Rechnungshof kritisiert Wildwuchs bei den Verkehrsstrafen
Die Strafen für Verkehrsübertretungen in Österreich sind für die Autofahrer kaum nachvollziehbar. Nicht nur hat jedes Bundesland unterschiedliche Geldbußen, nicht einmal die Form der Bestrafung (beispielsweise Organmandat, Anzeige oder Anonymverfügung) ist durchschaubar.
Selbst Nachbarbundesländer wie Ober- und Niederösterreich haben völlig unterschiedliche Zugänge. Darüber hinaus fehlt ein zentrales Verwaltungsstrafregister, um Wiederholungstäter zu erkennen. Das ist das Fazit eines aktuellen Rechnungshofberichts.
Verschärft wird die Lage durch ein Kompetenz-Wirrwarr. Zwar gehört die Vollziehung in den Bereich des Innenressorts, die Strafrahmen aber legt das Verkehrsministerium fest. Die genauen Strafhöhen und mögliche Toleranzgrenzen sind Ländersache, mitunter werden sie sogar den Bezirken überlassen. Ein zentrales Strafregister wiederum wäre Aufgabe des Bundeskanzleramts. So etwas ist im Regierungsprogramm prinzipiell festgehalten, aber noch nicht umgesetzt.
1991 gab es die letzte große Reform der Verkehrsstrafen, seither wird über eine echte Vereinheitlichung diskutiert, an der aber zahlreiche Verkehrsminister gescheitert sind.
Hubert Gorbach (FPÖ/BZÖ) veranstaltete sogar eine große Konferenz, die allerdings nichts brachte. Vor allem die Länder leisten hier immer wieder erbitterten Widerstand. Ein Raser auf einer Bergstraße in Westösterreich sei etwas anderes als auf einer Bundesstraße im Osten, lautet hier stets das Argument.
Aktuell gibt es laut Rechnungshof wieder Pläne des Klimaschutzministeriums für eine weitere Annäherung, die aber eher stockend vorankommen. Mehr als Entwürfe für Erlässe gibt es bisher nicht, so die Prüfer.
Einfluss von Corona
Geprüft wurde auch der Einfluss von Corona auf die Strafeinnahmen. Zwar gab es 2020 teilweise Einbrüche im einstelligen Prozentbereich, allerdings erholte sich das rasch wieder - mittlerweile gibt es sogar ein Plus gegenüber vor der Pandemie. Grund für die Steigerung dürften vor allem immer bessere Geräte für die Geschwindigkeitsüberwachung sein, heißt es im Innenministerium. Auch nutzten viele Autofahrer die geringere Verkehrsdichte für rasanteres Fahren.
Wie viel insgesamt von Österreichs Autofahrern pro Jahr an Strafen bezahlt werden, ist jedenfalls kaum nachvollziehbar. Die Geldbußen landen in Hunderten Töpfen, von Kommunen bis zur Asfinag, sogar Sozialbudgets werden mitfinanziert.
Vor Jahren versuchte der KURIER hier eine wochenlange Recherche - herauskam ein Wert von ungefähr einer Milliarde Euro, mittlerweile ist es vermutlich mehr. Die Radarfallen wurden erst danach digitalisiert, auch die Zahl der besonders lukrativen Section Controls erhöht.
Der Rechnungshofbericht zeigt jedenfalls auch eine weitere mögliche Schwachstelle der geplanten Beschlagnahme von Raserfahrzeugen. Denn dies soll vor allem Wiederholungstäter betreffen, diese sind ohne zentrales Strafregister aber nur schwer auffindbar. Eine KURIER-Anfrage an das Bundeskanzleramt über den aktuellen Stand dazu ist bislang noch unbeantwortet.
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