Die dubiose Privatagentin und ihre Wiener Kunden

Inhaftierte Privatagentin sprach bei Einvernahme auch über den Kunden OMV
Ex-Beraterin eines Firtasch-Vertrauten nannte bei Vernehmung viele Namen, Bestechungen bestreitet sie.

In die Bestechungsaffäre um die deutsche "Privatagentin" Christine W. und ihre Österreich-Connection kommt Bewegung. Wie der KURIER berichtete, soll die dubiose Unternehmensberaterin, die in U-Haft sitzt, nicht nur zwei deutsche Kripo-Beamte bestochen haben, sondern möglicherweise auch Mitarbeiter des Wiener Innenministeriums. Letztere Verdachtsmomente prüft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft in Wien.

Laut Aktenlage war die umtriebige Nachrichtenhändlerin für einen Vertrauten (Robert Shetler-Jones) des ukrainischen Oligarchen Dmitry Firtasch, für die OMV und den Versicherungskonzern Vienna Insurance Group (VIG) und andere tätig. Fakt ist: Die Dame, über die es auch eine Stasi-Akte ("IM Nina") gibt, kassierte in der Regel groß ab.

Allein im Fall OMV soll sie über eine Wiener Anwaltskanzlei 450.000 Euro erhalten haben. Sowohl bei der OMV als auch im Fall Vienna Insurance Group (VIG) ging es um die Beschaffung von "Informationen" in Rumänien, wo beide Konzerne in den vergangenen Jahren bei Tochterfirmen massive Probleme hatten. Bei der OMV-Tochter Petrom gab es angeblich groß angelegte Treibstoff-Diebstähle. In Sachen VIG soll es von örtlichen Behörden und dem Nachrichtendienst "organisierte Operationen" gegen die zwei Rumänien-Töchter BCR und Omniasig gegeben haben. Das geht jedenfalls aus Berichten der "Agentin" hervor, die dem KURIER vorliegen.

Namen genannt

Auch im deutschen Ermittlungsverfahren lichten sich die Nebel etwas. "Es gab bereits eine Vernehmung meiner Mandantin in Schwerin und dabei sind sehr viele Namen gefallen. Auch die OMV war ein Thema", sagt Christian Stünkel, Verteidiger von Christina W., zum KURIER. "Den Tatbestand der Bestechung bestreitet sie. Es ist alles noch sehr kompliziert, um es zu durchschauen. Aber sie wollte mit verschiedenen Personen Geschäfte machen. Jemand bot ihr Informationen an und sie zahlte dafür." Nachsatz: "Sie ist aber nicht durch die Welt gezogen, damit Beamte ihren Amtseid verletzen."

"Nina" hatte gute Kontakte zu vielen Polizeidienststellen, einem pensionierten ORF-Redakteur und Nachrichtenhändler sowie zu diversen Anwälten. Dazu zählt auch die Wiener Kanzlei Lansky Ganzger. Über diese kam Christina W. im Jahr 2007 angeblich zu einem Beratungsvertrag mit dem Russen Vladimir K. Der mutmaßliche Ex-KGB-Oberst und Politiker war Mitte der 2000er-Jahre ins Visier der ukrainischen, deutschen und österreichischen Justiz geraten. Laut Medienberichten waren damals 169 Millionen Dollar in Österreich und Deutschland eingefroren worden. Lansky wurde sein Anwalt.

Verbrecherorganisation?

"Zum jetzigen Zeitpunkt gilt Herr K. als Mitglied einer mächtigen ‚Verbrecherorganisation‘ in Russland und der Ukraine", schrieb die Privatagentin in einem ihrer zahlreichen Berichte Anfang 2007. Laut dem Beratungsvertrag sollte "Nina" deshalb nicht nur Kontakte zu namentlich genannten Beamten des Landeskriminalamts Bremen und München und des Bundeskriminalamts Wiesbaden herstellen, um für einen Meinungsumschwung zu sorgen, sondern auch "mit dem Leiter von Interpol Moskau, um auch in den Interpol-Akten entsprechende Korrekturen (zu Vladimir K.) vorzunehmen".

Russe war Opfer

"Vor dem Hintergrund der laufenden Korruptionsermittlungen gegen Frau W. möchte ich festhalten, dass unser Mandant selbstverständlich davon ausgehen durfte, dass Frau W. sich ausschließlich legaler Mittel bedient, falls sie in dieser Angelegenheit tatsächlich für ihn tätig wurde", teilt Anwalt Gabriel Lansky dem KURIER mit. Der Fall liege schon lange zurück. Seines Wissens sei Valdimir K. Opfer eines internationalen Betruges gewesen. Dazu gebe es ein rechtskräftiges Urteil. Ob der Beratungsvertrag in seiner Kanzlei aufgesetzt wurde, könne er, sagt Lansky, in der Kürze der Zeit nicht überprüfen. Außerdem sei die besagte deutsche Privatagentin über den russischen Mandanten zu einer Kanzlei gekommen und nicht umgekehrt.

In Österreich wurden die Geldwäsche-Ermittlungen gegen K. schnell eingestellt. Begründung: "Die Verwirklichung eines im Inland verfolgbaren strafrechtlich relevanten Tatbestandes ist nicht erweislich." Im Jahr 2010 wurde Vladimir K. wegen Betruges zulasten einer Liechtensteiner Bank angeklagt, aber laut Staatsanwaltschaft Wien freigesprochen.

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