Sie gelten als Inbegriff dafür, wie sehr sich in Österreich bereits die Zwei-Klassen-Medizin eingenistet hat: Während die Zahl der Kassenärzte stagniert, wächst jene der Wahlärzte massiv an.
Insgesamt gibt es in Österreich bereits 11.000 davon. In Wien etwa sind schon mehr als die Hälfte aller niedergelassenen Kindermediziner Wahlärzte.
Per Gesetz bekommen Versicherte, die einen Wahlarzt konsultieren, von ihrer Krankenkasse 80 Prozent jenes Betrages rückerstattet, den die Kasse für die gleiche Leistung ihrem Vertragsarzt bezahlt hätte. Allerdings haben die Wahlärzte bei der Gestaltung ihrer Honorar-Höhe völlig freie Hand.
In der Realität bekommt der Patient daher oft deutlich weniger als 80 Prozent des Betrages, den er beim Wahlarzt berappen musste, rückerstattet. Was eine erhebliche Belastung für Menschen mit geringem Einkommen bedeuten kann, die nicht monatelang auf einen Termin beim Kassenarzt warten wollen.
Wobei es auch innerhalb des Wahlarzt-Systems eine Art Mehrklassengesellschaft gibt. Denn die Höhe der Erstattungsrate variiert zwischen den einzelnen Kassen, ja sogar zwischen den Landesstellen der ÖGK massiv. Das zeigt die Beantwortung einer Anfrage der Neos durch das Gesundheitsministerium.
Demnach wurden 2021 von der ÖGK-Landesstelle Vorarlberg nur 33,3 Prozent der eingereichten Wahlarzt-Kosten rückerstattet. Sie bildet damit das Schlusslicht aller neun ÖGK-Landesstellen. Spitzenreiter ist jene in Oberösterreich mit einer Rückerstattungsrate von knapp 41 Prozent. Bei der SVS liegt sie bei 37,6 Prozent, was etwas höher ist als der österreichweite ÖGK-Wert.
Die Neos wollten aber auch wissen, wie die Quote bei den einzelnen medizinischen Fachgebieten aussieht. Und auch hier stießen sie auf gravierende Unterschiede: So wurden bei der ÖGK knapp 87 Prozent der Kosten von Kinderpsychiatrie-Wahlärzten zurückbezahlt, bei Strahlentherapie sind es hingegen nur 22 Prozent. Bei der SVS betragen die entsprechenden Werte 90 bzw. 13 Prozent.
Ursachen
Die Unterschiede zwischen den Fächern haben auch damit zu tun, dass oft Leistungen von Wahlärzten eingereicht werden, die nicht erstattungsfähig sind. Und auch die Tarife bei den Krankenversicherungen können variieren, wie es bei der ÖGK heißt.
Wie lange man auf sein Geld warten muss, hat wiederum damit zu tun, in welchem Bundesland man versichert ist. Pech haben die Klienten der ÖGK Burgenland, die im Schnitt 62 Tage vom Einreichen der Honorare bis zur Rückerstattung ausharren müssen. Die ÖGK Tirol schafft das Prozedere hingegen in nur fünf Tagen.
„Es ist inakzeptabel, dass es derart massive Unterschiede bei der Refundierung gibt“, sagt Neos-Gesundheitssprecherin Fiona Fiedler. „Wozu haben wir um teures Geld die Gebietskrankenkassen zusammengefasst, wenn es erst recht wieder von der Postleitzahl abhängt, ob man viel oder wenig zurückerstattet bekommt?“
Sie verweist auf einen Neos-Antrag, wonach die Kosten zur Gänze rückerstattet werden, wenn innerhalb eines angemessenen Zeitraums keine kassenärztliche Behandlung im Wohnbezirk gewährleistet werden kann. „ÖVP und Grüne haben ihn leider abgelehnt. Sie müssen zumindest Sorge dafür tragen, dass es eine einheitliche und schnelle Rückerstattung gibt.“
Um die Bearbeitung zu beschleunigen, forciere man das System „WAH-online“, heißt es bei der ÖGK. Damit können Wahlärzte die Rechnungen an die Kasse schicken, ohne dass der Patient einen Antrag stellen muss.
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