„Der Klimawandel steckt da schon sehr stark drinnen“. Unmissverständlich erklärt der Klimaforscher Georg Pistotnik von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) für den KURIER-Podcast „Daily“, dass wir uns in den kommenden Jahren auf mehrere derart heftige Wetterextreme einstellen werden müssen.
Die schwere Katastrophe in der deutschen Eifel im Vorjahr, die Wassermassen im Salzburger Hallein, jetzt das Kärntner Gegendtal – warum kommt es zu immer stärkeren Unwettern?
Georg Pistotnik: Der Klimawandel bringt höhere Temperaturen mit sich. Die wärmere Luft kann einfach mehr Wasserdunst aufnehmen. Wenn dann die richtige Wetterlage dazu kommt, führt das zu erheblichen Regenmengen. Und zweitens verschiebt sich der Jetstream, das Westwind-Band, nach Norden. Damit wird Mitteleuropa sozusagen zu einem meteorologischen Niemandsland, wo sich Hochdruck- und Tiefdruckgebiete länger halten. Es kommt zu längeren Hitzeperioden oder höheren Gefahren von Starkregen und heftigen Gewittern.
Also fast wie in den Tropen?
Es kommt dem schon sehr nahe. Vor allem in den östlichen Teilen Österreichs ist es eigentlich fast schon tropisch. Das ist wirklich kein großer Unterschied mehr. Insofern ist der Vergleich mit den Tropen nicht ganz so weit hergeholt.
Welche Konstellation hat in der Nacht auf Mittwoch zu dieser Katastrophe geführt?
Da kam im Prinzip alles zusammen, ein unheimlicher Cocktail. Die Gewitter sind entlang einer Luftmassengrenze gezogen und haben sich nicht mehr weiter nach Osten geschoben. Die kalte Luft hat sich unter die warme gelegt. Das hat sich über viele Stunden zusammengebraut.
Warum sind Bundesländer wie Kärnten, Salzburg oder auch die Steiermark öfter betroffen als zum Beispiel Wien?
Generell ist der Alpenraum besonders gefährdet und meistens die Ränder von großen Gebirgen. Dort kommen am öftesten Bedingungen zustande, die für Gewitterbildungen gebraucht werden: eine instabile Luftschicht und eine Aufheizung der Luftmassen. Wien ist zwar auch noch in einer Randlage der Alpen, aber es ist schon etwas zu kontinental. Also gibt es hier zwar tendenziell weniger Niederschläge, aber dafür eben in Ostösterreich einen Mangel an Wasser, lange Trockenperioden und große Hitze.
Wir haben noch die große Katastrophe in der Eifel in Westdeutschland aus dem Vorjahr in Erinnerung. Wie kann man das gestrige Unwetter in Kärnten damit vergleichen?
Also wenn man die absoluten Regenmengen betrachtet, dann waren die in Kärnten sogar höher als jene in Westdeutschland im vergangenen Jahr. In Kärnten sind über Nacht 100 bis 120 Millimeter in nur zwölf Stunden gefallen. Die sind in Deutschland eher im doppelten Zeitraum eingetreten. Kärnten ist jedoch durch die häufigeren Niederschläge auch besser angepasst. Das gestern war ein 30- bis 100-jährliches Ereignis. In Deutschland kommt so etwas nur alle hundert Jahre vor und hat dadurch auch größere Auswirkungen.
Kann man so massive Wetterereignisse besser voraussagen, damit sich eventuell Menschen in Sicherheit bringen können?
In sehr vielen Fällen können wir schon zwei Tage vorher sagen, dass die Wahrscheinlichkeit für solche Ereignisse in bestimmten Regionen erhöht ist. Dass wir dann wirklich konkret die am meisten betroffenen Gebiete warnen, passiert im besten Fall aber eigentlich erst einige Stunden vorher. Das hängt davon ab, wie einig sich die Computermodelle sind, die das Wettergeschehen berechnen, und wie hoch daher unser Vertrauen ist, das wir in unsere Prognose legen können.
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