2020 lag die Anzahl der Übergriffe auf Polizisten mit Verletzungsfolge in Österreich bei 937. Ein Jahr später waren es 1.017 und 2022 wurde mit 1.121 verletzten Polizisten ein neuer Höchstwert erreicht. Das geht aus einer aktuellen parlamentarischen Anfragebeantwortung hervor.
„Die Aggression und Gewaltbereitschaft steigt, zudem hat der Respekt vor der Polizei in den vergangenen Jahren abgenommen“, beschreibt der sozialdemokratische Polizeigewerkschafter (FSG) Walter Strallhofer die Lage.
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Ein Grund dürfte ein gewisser „Corona-Effekt“ sein, der sich gleich doppelt bemerkbar macht. Bei den groß angelegten Kundgebungen, die sich 2020 und 2021 gegen die Maßnahmen richteten, kam es immer wieder zu Ausschreitungen. Einige Aggressoren hätten andere mitgerissen, heißt es aus dem Innenministerium (BMI). Eine gewisse Unzufriedenheit in der Gesellschaft hätte zudem bei vielen für eine „kürzere Zündschnur“ gesorgt.
Damit nicht erklärt ist allerdings die Tatsache, dass die Gewalt gegen Polizisten auch 2022 gestiegen ist. Strallhofer hat eine Vermutung: „Die Einsätze sind nach der Pandemie im Allgemeinen wieder gestiegen. Auch wenn es keine Corona-Demos mehr gab, fanden im abgelaufenen Jahr insgesamt wieder mehr Veranstaltungen statt.“
Diese Erklärung hält die Konflikt- und Gewaltforscherin Birgitt Haller vom Institut für Konfliktforschung (IKF) in Wien für plausibel. Gleichzeitig betont sie, dass weniger "Respekt vor der Uniform" nichts Neues sei. "Studien haben bereits vor 30 Jahren gezeigt, dass der Obrigkeitsgehorsam abnimmt."
Polizeiautos im Visier
Österreich ist mit dem Phänomen nicht allein. Die Münchner Polizei hat erst vergangene Woche eine Statistik präsentiert, wonach die Anzahl der verletzten Polizisten um rund fünf Prozent zunahm. In Bayern wird damit jeder fünfte Angriff in München begangen – auch hier eine Parallele zu Österreich, wo Wien mit 512 verletzten Polizisten klarer Spitzenreiter ist.
Zumindest ein kleiner Trost dürfte aus Polizeisicht ein kontinuierlicher Rückgang der schweren Verletzungen sein. Von den 1.121 im Vorjahr attackierten Beamten kamen 1.083 mit leichten Verletzungen davon.
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Neben den mehrmals jährlich stattfindenden Einsatztrainings könnte sich in diesem Zusammenhang die immer besser werdende Ausrüstung bemerkbar machen. Laut Strallhofer würden unter anderem Bodycams helfen, da diese die Hemmschwelle bei Attacken erhöhen. 375 der Körperkameras sind derzeit in Österreich im Einsatz. Das Innenministerium hat eine Aufstockung im Jahr 2024 angekündigt. Dem Vernehmen nach soll es sich um 3.500 bis 4.000 Kameras handeln.
Wogegen Bodycams allerdings nicht helfen, ist Sachbeschädigung. Die Aggression richtet sich nämlich ebenso gegen Fahrzeuge und Wachzimmer. Randalierer beschädigten 2022 insgesamt 194 Polizeifahrzeuge; in 38 Fällen wurde in Polizeiinspektionen randaliert. Der dadurch verursachte Schaden beläuft sich auf mehr als 365.000 Euro.
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