Rekord: 1450 Beamte verließen im Vorjahr die Polizei
Am Freitag Vormittag wird Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) die Eckpunkte seiner Reform der Kriminalpolizei vorstellen. Die meisten Details hat der KURIER am Montag bereits enthüllt, vor allem ein kräftiger Personalzuwachs steht dabei ganz oben auf der Liste - 735 neue Arbeitsplätze für Beamte will das Innenministerium schaffen.
Doch derzeit geht der Trend in die umgekehrte Richtung. 1.450 Polizisten (Todesfälle nicht mitgerechnet, rund 900 Pensionierungen schon) verließen im Vorjahr die Exekutive. Das ist eine stetige Steigerung seit dem Jahr 2018 um mehr als die Hälfte. Und es ist ein neuer Rekordwert.
Die Details:
Allein in Wien gab es vor fünf Jahren noch 35 einvernehmliche Kündigungen, mittlerweile sind es 139. Auch in Niederösterreich verließen viermal so viele Polizisten freiwillig ihren Arbeitsplatz wie noch 2018, wie eine parlamentarische Anfrage der FPÖ ergab. Die Tendenz ist in beiden Fällen steigend.
In mehreren Bundesländern gibt es bereits erstmals mehr freiwillige Abgänge als Pensionierungen. Vor Jahren wäre das undenkbar gewesen, Kündigungen waren bei der Polizei eine Rarität. Wer einmal dabei war, blieb in der Regel auch Polizist.
Dem gegenüber stehen theoretisch 1.600 bis 2.200 Ausbildungsplätze, wofür es in den vergangenen Jahren immerhin bis zu 9.000 Bewerbungen pro Jahr gab. Da es viele Hindernisse gibt, etwa jeder fünfte scheiterte am Deutschtest, konnten im Vorjahr aber gerade einmal rund 1.400 Ausbildungsplätze auch tatsächlich belegt werden.
Mehr als 250 Aspiranten warfen außerdem noch während des Kurses das Handtuch, 15 weitere innerhalb des ersten halben Jahres im neuen Beruf. Häufige Motive sind Unvereinbarkeit mit dem Familienleben oder hohe Überstundenbelastung.
1.300 Polizisten zu wenig
Das Fazit: Im Vorjahr nahm die Gesamtzahl der Polizisten in Österreich um rund 300 ab, obwohl im Regierungsprogramm eigentlich ein Plus von mindestens 1.000 Beamten pro Jahr für diese Legislaturperiode paktiert worden ist. Unter dem Strich fehlten somit 1300 Polizisten alleine im Jahr 2022. Das entspricht etwa vier Prozent des Personalstandes.
Karner versucht nun, im Zuge der Kriporeform, mit einer Gehaltserhöhung neues Personal anzulocken. Über die genauen Details hüllt man sich dabei noch in Schweigen, die rote Gewerkschaft (FSG) spricht allerdings von durchschnittlich lediglich 60 Euro.
Außerdem wurden zuletzt Zugangsbeschränkungen gelockert, so sind etwa Tatoos am Unterarm erlaubt oder der Führerschein kann im Zuge der Ausbildung erworben werden. Auch ein Klimaticket gibt es für die angehenden Polizisten (ein Drittel davon Frauen).
FPÖ und ÖVP streiten
Die Personalzahlen sorgen auch wieder einmal für einen heftigen schwarz-blauen Clinch. Ein FPÖ-nahes Medium, bei dem ehemalige Kabinettsmitarbeiter von Ex-Innenminister Herbert Kickl tätig sind beziehungsweise waren, kommentiert anonym: "Tätowierte, führerscheinlose Polizei-Bewerber scheitern am Deutsch-Test: Wer für keinen anderen Beruf zu gebrauchen ist, wird derzeit anscheinend Polizist. Diese traurige Bilanz kann ÖVP-Innenminister Gerhard Karner ziehen, der – um Personal zu bekommen – die Aufnahme-Regeln verändert hat."
Derartige Aussagen sorgen wiederum bei der schwarzen Gewerkschaft für Ärger. Bei der FCG heißt es dazu: "Das ist eine Beleidigung aller künftigen Polizistinnen und Polizisten. Eine Aussage, die wir auf das Schärfste zurückweisen und wer immer für diese Behauptung verantwortlich ist, soll sich umgehend entschuldigen. Gerade der Umstand, dass knapp 19 Prozent der Aufnahmewerber den Test nicht bestehen, zeigt die Richtigkeit der Hürde und das Niveau des Verfassers. Den Beruf des Polizeibeamten derart in den Dreck zu ziehen ist wohl das Letzte."
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