Wo in Österreichs Städten bald das Licht ausgeht
Die Nibelungenbrücke ist für Linz wie die Golden Gate Bridge für San Francisco – ein Wahrzeichen, eine Sehenswürdigkeit, die das Stadtbild prägt. Das ist sie auch bei Nacht, weshalb die Brücke hell erleuchtet wird, um sie für jederfrau und jedermann sichtbar zu machen.
In Linz ist damit aber nun Schluss. Die ungewissen Gaslieferungen aus Russland und deren Auswirkungen haben die Nibelungenbrücke erreicht. Ihr wird deshalb, so wie insgesamt 30 anderen Bauwerken in der Stadt, nun statt ein Uhr früh, bereits um 23 Uhr die Beleuchtung abgedreht. Es muss Energie gespart werden, so der zuständige ÖVP-Vizebürgermeister der Stadt Linz, Martin Hajart.
Leuchttürme
Diese Ansicht teilt man sich mit anderen österreichischen Städten, wie KURIER-Recherchen zeigen. In der Stadt Salzburg etwa wird bei 32 Objekten ebenfalls die Beleuchtungszeit verkürzt. In Klagenfurt wird das Licht um Mitternacht abgedreht. Bregenz tauscht wiederum die Leuchtkörper auf energiesparende Alternativen aus. Und in Eisenstadt wird die Intensität der öffentlichen Beleuchtung auf 30 Prozent reduziert. In Vorausschau kündigte Stadtchef Thomas Steiner (ÖVP) zudem schon an, die Weihnachtsbeleuchtung verkürzen zu wollen.
In Wien gibt man sich zögerlich. Man prüfe derzeit 100 Maßnahmen, um noch mehr Energie zu sparen, heißt es aus dem Rathaus. Den Sehenswürdigkeiten das Licht abzudrehen, scheint nicht ganz oben auf der Liste zu stehen: „Die Einsparungen wären minimal.“
Maßnahmen will auch die steirische Landeshauptstadt Graz setzen, binnen 14 Tage soll ein Maßnahmenplan stehen, man arbeite noch an den „12 Punkten“, so Gilbert Sandner, Sicherheitsmanager der Stadt. Diese Maßnahmen würden von Abwärme aus Serverräumen, die man nutzen könnte, bis hin zu Einsparungen bei der öffentlichen Beleuchtung reichen. Das brauche aber Zeit: „Da ist rechtlich und sicherheitstechnisch viel abzuklären“, sagt Sandner. „Ich brauche gesetzlich auf einem Gehsteig eine gewisse Anzahl an Lux (Einheit der Beleuchtungsstärke; Anm.)“ – um etwa Kriminalität auf der Straße zu minimieren und den Straßenverkehr weiter sicher zu gestalten. Auch die anderen Städte betonen, keinesfalls Maßnahmen setzen zu wollen, die zulasten der Sicherheit gehen.
Bei den 31 Objekten in Linz ist das aber ohnehin nicht der Fall, so Hajart: Denn die Straßenlaternen auf der Nibelungenbrücke leuchten dennoch, nur die sogenannte Effektbeleuchtung – „die einen touristischen, aber keinerlei sicherheitstechnischen Aspekt hat“ – werde verkürzt.
St. Pölten
Bei vom Land NÖ beleuchteten Sehenswürdigkeiten, etwa dem Klangturm, soll gespart werden. Die Stadt St. Pölten rüstet Straßenlaternen auf LED um und will an Laternen Bewegungsmelder installieren.
Eisenstadt
Die Stadt will ihren Energieverbrauch um ein Zehntel reduzieren. Aktuell noch mit Gas versorgte städtische Gebäude werden auf Fernwärme umgestellt und die Wassertemperatur im Hallenbad soll um zwei Grad auf 24 Grad abgesenkt werden.
Klagenfurt
Dort, wo es möglich ist, und es keine negative Auswirkung auf das Sicherheitsgefühl gibt, wird das Licht in Klagenfurt um Mitternacht abgeschaltet. Auch an anderen Plätzen gibt es eine Reduktion des Lichts um 50 Prozent: Im Sommer ab 22 Uhr, im Winter ab 20 Uhr.
Salzburg
Ab heute, 1. August, wird in der Stadt die Beleuchtung von 32 Objekten heruntergedreht. Darunter einige Denkmäler, wie die Festung Hohensalzburg.
Linz
In Linz wird bei insgesamt 31 Bauwerken die Effektbeleuchtung verkürzt. Statt um 1 Uhr früh wird sie um 23 Uhr abgedreht. Weg fällt auch das erneute Aufdrehen in der morgendlichen Dämmerung. Betroffen ist etwa die Nibelungenbrücke. Das angrenzende
Ars Electronica Center überlegt, sich anzuschließen.
Symbolischer Akt
Inwiefern sich diese Eingriffe dann wirklich energiesparend auswirkt, ist deshalb fraglich. „Wenn ich dem Uhrturm, der sagen wir 0,1 Prozent vom Gesamtverbrauch ausmacht, das Licht abdrehe, wird sich das nicht viel bringen“, bricht es Sandner auf die Stadt Graz herunter.
Und auch Hajart gibt zu: „Wie viel wir mit dem kürzer Schalten der Beleuchtung einsparen, haben wir nicht ausgerechnet.“ Das sei aufgrund der verschiedenen Leuchtkörper auch schwierig.
„Ich glaube, dass viele Gemeinden gar nicht wissen, was sie verbrauchen. Und wenn man nicht weiß, wie viel man verbraucht, ist es ein symbolischer Akt“, heißt es von Stefan Zach, Unternehmenssprecher des niederösterreichischen Energieversorgers EVN. Pauschal sei es deshalb schwierig zu sagen, ob solche Aktionen Einspareffekte bewirken. Einen wirklichen Unterschied mache hingegen der Austausch der Leuchtkörper: „Mit LEDs kommt man teilweise mit nur einem Zehntel des Stroms aus“, sagt Zach.
Diskussion nötig
Durchaus positiv bewertet den Linzer Vorstoß der Politologe Peter Filzmaier: „Es ist endlich das – allerdings sehr späte – Aufgreifen eines Themas, vor dem man sich lange gedrückt hat. Wenn ich derartige Vorhaben (Energiesparen; Anm.) umsetzen will, dann muss ich sie auch vorher kommunizieren.“ Es brauche eine öffentliche Diskussion. Linz habe das erreicht. Zusammengefasst wäre also eine gute Kombination aus symbolischer und energiesparender Wirkung perfekt. St. Pölten macht das vor: Im erst kürzlich eröffneten Naherholungsgebiet „Eisbergspitze“ geht die Straßenbeleuchtung nämlich nur mehr an, wenn sich dort auch wirklich jemand aufhält.
Nach und nach werden zudem alle Laternen im Stadtgebiet auf LED umgerüstet, immer häufiger samt Bewegungsmelder. Sehenswürdigkeiten wie der Klangturm oder das Festspielhaus werde vom Land NÖ beleuchtet. Dort will man nun auch sparen, heißt es.
Der Umweltgedanke
All das schont nicht nur das städtische Budget, sondern reduziert auch die Lichtverschmutzung. Denn unter zu viel Licht in der Nacht leiden nicht nur nachtaktive Tiere und Insekten (Vögel verlieren die Orientierung, Insekten verbrennen an den Lampen). Auch der Biorhythmus des Menschen kann aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Mögliche Effekte reichen von Schlafstörungen bis hin zu Krebserkrankungen.
Es wäre also eine Überlegung wert, ob es nicht auch ohne Gasengpass sinnvoll wäre, Beleuchtung zu reduzieren. Das könnte jedoch Folgen für den Tourismus mit sich bringen, merkt der Linzer Vizebürgermeister Hajart an. Für ihn ist der ausschlaggebende Grund das Energiesparen. Eine Taskforce sei bereits mit weiteren Maßnahmen für den Notfall beauftragt worden.
Die Nibelungenbrücke bleibt daher vorerst „dunkel“. Wann sie wieder in vollem Glanz erstrahlt, werde entschieden, sobald sich die Situation beruhigt habe, betont Hajart.
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