Verdacht: Privatagentin soll Spitzen-Beamte bestochen haben

Deutsche Privatagentin war desöftern in Wien und erhielt Großaufträge von diversen heimischen Konzernen
Dubiose Beraterin soll nicht nur für Firtasch gearbeitet haben, sondern auch für österreichische Konzerne.

In der Korruptionsaffäre um die deutsche Unternehmensberaterin Christina W., deren Dienste auch der in Wien lebende ukrainische Oligarch Dmitry Firtasch in Anspruch genommen haben soll, überschlagen sich die Ereignisse. Die "Privatagentin" W. steht nicht nur im Verdacht, zwei deutsche Kripo-Ermittler im Zusammenhang mit der Causa Firtasch bestochen zu haben.

Wie berichtet, wurden Christina W. sowie ein Beamter des Landeskriminalamts (LKA) Mecklenburg-Vorpommern und dessen Ehefrau vergangene Woche verhaftet. Gegen einen Ex-LKA-Mann wird ebenfalls ermittelt. Er befindet sich aber wieder auf freiem Fuß. Der Vorwurf: Amtsmissbrauch und Bestechung. Dem Vernehmen nach werden die Vorwürfe bestritten.

Das Duo soll bei den US-Ermittlungsbehörden zugunsten von Firtasch interveniert haben. Gegen Firtasch ist in den USA ein Korruptionsverfahren anhängig, Österreich hat seine Auslieferung aber abgelehnt. Der milliardenschwere Ukrainer wurde gegen 125 Millionen Euro Kaution auf freien Fuß gesetzt. In der deutschen Causa ist Firtasch nur Zeuge.

Wie gut informierte Quellen dem KURIER berichteten, soll die Privatagentin W. nicht nur beste Drähte ins Wiener Innenministerium haben, sondern dort seit etwa 20 Jahren auch ein- und ausgehen. Mehr noch: Sie soll angeblich an zumindest drei Beamte Zahlungen zwischen 27.500 und 30.000 Euro geleistet haben – insgesamt geht es um 91.500 Euro in den Jahren 2008 bis 2011. Im Akt werden diese als "Quelle H.B.", "Quelle B.H." und "Quelle P." genannt.

"Möglicherweise handelt es sich hierbei auch um österreichische Amtsträger", heißt es dazu im Hausdurchsuchungsbefehl rund um Christine W. Dem KURIER sind die vollen Namen eines aktiven und eines ehemaligen Beamten des Verfassungsschutzes bekannt, aber auch der Name eines weiteren hochrangigen Beamten des Innenministeriums. Ob sich diese Verdachtsmomente auch erhärten lassen, muss nun die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft klären.

Stasi: "IM Nina"

Indes ist Christine W., die sich "Nina" nennt, offenbar erst durch Ermittlungen der Steuerfahndung Berlin aufgeflogen. Sie soll für Zahlungen an "geheime Quellen" keine ordentlichen Rechnungen, sondern nur fragwürdige Eigenbelege vorgelegt haben. Rund 200.000 Euro soll sie an die zwei deutschen Polizisten gezahlt haben.

Aber auch eine weitere breite Spur führt nach Österreich: Die Beraterin, die zu DDR-Zeiten Inoffizielle Mitarbeiterin der Stasi ("IM Nina") gewesen sein soll, hat von den drei früheren Wiener Beratungsfirmen Alpha, ENP und TCN angeblich lukrative Aufträge erhalten.

Hinter diesen Firmen steckten zwei Wiener Anwälte bzw. deren Mandanten (Unternehmen). Über diese Firmen und andere Auftraggeber flossen von 2009 bis 2015 rund 1,35 Millionen Euro an "Nina". So soll sie u. a. für die OMV, einen großen österreichischen Versicherungskonzern, eine Top-Wirtschaftsprüfungskanzlei und für die Österreich-Tochter eines internationalen Sicherheitskonzerns gearbeitet und an diese Informationen verkauft haben. Entsprechende Unterlagen liegen dem KURIER vor.

Gegenüber den deutschen Finanzbehörden hat "Nina" Anfang 2011 angegeben, dass sie eine Steuervorauszahlung noch nicht leisten könne, "weil sich die Zahlungstermine eines Auftraggebers (...) wesentlich verzögert hätten". In diesem Zusammenhang nannte sie offenbar selbst die OMV.

Zielgebiet Rumänien

Über die Wiener Beratungsfirma TCN soll "Nina" laut Aktenlage für die OMV tätig gewesen sein – in Sachen Rumänien. Sie lieferte angeblich nicht nur an die OMV mehr oder weniger brisante Dossiers. Die OMV hatte damals Probleme mit der rumänischen Tochter Petrom. Unter anderem war die OMV angeblich mit groß angelegten Treibstoff-Diebstählen in Rumänien konfrontiert.

"Sie wollte wahrscheinlich bei der Finanz Eindruck schinden und nannte dazu einen Kunden", sagt einer der beiden Wiener Anwälte und Auftraggeber zum KURIER. "Sie hat sich als Beraterin in Sicherheitsfragen für Ostblockländer, für die Türkei und für Brasilien angeboten." Nachsatz: "Es ist alles rechtlich korrekt abgelaufen. Was sie mit ihrem Honorar gemacht hat, ist eine andere Sache. Dass sie jetzt im Gefängnis sitzt, dafür ist sie selber schuld." Christine W. sei überhaupt nicht vertrauenswürdig gewesen. "Was sie erzählt hat, war meist Holler. Das Projekt wurde relativ schnell beendet.", fügt der Anwalt hinzu.

Die OMV will "Einzelheiten zu Geschäftsverbindungen und vermeintlichen behördlichen Ermittlungen generell nicht kommentieren".

Oligarch Firtasch unter Korruptionsverdacht

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