Schmerzhafte Niederlage für die SPÖ in Kärnten
Mit einem Verlust von bis zu sechs Prozentpunkten, ja, damit hatte man in der SPÖ-Zentrale in Klagenfurt gerechnet. Der Absturz auf unter 40 Prozent traf die Sozialdemokraten dann aber hart: SPÖ-Chef Peter Kaiser landete mit seiner Partei bei 38,9 Prozent. Er verfehlte damit sein Wahlziel – „den Vierer vorne“ – deutlich.
Die SPÖ ist damit die einzige Partei, die Verluste einfuhr. Alle anderen Parteien legten zu.
Kaiser übernimmt Verantwortung
Schuldzuweisungen waren in der Kärntner SPÖ an diesem Abend dennoch rar. Als Peter Kaiser ankündigte, dass er weiterhin die Führung in der Landesregierung übernehmen wolle, kam am Wahlabend sogar erstmals Applaus auf. Die SPÖ liege 15 Prozentpunkte vor der zweitstärksten Partei, das sei ein Auftrag, eine künftige Landesregierung zu bilden, sagte Kaiser. „Wir werden mit den anderen Parteien Gespräche auf Augenhöhe führen.“ Dafür, dass die SPÖ ihr Wahlziel verpasst habe, übernehme er dennoch die Konsequenzen, so Kaiser.
Zur Bundes-SPÖ und dem Schicksal von Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wollte er sich an diesem Abend nicht äußern. Sich um „Angelegenheiten außerhalb Kärntens zu kümmern“, darauf habe er momentan „keine Lust“, so Kaiser.
Für mehr Gesprächsstoff als das eigene Abschneiden sorgte der SPÖ-Absturz bei der zweitplatzierten FPÖ, die in ihrem Klub im Landhaus die erste Hochrechnung verfolgte. „Bei der SPÖ hat es wirklich getschindert“, staunte der blaue Parteichef Erwin Angerer. Weniger überraschend war da schon der maue Zugewinn der Blauen von 1,6 Prozentpunkten auf 24,6 Prozent. Damit ist die FPÖ in ihrer einstigen Hochburg nur noch etwa so stark wie ihre niederösterreichischen Parteikollegen.
Angesichts der Konkurrenz von Team Kärnten und des MFG-Ablegers Vision Österreich war seit Monaten schon klar, dass bei dieser Wahl die Bäume nicht in den Himmel wachsen werden.
Haider und Kickl halfen nicht
Da half auch keine Beschwörung des blauen Übervaters Jörg Haider bei jedem Wahlkampf-Auftritt, auch die 13 Kärnten-Besuche von Parteichef Herbert Kickl in den vergangenen Wochen nützten nichts. „Natürlich hätte ich mir mehr gewünscht. Ich bin aber sehr zufrieden“, so Angerer. Das Ergebnis liege deutlich über den Umfragen, die noch im Vorjahr die FPÖ bei 15 Prozent gesehen hatten.
Was die Blauen freut: Auch die Erzrivalen vom Team Kärnten sind deutlich unter ihren Erwartungen geblieben. Der vielfach als zu farblos und zu wenig angriffig gescholtene Angerer hat seine Position parteiintern nun wohl abgesichert. Selbst würde er seine Partei gerne als Wirtschafts- und Finanzlandesrat in eine Koalition mit der SPÖ führen. Eine große rot-blaue Koalition in Kärnten ist aber so gut wie ausgeschlossen.
Uneingeschränkte Freude herrschte zeitgleich bei anderen, die damit gar nicht gerechnet hatten: bei der Kärntner ÖVP. Und das, obwohl es am Wahlabend in doppelter Hinsicht bis zur letzten Sekunde spannend blieb. Kurz, bevor die ersten Hochrechnungen im ORF präsentiert wurden, fiel in der ÖVP-Parteizentrale der Fernseher aus. Hektisches Gemurmel folgte, einige zückten ihre Handys, irgendjemand rief: „Wir brauchen einen Plan B!“
Wie bei Hitchcock
Wenig später war klar: Den braucht man nicht. Als die erste Hochrechnung auf einem kleinen, behelfsmäßig aufgestellten Laptop sichtbar wurde, gab es kein Halten mehr: Es gab tosenden Applaus, „Unser Martin, unser Martin, hey, hey“-Rufe und Freudentränen. Die ÖVP, die auf Verluste eingestellt war, konnte unter ihrem Kandidaten Martin Gruber dann doch auf 17 Prozent zulegen.
„Am heutigen Wahltag hat Alfred Hitchcock Regie geführt“, sagte ÖVP-Landesrat Sebastian Schuschnig und wischte sich die Tränen aus den Augen. „Es ist schön, zu sehen, dass vor einem ÖVP-Ergebnis auch noch ein Plus stehen kann“, meinte ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker, der aus Wien angereist war. Er bildete die Vorhut für Kanzler Karl Nehammer, der erst später am Abend kam.
Geduld brauchten auch die gelben Luftballons in einem Klagenfurter Innenstadtlokal, ehe sich Team-Kärnten-Spitzenkandidat Gerhard Köfer unter ihnen zum Jubeln einfand. Bei der ersten Trendrechnung befand sich „der Chef“ noch im Auto auf dem Weg von Spittal, wo er Bürgermeister ist.
Größter Zugewinn
Grund zur Freude mit Ansage war jedenfalls da: Auch wenn sich die prognostizierten 13 Prozent nicht ausgingen. Eine Fast-Verdopplung gelang dennoch. Von 5,7 Prozent auf 10,1. Der größte Zugewinn aller Parteien.
Köfer, der gegen 17 Uhr in der Landesregierung mit seiner Frau eintraf, zeigte sich sehr zufrieden. „Die Freunderlwirtschaft wurde abgewählt“, sagte er in Bezug auf das Ergebnis der SPÖ. Wie es nun weitergehe, würden die nächsten Tage zeigen.
Einzug nicht geschafft
Bei den Grünen ließ man sich Zeit, sich im „Süden Club“ zu versammeln – wohl weil von Anfang an klar war, dass man am längsten wird zittern müssen. Vorhersagen sahen Spitzenkandidatin Olga Voglauer knapp unter der Fünf-Prozent-Hürde, die man für den Wiedereinzug in den Landtag überspringen muss.
Man gab sich gewollt entspannt und zuversichtlich, sicher war aber niemand, das gesteckte Ziel erreichen zu können. Wenig später war klar: Die ersten Prognosen sollten sich verfestigen und die Rückkehr in die Landespolitik scheiterte. Die Grünen kamen auf 3,9 Prozent.
Der als Unterstützung angereiste Wiener Parteivorsitzende Peter Kraus suchte nach Erklärungen: „Kärnten ist kein leichtes Bundesland, nicht nur für die Grünen. Aber Olga Voglauer hat einen extrem starken Wahlkampf hingelegt.“ Nachdem die Kärntner Grünen fünf Jahre nicht im Landtag vertreten waren, sei es schwer gewesen, sich im Wahlkampf die nötige Aufmerksamkeit zurück zu erkämpfen.
"Krone richten, weiterkämpfen"
Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler nahm Voglauer das erste Statement zur Niederlage ab: „Jetzt werden wir mal schauen, wie es weitergeht“, so Kogler. „Aufstehen, Krone richten, weiterkämpfen.“
Die Spitzenkandidatin selbst wollte das Ergebnis erst nicht kommentieren – später hieß es, sie sei „für die nächste Wahl zuversichtlich“. Oft sei es „Glück oder Zufall, ob eine Ernte gelinge“, so Voglauer, die einen Bio-Bauernhof in Ludmannsdorf betreibt.
Ebenso am Einzug gescheitert sind die Neos mit Spitzenkandidat Janos Juvan, der für seine Partei nur 2,6 Prozent holen konnte. Er zeigte sich „enttäuscht“. Er wolle sich nun verstärkt auf seine politische Arbeit in Klagenfurt konzentrieren. Kärnten ist neben dem Burgenland das einzige Land, in dem die Neos auf Landesebene bisher nicht reüssieren konnten.
Zugpferd Kandidaten
Laut einer Befragung für ATV/PULS24 konnten Kaiser, Köfer und Gruber bei ihren Anhängern besonders punkten. Bei der FPÖ war Angerer weniger zentral. Sie überzeugten bei den Themen Asyl und Zuwanderung. Auch bei Grünen und Neos waren Sachthemen wichtiger als Personen.
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