Unwetter in Kärnten: "Die Mure hat den Sepp einfach mitgerissen"

Albin E. steht in seinem Garten. Oder vielmehr dort, wo einmal sein Garten war. "Gestern haben wir noch den Kirschbaum geschnitten, die Kirschen geklaubt und Marmelade gemacht. Jetzt steckt der halbe Baum im Schlamm. Das ist doch alles irre", erzählt der Treffner, während er auf einer Walze aus Schlamm und Geröll steht.
Hoffen und Realität
Knapper werden die Worte, wenn er über die Straße blickt. Den Schutt, den Schlamm, die großen Steine. Auf das Haus, das einmal weiß war und die Garage seines Bruders Sepp E. "Überleben kann man sowas doch gar nicht", sagt Albin dann deutlich leiser. Das war am Mittwochvormittag. Wenige Stunden später sollte es traurige Gewissheit sein: Sepp E. ist der erste Unwettertote in Kärnten. Eine weitere Person wird vermisst.

Albin E. neben dem fast gänzlich weggespülten Haus.
"Der Sepp, der hat wohl das Grollen der Mure in der Nacht gehört. Das war ein Tuschen, das kannst dir nicht vorstellen. Dann ist vor das Haus gegangen. Sein Sohn, der bei ihm im Haus wohnt, hat noch vom Fenster runtergeschaut. Und dann war der Sepp einfach weg. Die Mure hat den Sepp mitgerissen", schildert Albin E. die dramatischen Momente.
Trümmersuchhunde im Einsatz
Trupps der Bergrettung mit speziell ausgebildeten Trümmer-Spurhunden suchten den ganzen Tag fieberhaft nach dem zweifachen Vater. Einer von ihnen war Bergretterin Laura Wirth mit Hund Dojan. "Es ist unfassbar schwierig." Auch ihr Bergrettungs-Kollege mit Hund Egan erzählte ähnliches: "Die Vermisstensuche bei Muren ist enorm schwer. Sie müssen sich vorstellen, dass das Material bei Muren extrem kompakt ist, da riechen und finden die Hunde kaum etwas."
Bach wurde gerade erst verbaut
Dabei hätte es laut den E.s noch viel schlimmer kommen können. Ihr Haus grenzt direkt an den Pöllingerbach. Jener Bach, der dafür verantwortlich ist, dass der Kirschbaum der Familie im Schlamm steckt. Die Verbauung des Bachbetts liege in den letzten Zügen. "Oben hat die Wildbach- und Lawinenverbauung erst gerade eine 20 Meter hohe Sperre fertig gestellt. Die soll bis oben hin voll sein. Stell dir vor, die hätte es nicht gegeben, dann wäre Treffen jetzt weg", sagt Albin.
Schweres Unwetter auch 1948
Und dann erinnert er sich: 1948 habe es ein ähnlich schweres Unwetter in der Gemeinde gegeben. "Wir konnten damals eben aus den Fenstern im ersten Stock heraussteigen. Und jetzt kommt das noch einmal in meinem Leben", sagt Albin und erzählt noch einmal die Geschichte vom Kirschbaum.
Sein Haus, das quer gegenüber seines Bruders, ist nur mehr zur Hälfte vorhanden. "Ich habe es an meine Tochter übergeben. Vor zwei Wochen war Bauverhandlung, weil sie es umbauen will. Das ist doch alles nur mehr irre."
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