Volksbefragung im Pitztal: Gletscher-Ehe spaltet Gemeinde

Der Linke Fernerkogel steht im Zentrum der Ausbaupläne.
Mit hauchdünner Mehrheit haben sich die Bewohner der Gemeinde St. Leonhard gegen das Mega-Projekt ausgesprochen

Mit großer Spannung wurde das Ergebnis einer Volksbefragung am Sonntag in St. Leonhard im Pitztal erwartet. Die Gemeinde wäre am stärksten von der geplanten und momentan auf Eis liegenden "Gletscher-Ehe" zwischen dem Pitz- und dem Ötztal betroffen.

Die Frage „Soll der Skigebiet Zusammenschluss Pitztal-Ötztal gebaut werden?“ wurde von 50,36 Prozent der Teilnehmer mit Nein beantwortet. Die Gegner des Mega-Projekts, bei dem drei neue Seilbahnen auf dem Pitztalter Gletscher und 64 Hektar Pisten auf bislang unberührten Gletscherflächen errichtet werden sollen, behielten gegenüber den Befürwortern (49,64) Prozent hauchdünn die Oberhand.

Die Gemeinde scheint also in der Frage über die zukünftige Ausrichtung des Tals gespalten. Die Wahlbeteiligung betrug 59,26 Prozent. 353 Stimmberechtigte sprachen sich gegen den Zusammenschluss der Gletscherskigebiete von Pitz- und Ötztal aus, 348 dafür.

Nicht bindend

Für die Gemeindepolitik ist die Volksbefragung nicht bindend. Die Projektbetreiber - die Bergbahnen Sölden im Ötztal und die Pitztaler Gletscherbahnen -, die 130 Millionen Euro investieren wollen, werden den Ausgang wohl mit Interesse erwartet haben.

Elmar Haid, Bürgermeister von St. Leonhard, sieht in dem Ergebnis "fast schon eine Pattstellung". Das der Ort abseits dieser "wichtigen Zukunftsfrage" gespalten ist, glaubt der Ortschef nicht. "Wir werden schon wieder in die Spur kommen."

Der Gemeinderat hat sich erst im Mai einstimmig für den Zusammenschluss ausgesprochen. "Ich denke, dass wir daran festhalten werden."

Von Naturschützern wird das Vorhaben massiv bekämpft. Anfang 2020 haben die Seilbahner ihr Projekt selbst auf Eis gelegt, unmittelbar bevor die erste mündliche Verhandlung der Umweltverträglichkeitsprüfung angestanden wäre.

Auswirkungen des Klimawandels

Schon damals war fraglich, ob die eingereichten Unterlagen durch die klimatischen Veränderungen in dem Gletschergebiet noch aktuell sind. "Der Klimawandel ist nicht wegzuleugnen. Aber wir reden vom höchstgelegenen Gletscherkskigebiet Österreich. Wenn Skifahren in Zukunft irgendwo geht, dann hier", sagt Bürgermeister Haid.

Die Investoren wollten 2020 weitere „notwendige Erhebungen vor Ort“ durchführen. Kurz darauf brach die Pandemie aus, deren wirtschaftliche Folgen die Seilbahnunternehmer erst bewerten wollten, ehe sie eine Entscheidung fällen. 

Ein UVP-Gutachten des Landes hatte Ende 2019 teils „untragbare“ Auswirkungen bei einer Umsetzung der Gletscher-Ehe festgestellt. Und zwar in Bezug auf Mensch und Landschaft.

Lärm und Erschütterungen

Im Teilgutachten Landschaftsbild und Erholungswert wurde festgehalten, „dass aus Sicht der Prüfgutachter die zu erwartenden Beeinträchtigungen auch durch die Vorschreibung von Maßnahmen nicht abgemindert werden können“.

Als wirksame Minderung wäre nur die „Nullvariante“ erkennbar, lautet die Schlussfolgerung.

Doch auch in Bezug auf das Schutzgut „Menschen“ gab es erhebliche Bedenken. Der Prüfgutachter für Lärm und Erschütterungen bewertet laut Behörde „die Auswirkungen der Immissionen des Vorhabens als untragbar“. Hier gab es allerdings eine Einschränkung im Bezug auf die am stärksten betroffenen Gebäude in St. Leonhard.

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