Tibor Foco, die Flucht des Jahrhunderts
Es ist unklar, ob er überhaupt noch lebt. Die Umstände seiner Flucht sind bis heute mysteriös. Es ist nicht einmal klar, ob er tatsächlich der Mörder der Prostituierten Elisabeth Hochgatterer ist – oder doch nicht. Nach kaum einem anderen Österreicher wurde dermaßen intensiv gesucht wie nach Tibor Foco. Neue Fahndungsmethoden wurden erfunden und sein Bild wurde sogar auf CNN veröffentlicht.
Bis heute wirft der Fall allerdings noch immer weit mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Am Montag jährt sich die Flucht von Foco zum 25. Mal. Der Zuhälter türmte bei einem Studienausgang in Linz mit einem Motorrad (siehe Chronologie am Ende).
Außer Zweifel steht, dass es in diesem Fall Ermittlungspannen gab. Die Linzer Polizei soll Zeugen zu Aussagen gedrängt haben, einer der in dem Fall involvierten Kriminalbeamten heiratete etwa die Ex-Ehefrau Focos, die das Alibi für ihn zurückgezogen hatte. Bei einer der beteiligten Sachverständigen wurde bei einem Einbruch Beweismaterial gestohlen – eine Anzeige dazu erfolgte aber erst nach einigen Jahren.
„Viel manipuliert“
Und 1993 widerrief die in Florida lebende Kronzeugin Regina Ungar ihr damaliges Geständnis. Am Ende intervenierten einige damaligen Geschworenen für eine Wiederaufnahme. Zumindest der mutmaßliche Komplize von Foco wurde dabei freigesprochen, er bekam sogar eine hohe Haftentschädigung.
Diese Woche erschien erstmals überhaupt ein Interview (in den Salzburger Nachrichten) mit der 87-jährigen Mutter des Mordopfers. Und selbst sie meinte: „Nein, Foco war es nicht. Ich glaube es nicht.“ Und weiter: „Wiesosoll Foco sitzen, wenn er unschuldig ist. Es ist so viel manipuliert worden in dem Fall.“
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, warum Foco dann bei einem Lokalaugenschein gezeigt hat, wie die Tat ausgeführt worden war?
Offiziell wird der Linzer jedenfalls weiter als Mordverdächtiger behandelt. Seit 2003 sucht die Zielfahndung des Bundeskriminalamts nach dem flüchtigen Mann. „Diese Suche ist außergewöhnlich schwierig, deswegen haben wir 2005 erstmals Österreichs Most Wanted eingerichtet und Foco dort veröffentlicht“, berichtet der oberste Zielfahnder dem KURIER.
Auch sonst wurde so ziemlich alles Mögliche versucht. So wurden Fotos angefertigt, die zeigen sollen, wie Foco heute aussehen könnte. Da man von flüchtigen Kriegsverbrechern und anderen Kriminellen weiß, dass sich diese gerne lange Haare und einen Bart wachsen lassen, gibt es dementsprechende bearbeitete Fotos.
Auch bei den Most Wanted der Europol (www.eumostwanted.eu) war der mutmaßliche Mörder eine der ersten Personen, nach denen gesucht wurde. Dafür wurde sogar ein eigener Adventskalender für Verbrecher (vom jetzigen Pressesprecher des Krisenstabes, Oberst Gerald Hesztera) erfunden, der Aufmerksamkeit erzeugen sollte.
„Darüber berichtete sogar CNN, so wurde weltweit nach Foco gesucht“, sagt der Chef der Zielfahnder. Später gab es weitere kreative Suchaktionen – etwa zur Fußballweltmeisterschaft 2018 mit einem Art Panini-Album der Kriminellen.
20.000 Euro Belohnung
Mittlerweile wurden auch 20.000 Euro für Hinweise auf Foco ausgesetzt. Da es in Österreich für solche Kopfgelder kein staatliches Budget gibt, muss die Polizei diese über andere Kanäle aufstellen. Dennoch gibt es bis heute keine valide Spur von Foco. Es gibt keine ernsthaften Hinweise, was der Linzer nach seiner Flucht gemacht hat. Selbst sein Fluchtmotorrad ist nicht aufgetaucht.
Nur eine Billigzeitung behauptete, Kontakt mit ihm in Südamerika zu haben – und er wolle zurück nach Österreich. Doch freies Geleit wurde ihm mehrfach angeboten. Deshalb zweifeln viele an der Seriosität der Geschichte.
Geklärt wird die Tat wohl nie werden, denn es gibt keine DNA-Spur, die heute einen Mörder zweifelsfrei überführt.
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Der Mord
Am 3. März 1986 wurde die Prostituierte Elfriede Hochgatterer (23) in Linz misshandelt und neben der Westbahn mit einem Revolverschuss ins Gesicht getötet. Hochgatterer war teilweise entkleidet. Rund 200 Meter vom Fundort der Leiche entfernt hatte sie gearbeitet – gleich daneben befand sich das Rotlichtlokal „Bunny“ von Tibor Foco. Dort wurden Blutspuren gefunden
Die Ermittlungen
Foco wurde am Tag nach der Tat festgenommen, seine damalige Frau gab ihm ein Alibi. Er selbst bestritt die Tat. Die Prostituierte Regina U. gab an, den tödlichen Schuss für Foco abgegeben zu haben. Später belastete sie einen Lederwarenhändler
Das Verfahren
Der Prozess gegen Foco, Ungar und Löffler begann am 23. Februar 1987 im Linzer Landesgericht. Foco wurde zu lebenslanger Haft und sein Komplize zu 18 Jahren verurteilt. Ungar trat als Kronzeugin auf und wurde wegen „entschuldigenden Notstandes“ freigesprochen
Die Flucht
Foco durfte während der Haft in Linz studieren. Am 27. April 1995 flüchtete er trotz Begleitung durch zwei Justizwache Beamten durch ein WC-Fenster und fuhr mit einem bereitgestellten Motorrad davon
Ungereimtheiten
Nach und nach wurden Ermittlungspannen bekannt, die Kronzeugin widerrief ihre Aussage. 1996 wurde Focos angeblicher Komplize im Wiederaufnahmeverfahren freigesprochen, Foco wurde zwei Mal freies Geleit für ein neues Verfahren angeboten
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