Monumentale, historische Bauten gibt es entlang des Rings zuhauf. Das Wiener Rathaus mit seinem Park, seinen ausladenden Seitenflügeln und seinen unendlich scheinenden gotischen Fenstern ist aber dennoch ein echter Blickfang. Ganz zu schweigen von den Inszenierungen, denen das Rathaus Sommer wie Winter als Kulisse dient.
Der Anblick des Rathauses könnte sich aber schon bald ändern. Die leuchtende „Himmelsleiter“, eine Installation der Künstlerin Billi Thanner, die bis September 2022 am Stephansdom montiert war, könnte bald schon über der Rathausuhr ihr neues Zuhause finden – der KURIER berichtete.
Gespräche diesbezüglich habe es jedenfalls gegeben, bestätigt das Büro von Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Geeinigt habe man sich aber noch nicht. Auch, weil sich intern Widerstand regt, wie gemunkelt wird. Die Kritik: Der Bürgermeister baue sich damit selbst ein Denkmal.
Machtdemonstration
Er wäre jedenfalls nicht der Erste, der an der Fassade des Rathausturms verewigt ist. Ein paar Stockwerke tiefer befindet sich sogar ein Relief zu Ehren von Kaiser Franz Joseph, der regierte, als das Rathaus gebaut wurde.
Und generell ist der gesamte Bau des Rathauses eine einzige Machtdemonstration. Denn eigentlich war es den Wienerinnen und Wienern verboten worden, das Rathaus höher als die 99 Meter hohe Votivkirche zu bauen. Ein Ausdruck des üblichen Zwists zwischen weltlicher und kirchlicher Macht.
Mit einem Trick gelang es den Architekten, diese Regel aber zu umgehen. Zwar hielten sie sich daran und bauten das Rathaus auf nur 98 Meter Höhe, setzten dann aber eine 5,4 Meter hohe Figur darauf – den Rathausmann. Er trete gegen alle feindlichen Angriffe symbolisch immer wehrhaft auf, sagt Andreas Nierhaus, Kurator am Wien Museum.
Einen weiteren Teil der Geschichte erzählt das Rathaus über die Figuren, die die österreichischen Kronländer darstellen. Oder die Soldaten-Plastiken, die an historische Ereignisse, wie etwa die Türkenbelagerungen (1529 und 1683) erinnern sollen.
Spiegel der bürgerlichen Gesellschaft
Gleichzeitig aber sei das Gebäude der Spiegel einer idealen bürgerlichen Gesellschaft und repräsentiere sie somit auch, sagt Nierhaus. Nur drei der insgesamt 76 Skulpturen, die am Rathaus angebracht sind, sind echte Berühmtheiten. Neben Franz Joseph I. sind das Rudolf I. und Rudolf IV. Die restlichen Figuren sind den Wienerinnen und Wienern gewidmet.
Symbolisiert wird das durch die Seitenfassaden und der Rückfassade. Die jeweils zehn Plastiken auf der Seitenfassade huldigen dem Bürgertum. Abgebildet werden verschiedene Berufsgruppen vom Arzt oder Rechtsgelehrten bis zum Tuchmacher und Fleischhauer.
Gleichzeitig deuten diese Figuren eine Rückbesinnung an die Vergangenheit an. Die Berufsbilder entsprechen nämlich nicht dem der Industrialisierung – also der Zeit des Rathausbaus – sondern der frühen Neuzeit, als handwerkliche Berufe hohes Ansehen erlangten.
Rückseite für alle
Die Rückseite dagegen soll wirklich alle Wienerinnen und Wiener ansprechen. Mittig steht die Vindobona – das personifizierte Wien. Neben ihr die vier Tugenden und vier Aufgaben der Bürger. Rechts die Wissenschaft, die Kunst, die Stärke und die Gerechtigkeit. Und links die Weisheit, die Treue, die Erziehung und die Mildtätigkeit.
Erweitert werden könnte dieses Inventar an Kunstwerken künftig durch eine leuchtende Leiter am Rathausturm. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach stehe sogar schon fest, heißt es aus dem Büro des Bürgermeisters.
Veränderung gehört schließlich zum Lauf der Geschichte. Und auch an diesen Anblick wird man sich gewöhnen. Wie man sich zuvor schon an den Rathausmann gewöhnt hat, der die Votivkirche überragt.
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