Privatagentin will Polizisten 90.000 Euro gezahlt haben

Gegen Privatagentin läuft zweites Ermittlungsverfahren
Die Glaubwürdigekeit der Privatagentin wird in Frage gestellt. Anschuldigungen sind "völliger Blödsinn", heißt es aus Umfeld des Chefinspektors.

In der Korruptionsaffäre um die deutsche Privatagentin Christina "Nina" W. gibt es neue Spuren nach Österreich. Wie berichtet, ist W. Anfang 2017 wegen Bestechung zu 34 Monaten Haft verurteilt worden, der von ihr bestochene deutsche Kommissar Heinz-Peter H. fasste für 270.000 Euro Schmiergeld drei Jahre Haft aus (nicht rechtskräftig).

Wie der KURIER berichtete, übernahm die Ex-Stasi-Informantin "Recherchen" für die OMV, die Vienna Insurance Group, die Novomatic (in Sachen tschechische Geschäftspartner bei der Casinos AG) und für den ukrainischen Oligarchen Dmytro Firtasch. Die Aufträge liefen über Anwälte und die nachrichtendienstliche Privatfirma Aventus des Ex-Bundesheer-Oberst Gerald Karner. Für Aventus soll Nina dem Ex-Kommunalkredit-Chef Reinhard Platzer und seinen Geschäften in Ungarn nachgestellt haben. Letzterer Fall hatte den Decknamen"Laguna Secca" und es sollte auch ein "Kronzeuge" namens Georg S. gegen Platzer in Stellung gebracht werden. Das behauptete Nina jedenfalls im Verhör.

Fragwürdiger Oberst

Über Karner und eine namhafte Wiener Anwaltskanzlei will sie 2014 für die Erste Bank tätig gewesen sein. Dabei soll es um Ungereimtheiten bei einer Rumänien-Tochter und die Veruntreuung von Geldern innerhalb der Bank in Richtung Monaco gegangen sein. Und über einen gekündigten Erste-Bank-Mitarbeiter, der diese verklagte, soll sie Material beschafft haben. Außerdem soll die Wiener Beratungsfirma S. von Manfred R. ein weiterer Auftraggeber von NIna gewesen sein.

Brisante Aussage

Indes läuft gegen die Agentin in Deutschland ein zweites Ermittlungsverfahren. Im Zuge einer Rechtshilfe für die Wiener Korruptionsstaatsanwaltschaft wurde Nina kürzlich in Berlin von Beamten des Wiener Bundesamtes für Korruptionsbekämpfung (BAK) als Beschuldigte einvernommen. Im Mittelpunkt: ihre Kontakte zu einem Chefinspektor des Wiener Bundesamtes für Verfassungsschutz (BVT), den sie seit gut 20 Jahren kennt.

Er soll laut Aktenlage "circa 90.000 Euro" von der Privatagentin für Informationen erhalten haben. Ursprünglich war von rund 30.000 Euro die Rede. Der Verdacht: Missbrauch der Amtsgewalt und Bestechlichkeit. Das geht aus gemeinsamen Recherchen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und des KURIER hervor.

Aus dem Umfeld des BVT-Beamten heißt es hingegen: "Das ist alles völliger Blödsinn. Er hat weder Geld genommen noch Informationen für Geld weitergegeben. Er hat den Boden der Legalität nie verlassen. Hier wird mit falschen Anschuldigungen eine Karriere zerstört."

Quelle "Bertram"

So stellt sich die Frage, warum die Agentin zuletzt nur diesen BVT-Mann belastet, obwohl sie auch andere Kontakte hatte. So behauptet sie, dass sie ihm über die Jahre (je Fall) 2000 Euro bis 5000 Euro zahlte. Er soll dafür mit einer Computersoftware Schaubilder und Organigramme mit verdächtigen Personen und Firmengeflechten erstellt haben.

Codename Marzipanschwein

"Ich habe das Geld meist im Frühstücksraum im Wiener Hotel Kärntnerhof in einem Briefkuvert übergeben und habe im Gegenzug eine Rolle mit den Charts bekommen", behauptete Nina bei der Einvernahme. Außerdem soll er Zeitungsartikel und Handelsregisterauszüge geliefert haben. Im Mittelpunkt standen oft Russen und Ukrainer. Dazu zählten Arkadi Gaidamak, Alexey Kuzovkin und Mykola Martynenko sowie Oleg Smirnow. Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen. In einem Fall soll es um einen ukrainischen-amerikanischen Investor gegangen sein, dem Nina den Spitznamen "Marzipanschwein" gab.

Sprudelnde Quelle

Doch sie ruderte mitunter zurück. Die Namen für die Schaubilder habe sie selbst dem BVT-Beamten geliefert. "Er hat oft gesagt, dass er an geheime Informationen überhaupt nicht herankomme", räumte sie später ein. In zwei Fällen soll sie um Auskünfte über Fahrzeughalter gebeten haben – angeblich ohne Erfolg. Indes dürfte die Privatagentin vom Verfassungsschutz bzw. seiner Vorläuferorganisation eine Zeit lang als "sprudelnde Quelle" geführt worden sein. Der angebliche Deckname: "Bertram".

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