durchschnittlich 120 starken Windtage pro Jahr.
Da es zunächst viele Büros und weniger Wohnungen gab, wurde die mangelnde Attraktivität oft kritisiert. In den vergangenen Jahren wurde die Platte, wie sie die Bewohner nennen, jedoch attraktiver. Der Bau des hippen Copa Beaches statt der verfallenen Copa Cagrana ist ein Beispiel dafür.
Die Donaucity
1991 wurde die Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum (WED) gegründet. Diese benamste den Platz zwischen Hubertusdamm, U1 und Donaupark als "Donau City" (DC).
1996 wurde die Donauuferautobahn überplattet und damit entstand der 2,2 Kilometer lange Kaisermühlentunnel. Im Untergeschoss ist der Autoverkehr und die Donaucity Straße, die die Adressen der Häuser definiert. Das Erdgeschoss ist autofrei und von Promenaden durchzogen. Das Adressensystem ist deshalb chaotisch.
1998 wurde der Andromeda Tower als erstes Gebäude fertiggestellt, es folgten eine Volksschule und der Wohnpark Donaucity.
2013 wurde der 220 Meter hohe DC-Tower fertiggestellt, das höchste Gebäude des Landes. Seine wellige Form soll die Donau widerspiegeln.
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