Brennpunkt Praterstern: Der unbeliebte Platz soll endlich beliebt werden
Neben der Gruft auf der Mariahilfer Straße ist als Obdachlosen-Anlaufstelle auch der „Stern“ des Roten Kreuzes bekannt. Seit 2015 gibt es das Tageszentrum beim Praterstern. Der Betrieb ist von der Darwingasse in eine ÖBB-Immobilie in die Norbahnhofstraße gezogen. Im neu sanierten Haus wohnen ÖBB-Mitarbeiter, im Erdgeschoß ist das Tageszentrum untergebracht.
Man brauche mehr Platz für die Obdachlosen, hieß es bei der Eröffnung. Anstelle von bisher 50 könne man in den neuen Räumlichkeiten 85 Menschen betreuen. Täglich von 8 bis 18 Uhr (Donnerstag bis 17 Uhr) können Obdachlose dort duschen, Wäsche waschen, eine Gemeinschaftsküche nützen, ihr Handy laden und das WLAN nützen.
Außerdem werden Spritzen getauscht. Einmal pro Woche kommt für vier Stunden ein Arzt aus dem Neunerhaus. Die Stelle des Psychologen, drei Stunden wöchentlich, ist noch vakant. Für die Besucher gibt es Schließfächer, Bücher und Spiele. Außerdem gibt es Kaffee für 30 Cent; Taschentücher kann man für 10 Cent erwerben.
Problemfreier Platz
Erst vergangene Woche wurde der neu gestaltete Praterstern präsentiert. Schon lange arbeitet die Stadt daran, den polarisierenden Platz beliebter zu machen: Mehr Grün, mehr Polizei, ein Kaffeehaus in der Mitte. Wie der Karlsplatz früher, soll auch der Praterstern frei von „Problemen“ werden. Ein Waffen- und Alkoholverbot wurde vor Jahren eingeführt.
Fonds Soziales Wien fördert übrigens neun Tagesbetreuungsstellen: wie das Frauenwohnzimmer (2., Springergasse 5) für Frauen, Obdach axxept für Jugendliche (6., Esterhazygasse 18), Obdach Josi (U6 Josefstädter Straße) oder die Tageszentren am Hauptbahnhof und das Tageszentrum der Volkshilfe (22., Dr.Otto-Neurath-Gasse 1). Insgesamt hat FSW im vergangenen Jahr 1,96 Milliarden Euro für soziale Dienstleistungen gezahlt, 109 Millionen Euro davon für die Wohnungslosenhilfe.
Kritik hagelte es vorab von Anrainern und der Caritas wegen „obdachlosenfeindlicher“ Architektur. Die Sitzsteine seien nicht barrierefrei, nicht für ältere Menschen geeignet und würden dazu dienen, obdachlose Menschen fernzuhalten. Will man mit dem neuen Tageszentrum Wohnungslose vom Praterstern weglocken? Oder gar unsichtbar machen?
Als obdachlosenfeindlich empfindet das Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nicht. Gemeinsam mit ÖBB-Vorständin Silvia Angelo, Bezirksvorsteher Alexander Nikolai (SPÖ), der Wiener-Rotkreuz-Chefin Gabriele Domschitz und der Chefin des Fonds Soziales Wien (FSW), Anita Bauer, war er zum traditionellen Zerschneiden des rotes Bandes gekommen. „Der Praterstern ist nicht zum Schlafen da“, sagte Hacker zum KURIER. Auch er wolle nicht, dass Menschen dort übernachten müssen. Ziel sei es, Menschen von der Straße zu holen. In der Aussendung schreibt man von einer „Entlastung des öffentlichen Raums“.
Der neue Standort ist mit 500 Quadratmetern fast doppelt so groß wie der alte. „Zu große Strukturen wollen wir nicht“, meint Anita Bauer.
Am Stadtrand werden solche Standorte weniger genützt. „Sie müssen dort sein, wo die Menschen sind“, sagt sie. Bezahlt wird die Einrichtung vom FSW: 1,2 Millionen Euro im Jahr, heißt es. Die Zukunft des älteren Standorts in der Darwingasse 49 wird noch vom Roten Kreuz eruiert.
Am Praterstern tummeln sich hingegen Menschen mit Koffer. Auf den Steinen sitzt keiner. Andere arbeiten mit ihrem Laptop auf den Sitzbänken, Schatten gibt es kaum. Auch die Straßenbahnschienen verwirren. Gemütlich wirkt es hier noch nicht, weder für Menschen mit oder ohne Wohnung. Den Platz beliebt zu machen, wird wohl noch etwas dauern.
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