41-Jähriger wirft Wiener Polizist Misshandlung vor

Landesgericht für Strafsachen Wien
Schläge und Einschüchterungsversuche sollen einem Mann bei einer Befragung durch die Polizei widerfahren sein. Laut Polizei frei erfunden.

Ein 41-Jähriger, der behauptet, im Mai des Vorjahres auf einer Polizeiinspektion gefoltert worden zu sein, stand am Montag selbst als Beschuldigter vor Gericht. Denn ein Gutachten widerlegte die Version des gelernten Labortechnikers, sodass der Exekutivbeamte in die Offensive ging und dem Mann jetzt Verleumdung vorwirft.  

➤ Mehr zum Thema: Polizisten als Zielscheibe: Mehr verletzte Beamte als je zuvor

Der in Syrien geborene Vater zweier Kinder behauptet, er sei im April 2022 auf einer Polizeiinspektion im 15. Bezirk bei einer Beschuldigteneinvernahme misshandelt worden. Der Beamte habe ihm vier oder fünf Mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen, sagte der Angeklagte, der am Montag Fotos mit Blutergüssen im Augenbereich mitbrachte. 

Verfahren gegen Polizisten wurde eingestellt 

Die Wiener Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren wegen Amtsmissbrauch gegen den 24-jährigen Polzisten eingestellt. Ein gerichtsmedizinisches Gutachten kam nämlich zu dem Schluss, dass die Verletzungen im Gesicht eher mit den Angaben des Beamten in Einklang zu bringen seien.

Dieser verneinte stets die Faustschläge und sprach davon, dass sich der tobende 41-jährige selbst verletzt hatte, indem er seinen Kopf auf die Tischplatte schlug.

➤ Mehr lesen: Gewaltvorwürfe gegen Polizei: Das ganze Video der umstrittenen Festnahme

Dem Gutachter zufolge spreche vor allem das verspätete Auftreten von Rötungen für einen flächenhaften Kontakt des Gesichts - etwa auf einer Tischplatte. Der Beschuldigte hingegen sagte vor dem Richter, er sei geschlagen und fest am Hals gepackt worden: "Ich war unter Schock, hatte Angst und habe kurz keine Luft bekommen." Der Staatsanwalt konterte, dass er seine ursprüngliche Version - wuchtige Schläge in den Nacken - nicht aufrechthalte.

Das begründete der Mann mit einer Misskommunikation mit seinem Dolmetscher. Auf Widersprüche wies auch der Verteidiger des 41-Jährigen hin, allerdings in den Versionen des Polizisten: Diese habe bei seinem ursprünglichen Bericht nach dem Vorfall im April 2022 und seiner Vernehmung drei Monate später einige Details geändert.

Der 24-Jährige, der diesmal ja als Zeuge fungierte, äußerte sich am Montag kaum und verwies entweder auf Erinnerungslücken oder auf das gerichtsmedizinische Gutachten und seine bisherigen Aussagen.

➤ Mehr zum Thema: Kein Führerschein, kein Sporttest: Polizei erleichtert Aufnahmekriterien

"Ich habe gemerkt, dass er während der Befragung immer aufgebrachter wurde und habe befürchtet, er könnte mich attackieren", schilderte er dem Richter seine Wahrnehmung der Amtshandlung. Er habe den Mann daraufhin an den Schultern in den Sessel gedrückt, in Folge sei es zu dem Zwischenfall mit der Tischplatte gekommen. „Danach hat er sich unverzüglich beruhigt“, stellte der Polizeibeamte klar. Außerdem habe er dem Angeklagten angeboten, die Rettung zu rufen.

Auslöser für die beiden Verfahren waren angeblich wiederholte beleidigende Kommentare, die der 41-Jährige auf einer Internetplattform hinterlassen und damit eine Frau belästigt haben soll. Die Befragung eskalierte dann offenbar. 

➤ Mehr zum Thema: Polizei sucht Personal: 82 neue Polizeischüler für Wien – Platz wäre für 140

Die Verhandlung am Montag wurde schließlich zur Ladung weiterer Zeugen vertagt. Weiter geht es am 14. August.

Kommentare