Dominik Nepp: "Die Geimpften sind die neuen Gefährder"
Die Wiener FPÖ erholt sich unter Dominik Nepp langsam vom Ibiza-Schock. Nun wolle man noch kantigere Politik machen, sagt Nepp. Kritik übt er nicht nur an ÖVP und SPÖ, sondern auch am Bundespräsidenten.
KURIER: Haben Sie sich schon impfen lassen?
Dominik Nepp: Solche Fragen finde ich ein wenig frech. Man fragt ja auch nicht, ob jemand eine Krebsbehandlung hinter sich hat oder ein Entwurmungsmittel genommen hat, wenn er einen Hund angefasst hat. Ob sich jemand impfen lässt oder nicht, ist eine höchstpersönliche Entscheidung. Man muss hier nicht bei einem Impfstriptease mitmachen, bei dem jeder seinen Gesundheitszustand mitteilen muss.
Sie möchten also diese Frage nicht beantworten?
Ich halte die Debatte für komisch. Die Menschen werden eingeteilt in die guten Geimpften und die asozialen Gefährder. Dafür ist die Bundesregierung verantwortlich.
Politiker aller Couleur haben sich öffentlichkeitswirksam impfen lassen. Sehen Sie sich nicht in der Verantwortung, als Vorbild aufzutreten?
Wichtiger als das Show-Impfen ist Ehrlichkeit. Sebastian Kurz hat gesagt, dass die Pandemie im Sommer vorüber ist, wenn wir uns impfen lassen. Die Pandemie wird uns jedoch noch länger beschäftigen. Die Impfung sorgt nicht dafür, dass man andere nicht mehr anstecken kann. Anders gesagt: Die Geimpften sind die neuen Gefährder. Denn im Gegensatz zu den Genesenen und den frisch Getesteten können sie das Virus weitertragen.
Der Aspekt, dass man durch die Impfung weniger schwer erkrankt, ist für Sie nicht Argument genug?
Es gibt Gesunde, die keine Impfung benötigen würden. Es gibt welche, die eine wollen, weil sie zu einer Risikogruppe gehören. Jedem soll es selbst überlassen sein.
Aktuell wird eine Impfpflicht für Lehrer diskutiert.
Jede Pflicht ist ein Zwang. Und das lehne ich ab.
Aber es sind ja jetzt schon für bestimmte Berufsgruppen diverse Impfungen vorgeschrieben.
Hierbei handelt es sich um Impfungen, die jahrzehntelang erprobt sind. Der Corona-Impfstoff ist ein neuartiges Produkt, dessen Auswirkungen keiner kennt.
Wien behält schärfere Masken-Regeln etwa im Handel bei. Sie behaupten, dass die Menschen nun stattdessen nach NÖ in die SCS fahren. Glauben Sie das ernsthaft?
Dieses Ausweichen passiert schon in der Gastro. Etwa wenn man sich spontan zu einem Heurigenbesuch entschließt und draufkommt, dass das Kind nicht getestet ist. Arm sind auch die vielen Angestellten in kleinen Geschäften, die in der Sommerhitze stundenlang Maske tragen müssen.
Beim Auftritt der Bundesregierung im Schweizerhaus haben Sie zum Protest aufgerufen. Prompt tauchte der verurteilte Neonazi Gottfried Küssel auf. Welche Verbindungen bestehen zwischen ihm und der FPÖ?
Wer sich da alles aufgehalten hat, darauf habe ich wirklich keinen Einfluss.
Die Wiener ÖVP macht die Stadt Wien für den Mordfall Leonie verantwortlich. Haben Sie Angst, dass die ÖVP Sie rechts überholt?
Die ÖVP ist unglaubwürdig. Die Verdächtigen sind gekommen, als Kurz Integrationsminister war. Allein deshalb funktioniert es nicht, die Verantwortung auf Wien zu schieben. Es ist ein gemeinsames Versagen. Die Grenzen sind bis heute nicht geschlossen. Bei der Stadt stellt sich die Frage, warum die MA 11 nicht eingreift, warum solche Menschen Sozialleistungen bekommen, warum sie in Gemeindewohnungen wohnen.
Wo sollen solche Menschen denn sonst wohnen?
Am besten in Afghanistan.
Und wenn sie nicht abgeschoben werden können?
Der Gemeindebau ist eine Leistung von Österreichern für Österreicher. Jemand, der Asyl beantragt, soll in einem Asylzentrum bleiben, bis es einen rechtsgültigen Bescheid gibt.
Sie gelten in der FPÖ als Hofer-Mann. Wie sehr müssen Sie sich verbiegen, nun Herbert Kickl als „geeignetsten Kapitän“ zu huldigen?
Ich bin weder ein Hofer- noch ein Kickl-Mann. Ich bin der Mann meiner Frau Barbara. Die Partei ist geschlossen. Es hat sich gezeigt, dass sich Hofer zurückziehen will. Wir werden unter Kickl einen kantigen Oppositionskurs fahren.
Soll Hofer bei der Präsidentschaftswahl kandidieren?
Ich würde mich freuen. Aber das ist seine höchstpersönliche Entscheidung.
Wäre seine Kandidatur auch sinnvoll, wenn der amtierende Präsident Alexander Van der Bellen erneut antritt? Ich war anfangs skeptisch, wenn Menschen gerufen haben, dass Van der Bellen „nicht mein Präsident“ sei. Ich habe zu Ruhe und Mäßigung im Ton aufgerufen, weil ich gehofft habe, dass er sein Versprechen, ein Präsident für alle zu sein, hält. Mittlerweile wissen wir, dass er es einfach nicht kann. Ich habe noch nie so einen parteiischen Präsidenten gesehen. Dagegen war ja Heinz Fischer ein Ausbund an Objektivität.
Woran machen Sie seine Parteilichkeit fest?
Nach Ibiza kam sofort die Moralkeule: „So sind wir nicht.“ Mittlerweile stellt sich heraus, dass das, was die zwei Besoffenen in Ibiza erzählt haben, von der ÖVP längst praktiziert wird. Spenden von Milliardären nehmen, an Ausschreibungen drehen, damit die türkise Familie zum Zug kommt. Da hört man kein Wort vom Präsidenten.
Steile Karriere
Der Döblinger Dominik Nepp war 2009 bis 2012 Bundesobmann des RFJ. Ab 2010 war er Wiener Gemeinderat, ab 2015 FPÖ-Klubchef. 2018 folgte er Johann Gudenus als Vizebürgermeister nach. 2019, nach dem Rücktritt von Heinz-Christian Strache, übernahm er die Führung der Landespartei. Offiziell gewählt wurde er in dieser Funktion coronabedingt aber erst im heurigen April
7,11 Prozent
erreichte die FPÖ bei der Wien-Wahl im Oktober 2020. Ein Minus von 23,7 %. Nepp behielt dennoch die Unterstützung seiner Partei
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