Nach mehreren Bluttaten gegen Frauen in den vergangenen Monaten richtete der damalige Innenminister Herbert Kickl eine SOKO Frauenmorde im Bundeskriminalamt ein. Diese analysiert derzeit – wie noch niemals zuvor – 174 Morde und Mordversuche mit wissenschaftlichen Methoden. Das Ergebnis der Kommission soll in den kommenden Wochen präsentiert werden.
Warum die Analyse der Experten versuchte und vollendete Taten zusammenrechnet, hat einen einfachen Grund: Oft entscheidet lediglich der Zufall, ob das Opfer einen tätlichen Angriff überlebt oder nicht. Ein Stich in den Bauch kann wichtige Organe knapp verfehlen – oder eben voll treffen. Ein paar Millimeter entscheiden mitunter über Leben und Tod.
Auch Männer betroffen
Die Fachzeitung der Kriminalpolizei (kripo.at) hat kürzlich die Entwicklung dieser Taten über zehn Jahre ausgewertet. Das Ergebnis zeigt überraschend, dass die Gewaltsteigerung Männer als Opfer beinahe ebenso betrifft wie Frauen. Der Unterschied ist allerdings, dass die Bluttaten bei Männern seltener mit dem Tod enden als bei Frauen (siehe Grafik unten).
Auch unter Kriminalisten gibt es sehr unterschiedliche Theorien zur Steigerung der Morde und Mordversuche in den vergangenen fünf Jahren. Während manche eine gestiegene Gewaltbereitschaft (auch durch das Tragen von Messern in manchen Kulturen) sehen, glauben andere, dass es durchaus „nur“ eine statistische Schwankung sein kann.
Seit 1953 schwankt die Zahl der Morde zwischen 39 (im Jahr 2007) und 99 (im Jahr 1983). Die im Vorjahr auf 76 gestiegene Zahl an vollendeten Mordfällen ist jedenfalls kein Allzeit-Hoch.
Wien ist anders als NÖ
Blickt man auf die heurige Zwischenbilanz, dann sind die Ergebnisse sehr unterschiedlich: In Wien etwa sind heuer so wenige Morde wie noch selten in diesem Zeitraum passiert. Seit Jahresbeginn sind acht tödlich ausgegangene Bluttaten bekannt (eine neunte wurde kürzlich vom Gericht rechtskräftig als Notwehr bezeichnet). Davon waren zwei Opfer Frauen, eines ein (männliches) Kind und fünf Getötete männlich. Auch der in Notwehr Erstochene war ein Mann.
In Niederösterreich wiederum bietet sich in der Zwischenbilanz ein völlig anderes Bild: Bei den zehn Tötungsdelikten waren alle zehn Opfer weiblich (zwischen 16 und 84 Jahre alt). Diese Zahl ist für NÖ vergleichsweise hoch. Zur Jahresmitte gab es heuer doppelt so viele Morde wie im gesamten Vorjahr.
Die beiden Bundesländer zeigen vor allem eins: Bei Mordfällen sind Schwankungen oft sehr groß. Aber zumindest ein weiteres Detail ist auffällig: Lediglich in einem der 18 Fälle aus Wien und NÖ ist ein Flüchtling beziehungsweise Asylwerber der Tatverdächtige. Dabei handelt es sich um den Mord an einer 16-Jährigen im Jänner in Wiener Neustadt.
Kommentare