Fehleranfällig und teuer: Das zentrale Test-Meldesystem im Check
In den vergangenen sechs Monaten wurden in Österreich diverse Corona-Negativrekorde gebrochen und Marken überschritten. Just an den Tagen und in der Phase, wo fast ganz Österreich gespannt auf die täglichen Neuinfektionen wartete, schaute man aber lange in die Röhre. "Aufgrund von Problemen mit dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS) kommt es zu Verzögerungen bei der Ausspielung der Daten", hieß es immer wieder auf der Seite des Gesundheitsministeriums.
Doch was kostet dieses System eigentlich, auf welches sich ganz Österreich verlässt?
Wie nun aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung hervorgeht, kostete das EMS in den Jahren 2020 und 2021 fast 1,5 Millionen Euro. Konkret waren es 545.160 Euro im Jahr 2020 und 872.760 Euro im Jahr 2021. In Summe also 1.417.920 Euro.
Steuergeld, welches der Verfasser der parlamentarischen Anfrage, FPÖ-Nationalratsabgeordneter Christian Lausch, als Verschwendung empfindet: "Es ist unglaublich, dass von der Regierung seit Beginn der Pandemie in dieses EMS fast 1,5 Millionen Euro an Steuergeld investiert werden und dann funktioniert es zum Teil nicht, wenn erwartbar hohe Datenmengen eingespielt werden."
"Das ist nach Kaufhaus Österreich und Co. wieder einmal der Beweis, dass alles was diese Regierung in Sachen digitaler Infrastruktur angreift, nicht funktioniert", kritisiert Lausch.
Erweiterungen
Seit das EMS 2007 installiert wurde, hat es in seinen ersten 13 Jahren des Bestehens kaum bis keine Ausbauten erfahren. Grund dafür ist der eigentliche Zweck des Ganzen. Wie das Gesundheitsministerium in der Beantwortung erklärt, war das EMS eigentlich für "rund 40.000 bis 50.000 Meldungen von anzeigenpflichtigen Krankheiten pro Jahr" ausgelegt. Aktuell laufe in das System in etwa "das 700-fache der ursprünglichen Planung".
Aus diesem Grund investierte das Ministerium im Sommer 2020 auch in die Infrastruktur. Die benötigte Hardware wurde verdreifacht. Zusätzlich wurden in Zusammenarbeit mit den Produktherstellern laufend Optimierungen vorgenommen, so das Ministerium. Wie aus der Beantwortung ebenfalls hervorgeht, wurden "im November 2020 die Hardware um etwa 60.000 Euro, die Datenbanklizenzen anteilig um etwas 300.000 Euro erweitert".
Aktuell wird das System einer Überprüfung unterzogen, um die Erkenntnisse während der Pandemiebekämpfung aufzugreifen und das EMS weiter zu verbessern. Anschließend soll es ein Redesign des ursprünglichen Systems geben.
Trotz der Investitionen kommt es aber bei der Einmeldung der Daten aus den Bundesländern weiterhin zu Verzögerungen oder gar zu Ausfällen wie zuletzt am 22. Jänner. An diesem Tag gab es erstmals nicht nur verspätet Daten, sondern gar keine.
Das EMS war in den letzten drei Jahren immer wieder ein Fall für negative Schlagzeilen, weil es "technische Probleme" gegeben hat, wissen die Kollegen von der futurezone zu berichten.
Im November des Vorjahres verursachten die IT-Probleme sogar Covid-Rekordwerte, weil es zahlreiche Nachmeldungen gab.
"Es braucht gewisse Verlässlichkeit"
In den vergangenen Wochen wurden aber zunächst die regelmäßigen Fehler weniger, wie Datenanalyst Markus Hametner, der einen täglichen Newsletter mit aktuellen Corona-Zahlen betreibt, erklärt: "Im ersten Pandemiejahr war es gefühlt regelmäßig der Fall, dass Daten zu spät eingemeldet worden sind. In letzter Zeit gab es nur mehr äußerst vereinzelt zu späte Datenveröffentlichungen."
Der letzte Ausfall war am 22. Jänner, davor gab es einen Ausfall am 14. November 2021. Das wäre tatsächlich eine relativ lange Periode der verlässlichen Datenlieferung über das EMS-System.
"Eine gewisse Verlässlichkeit ist meiner Meinung nach unerlässlich. Einerseits ermöglicht nur das die Weiterverwendung der Daten. Andererseits ist sie auch nötig, um Verschwörungstheorien schon von vornherein zu verhindern. Alles, was Vertrauen in die Zahlen und in die Veröffentlichungspolitik untergraben könnte, ist in einer solchen Situation nicht wünschenswert und sollte von Behördenseite vermieden werden", sagt Hametner.
Für den Datenanalysten ist es in dieser Hinsicht auch ein Problem, dass das EMS die Informationen aus neun eigenen Ländersystemen zusammensammelt, und es so seit Anbeginn der Pandemie immer wieder zu unterschiedlichen Zahlen kommt.
Für die Datenschützer von epicenter.works gibt es mit dem EMS noch weitere Probleme: die Sicherheit des Systems. Im Dezember 2021 hat der Verein aufgedeckt, dass es über eine Sicherheitslücke möglich ist, auf das EMS ohne Eingabe von Passwort oder Username zuzugreifen und man lediglich ein Client-Side-Zertifikat benötigt.
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