Abt ließ Obdachlosensperre am Schwedenplatz bauen

Am 11. Jänner 2023 bauten Parteimitglieder der Partei Links das Metallgerüst gegen Obdachlose ab.
Bis vor wenigen Tagen war sie noch zu sehen: eine Metallkonstruktion vor einem Supermarkt am Schwedenplatz, die in den vergangenen Wochen vor allem auf sozialen Netzwerken die Wogen hochgehen ließ. Das Konstrukt sollte nämlich Menschen ohne festen Wohnsitz fernhalten, die oft dort gesehen wurden, da warme Abluft aus der Lüftung strömt.
Mehr als 4.500 Euro kostete die Errichtung. Gezahlt hat dies aber nicht – wie von den Usern zunächst vermutet – der Supermarkt oder die Stadt, sondern der Eigentümer des Hauses selbst. Dabei handelt es sich um das Stift Seitenstetten im Mostviertel. Der zuständige Abt des Benediktinerstiftes ist Petrus Pilsinger. Es sei ein Akt der Verzweiflung gewesen, sagt er zum KURIER. „Schon lange liegen dort meistens Männer, – oft in ihren eigenen Exkrementen.“
Anfragen der zuständigen Hausverwaltung bei der Stadt, den Gesundheitsbehörden und dem Bezirksvorsteher hätten zuvor zu keinem Ergebnis geführt. Die Konstruktion wurde darum im Vorfeld von der zuständigen MA28 (Straßenverwaltung und Straßenbau) auch nicht genehmigt. Über diese fehlende Genehmigung wurde der Abt von der Hausverwaltung informiert. „Klug war das nicht“, sagt Pilsinger.
Abgebaut
Zudem sei die Aktion, die von seiner Hausverwaltung durchgeführt wurde, kein obdachlosenfeindlicher Akt gewesen: „Wir wollen Obdachlose nicht ausgrenzen, wir wollen sie nur wegbringen, damit sie nicht so dort liegen, das ist menschenunwürdig“, so Pilsinger. Die Partei Links fand hingegen das Metallgerüst „menschenunwürdig“ und beschloss vergangene Woche, das Gerüst kurzerhand abzubauen. Die Einzelteile legten sie in den Hauseingang.
„Wir wollen Obdachlose nicht ausgrenzen, wir wollen sie nur wegbringen. Dort liegen, ist menschenunwürdig“
Abt Stift Seitenstetten
Für die MA28 ist der Fall damit erledigt. „Da sich die widerrechtlich montierten Konstruktionen nach der Demontage nicht mehr auf öffentlichem Gut befinden, sind vonseiten der Stadt Wien bis auf Weiteres keine weiteren Schritte notwendig“, heißt es auf KURIER-Anfrage.
Kritik von Streetworkern
Absperrungen seien generell wenig zielführend, heißt es bei Sozialarbeitern. „Sie tragen nicht dazu bei, dass es weniger Obdachlosigkeit gibt“, sagt etwa Hassan Habakzeh von der Straßensozialarbeit „Obdach unterwegs. Es erschwere vielmehr die Arbeit: „Wenn sich die Menschen an einem uns bekannten Ort aufhalten, können wir sie gezielt auch mehrmals aufsuchen und Unterstützung anbieten.“ Wenn sie von den bekannten Plätzen verdrängt werden, müssten sie an neuen Plätzen erst wieder gefunden werden.
Stadtforscherin Cornelia Dlabaja sieht das ähnlich: „Wenn Menschen in prekären Lebenslagen aus der Öffentlichkeit verschwinden, ist das eine Alarmstufe, denn das bedeutet einen Mangel an Toleranz und Offenheit.“ Um langfristig gegen Obdachlosigkeit vorzugehen, brauche es mehr Präventivmaßnahmen, um es bei betroffenen Menschen gar nicht erst so weit kommen zu lassen.
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