Kulturdebatte um eine goldene Leiter für den Wiener Bürgermeister

KURIER-Montage: Ab März könnte die 30 Meter hohe Himmelsleiter vom Rathaus leuchten und ein neues Wahrzeichen werden.
Die leuchtende Himmelsleiter, die von Ostern 2021 bis August 2022 vom Stephansdom leuchtete, soll ab März 2023 am Wiener Rathaus befestigt werden. Eine Einigung, die Kunstinstallation permanent direkt über der Rathausuhr zu verankern, schien – wie der KURIER erfuhr – am Freitag in greifbarer Nähe.
Erst in letzter Minute soll eine dementsprechende Ankündigung vorerst abgeblasen worden sein, heißt es in Rathauskreisen. Wohl nicht ohne Grund: Gegen die Idee dürfte sich interner Widerstand regen. In der Stadt wird gemunkelt, dass sich SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig mit der Leiter ein Denkmal setzen will. Nicht eingebunden dürften hingegen die Kulturabteilung sowie die zuständige Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler sein.
Nur einer der Gründe für den Unmut.

Die Himmelsleiter leuchtete von Ostern 2021 bis August 2022 am Dom und auch im Inneren des Gotteshauses.
Tauziehen um Leiter
Die Wienerinnen und Wiener kennen die Leiter der Künstlerin Billi Thanner gut. Sie wurde zu Zeiten von Corona installiert – als Zeichen der Hoffnung: Ausgehend von der alttestamentlichen Jakobsleiter stehen die Sprossen für die Tugenden, die ins Paradies führen.
Im Auftrag gegeben hat das Werk Dompfarrer Toni Faber, der – vor allem zur Fastenzeit – immer wieder gerne Kunst und Lichtinstallationen in (und an) seinem christlichen Haus hat. Die Neon-Lichter vom Inneren der Kirche und am Spitz des Domes wurden zum Foto-Motiv.

Die Kunstinstallation bestand im Stephansdom aus einer Neonleiter, die bei der Taufkapelle begann und dann außen bis zur Spitze des Südturmes führte.
Dann begann das Tauziehen um die Leiter. Die Installation der Himmelsleiter, die in 136,44 Metern Höhe platziert wurde und von Unternehmerin Ursula Simacek gesponsert wurde, gefiel. Daher wurde die Installation fünf Mal verlängert, im August 2022 war vorerst Schluss.
Wie die Künstlerin dem KURIER damals berichtete, wollte Ludwig die Installation behalten, Kardinal Christoph Schönborn sei aber dagegen gewesen. Somit wanderte ein Teil der Leiter weiter in die Lamberti-Kirche in die deutsche Stadt Münster. Dort erlangte sie schließlich noch mehr Berühmtheit: In einem Interview mit der Bild-Zeitung zum Auftakt des G-7-Außenministertreffens in Münster würdigte CDU-Oberbürgermeister Markus Lewe die Leiter als „Friedensleiter“, die Tag und Nacht strahle.
Plagiatsvorwurf
Unterdessen baute Thanner in Österreich eine neue Leiter, diesmal am Turm des Schlosshotel Seefels am Wörthersee – im Auftrag von Hans Peter Haselsteiner. Diesmal bekam die Künstlerin sogar ein Honorar, für die Kirche arbeitete sie gratis. Der niederösterreichische Kunstsammler Werner Trenker wiederum ergatterte neun Meter der alten Himmelsleiter vom Stephansdom, die er der Kirche St. Peter an der Sperr in Wiener Neustadt zur Verfügung stellte, wo sie bis Ostern 2023 leuchten soll. In Münster gebe es mittlerweile sogar eine Petition, damit die Leiter bleibe, sagt die Künstlerin. Die 50-Jährige freut sich über den Erfolg: „Wenn auch nur ein Mensch beim Anblick der Leiter an Frieden denkt, dann freue ich mich“, sagt sie.
Nicht alle in der Kunstszene freuen sich mit Thanner. Man wirft ihr vor, Ideen eines anderen Künstlers geklaut zu haben. Der Brite Ron Haselden hat – wie zuletzt auch die Presse berichtete – schon 2009 eine pink leuchtende Leiter beim „Lumiere Festival“ im nordenglischen Durham als „geheime Treppe in den Himmel“ präsentiert. Das Kunstwerk wurde schon ab 2000 an mehreren Orten in Europa gezeigt, etwa auch auf der Kirche St.-Martin-in-the-Fields am Trafalgar Square. Zudem soll 2004 die japanische Künstlerin Yayoi Kusama bereits eine Himmelsleiter aus Neonlichtern designt haben. Thanner, die in ihren Werken immer wieder mit dem Motiv der Leiter gearbeitet haben will, versteht die Kritik nicht: „Wer hat denn schon ein Copyright auf eine Leiter?“ Die britische Installation will sie jedenfalls noch nie gesehen haben. Und: Sie hätte auch nie eine rosafarbene Leiter an einer Kirche montiert: „Das passt nicht!“
Ludwig-Büro dementiert
Im Büro des Bürgermeisters bejaht man auf KURIER-Anfrage, dass „Gespräche geführt“ werden. Dass man sich bereits geeinigt habe, dementiert man aber. „Wir sind nicht einmal in der finalen Phase.“ Bestätigt wird dem KURIER aus dem Rathaus hingegen, dass eine Photovoltaikanlage auf dem Dach entstehen soll. Warum? Wohl, um Strom für die Leiter zu erzeugen.
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