Vorarlberg-Wahl: Ärger über schwarzes "Märchen"
Ein Psychologe hätte sich anhand der Emotionen, die in den verschiedenen Klubs nach den ersten Hochrechnungen am frühen Sonntagnachmittag zu sehen und zu spüren waren, schwergetan, das richtige Wahlergebnis zu erraten.
In der ÖVP war man etwa trotz Verlusten in Feierlaune, Erleichterung lag in der Parteizentrale im Raum. Ein krasser Gegensatz zu 2019, als man bei den Schwarzen zu Tode betrübt gewesen war, obwohl man leicht zugelegt hatte. Damals träumten einige von der Rückeroberung der Absoluten, nachdem große Verluste der FPÖ nach dem Ibiza-Skandal absehbaren waren und letztlich auch eingetreten sind.
Am Sonntag war den bereits versammelten ÖVP-Spitzenfunktionären in der Landesgeschäftsstelle in Bregenz jedenfalls die Freude ins Gesicht geschrieben. „Besser als erwartet“, sagte Gesundheitslandesrätin Martina Rüscher – und das strahlend.
Blaue Ruhe
Im FPÖ-Klub wiederum hätte man lautstarken Jubel erwarten können, die Lautstärke glich allerdings mehr der im Ruheraum eines Spas. „Man muss auch gewinnen können“, erklärte der Landtagsabgeordnete Daniel Allgäuer und wollte demütig bleiben. „In der Politik gibt es schließlich Höhen und Tiefen.“ Eine Haltung, die wohl auch auf den Fall nach Ibiza zurückzuführen ist – auch wenn diese Niederlage an dem Tag des Wahlsiegs freilich keiner bei der FPÖ ansprechen wollte.
Heute sei jedenfalls eine Höhe, sagte Allgäuer. „Wir sehen unsere gute Arbeit der vergangenen Jahre bestätigt.“ Nun wolle man unbedingt Regierungsverantwortung übernehmen, weil „wir die Antworten auf alle wichtigen Fragen haben.“
Die Grünen wirkten ob ihres Ergebnisses wenig überrascht. „Das Märchen um das Duell um den Landeshauptmann haben viele geglaubt“, sagte die Grüne Klubobfrau Eva Hammerer. Eigene Stimmen seien deshalb zur Volkspartei gewandert. Trotz der Empörung über die Strategie von ÖVP-Landeshauptmann Markus Wallner will man wieder mit ihm regieren und tritt nun selbst ins Duell mit der FPÖ, um die Gunst der ÖVP zu erlangen.
„Der Ball liegt bei Markus Wallner“, so Hammerer in den Klubräumlichkeiten, in den die Stimmung nach den Rekordergebnissen 2014 und 2019 schon mal besser war. Der Landeshauptmann müsse entscheiden, ob er in eine Koalition mit den Freiheitlichen wolle, mit denen „ein kalter sozialer Wind wehen würde und bei denen Klimaschutz ein Fremdwort ist.“ Wallner, glaubt Hammerer, „dreht sich dorthin, wo der Wind weht.“
„Blendgranate“
Die Roten sahen sich mit leichten Verlusten konfrontiert. Die Schuld sah man auch hier bei der ÖVP: „Das Scheinduell, das Markus Wallner gegen die FPÖ ausgerufen hat, ist mitverantwortlich für das Ergebnis der SPÖ“, so Landesparteichef Mario Leiter. Das hätte viele Wähler für die Schwarzen mobilisiert. „Die Blendgranate der ÖVP hat offensichtlich gewirkt.“
Der 59-Jährige hatte bei seinem ersten Antreten als Spitzenkandidat hochfliegende Ziele, die Sozialdemokraten aber nicht einmal zurück über die 10-Prozent-Marke ziehen können. „Die Enttäuschung ist groß“, bekennt Leiter am Sonntagnachmittag in den Landhausgängen unumwunden. Das Ergebnis bei der Nationalratswahl „hat sicher nicht viel geholfen.“
Hoch hinaus wollten auch die Neos mit Frontfrau Claudia Gamon. Nach der ersten Hochrechnung war aber beim Partytreff in der Bregenzer Innenstadt keine Euphorie zu erkennen. Dass man auf der Stelle getreten sei, obwohl man stark zulegen wollte, erklärte sich der scheidende Vorarlberger Nationalrat Gerald Loacker mit „einer bewusst inszenierten Polarisierung, im Wissen, dass es kein Kopf-an-Kopf-Rennen gibt. So etwas geht immer auf Kosten der Kleinen.“ Zum Trost seiner Parteifreunde hat er eine Weisheit parat: „Gesunde Bäume wachsen langsam, Unkraut sprießt.“
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