Mondlandung: Der teuerste Anzug der Welt - für 214 Millionen Euro
Mit der Mode der 60er-Jahre konnte man bei der NASA wenig anfangen - zu klobig, zu unbeweglich, zu kompliziert beim Anziehen. Also musste neue Ware her. Die hauseigene "Schneiderei" scheiterte trotz jahrelanger Tüftelei an den eigenen Vorgaben. Deshalb werden die Raumfahrer bei der nächsten Mondlandung einen Anzug von "Axiom Space" tragen. Mit Kosten von 214 Millionen Euro das teuerste Kleidungsstück der Welt. Schließlich muss es alles bieten - Luft, Heizung, Kommunikation, Wasser und Nahrung.
Am Mittwoch Nachmittag wurde die neue Robe für die Artemis-Missionen präsentiert. Zu klären war im Vorfeld, auf welche Mode man setzen möchte: Weiche Materialien haben mehr Tragekomfort, härtere bieten hingegen mehr Sicherheit. Die USA versuchten in der Vergangenheit stets Ersteres, die Sowjetunion hingegen schwor auf dickes Material. Die Russen ordneten jeglichen Komfort dem Gelingen der Mission unter.
Basis sind Taucheranzüge
Viele der Grundideen gehen bis in die 30er-Jahre zurück als erste Anzüge - teilweise aus Seide - für die Tiefsee entwickelt wurden. Mit dem tödlichen Feuerunfall der Apollo-1-Kapsel wurde dann der Schutz vor Bränden immer wichtiger. Mittlerweile ist ein Raumanzug ein Raumschiff im Miniaturformat. Bis zu fünf Schichten liegen zwischen Mensch und Weltraum, in jeder davon findet man verschiedenste Kabeln.
Eine große Herausforderung ist dabei stets auch ein System für menschliche Ausscheidungen zu entwickeln - dabei werden vor allem Systeme mit Windeln für Männer und Binden für Frauen eingesetzt. Bei den Apollo-Anzügen gab es auch nur eine Größe, einer der vielen Gründe, weshalb es damals keine weiblichen Astronauten gab.
Bei Artemis wird dieses Manko aber ausgemerzt. Am 3. April wird die vierköpfige Crew präsentiert, die im November 2024 mit Artemis 2 den Mond umrunden soll. Mit Artemis 3 wird es dann ernst, möglicherweise im Dezember 2025 werden erstmals nach über fünfzig Jahren wieder Astronauten die Mondoberfläche betreten. Dabei wird der Erdtrabant zwei Grad wärmer sein als beim letzten Besuch, denn durch die Apollo-Missionen wurde so viel Staub aufgewirbelt, dass sich das Klima verändert hat.
NASA scheiterte am Raumanzug
15 Jahre lang schaffte es die NASA jedenfalls nicht, einen geeigneten Anzug zu entwickeln und verbrannte dabei rund 400 Millionen Euro, weshalb schließlich das private Unternehmen "Axiom Space" damit beauftragt wurde. Nicht zu verwechseln sind die gefertigten Raumanzüge mit jenen für Start und Landung oder Aufenthalte auf der internationalen Raumstation ISS - deren Entwicklung kostete nicht einmal ein Zehntel.
Größtes Problem bei den Mondanzügen sind die enorme Staubentwicklung und die enormen Temperaturschwankungen auf dem Himmelskörper. Die für die bisherigen Außeneinsätze entwickelten Raumanzüge sind so schwer, dass die Astronauten am Mond einfach umfallen und liegenbleiben würden. Auch fehlten bisher Spezialschuhe für die Oberfläche des Erdtrabanten.
Kein Hüpfen mehr
Wenig Sinn hätte es auch die Anzüge der Apollozeit nachzubauen, diese wurden für maximal drei dreistündige Ausflüge gebaut, die Artemis-Crew soll über Wochen bis zu neun Stunden täglich spazieren gehen. Außerdem gibt es mittlerweile völlig andere technische Anforderungen wie Bodycams oder W-Lan. Klappt alles, dann werden die Astronauten in ihrem neuen Anzug nicht mehr hüpfen, sondern normal gehen - fast wie auf der Erde.
Bei der Präsentation wurden sogar Kniebeugen gezeigt, auch sonst bleiben die Astronauten sehr beweglich. "Diese Anzüge sind für die nächsten Jahrzehnte ausgelegt", sagte NASA-Direktorin Vanessa Wyche. "Dieser Anzug wird eine lange Präsenz auf dem Mond ermöglichen", so Michael T. Suffredini, Präsident von Axiom Space.
Den Bewährungstest wird der neue Anzug jedenfalls in der Südpolregion des Mondes haben, dort konzentrieren sich momentan alle Interessen der Raumfahrt. Russland möchte im Juli dort erstmals seit den 70er-Jahren wieder eine Sonde (Luna-25) landen, China und die USA planen langfristig bemannte Mondstationen. Weitere Länder - von Indien über Israel bis Deutschland - arbeiten an unbemannten Missionen mit diversen Rovern. Alle hoffen, dort Wasser und vor allem Rohstoffe abbauen zu können. So glauben manche, dass mit dem auf dem Mond vermuteten Vorkommen von Helium-3 eines Tages Fusionskraftwerke betrieben werden. Bis dahin dürften aber noch einige Jahrzehnte vergehen.
Wann die nächste bemannte Mondlandung tatsächlich stattfindet, darüber wird in Fachkreisen heftig debattiert. Viele Experten glauben, dass die NASA das anvisierte Jahr 2025 niemals schaffen wird, die aktuellen Vermutungen fokussieren sich auf verrmutlich 2028. Das könnte insofern spannend werden, weil China ursprünglich 2030 landen wollte, zuletzt aber durchsickern ließ, dass man dem Plan aktuell voraus sei. Angeblich um zwei Jahre.
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