KURIER-Jubiläum: Österreich in den Roaring Fifties

Auf dem Weg zum Staatsvertrag: Bundeskanzler Raab empfängt Außenminister Figl und StaatssekretärKreisky nach der Berliner Konferenz
Der mühsame Weg zum Staatsvertrag, der Beginn des Wirtschaftswunders und viel Optimismus.

Das Jahr, in dem der Neue KURIER gegründet wurde: Die Welt blickte auf Elvis Presley und auf Marilyn Monroes weißes Kleid, das von einem Luftzug im U-Bahnschacht hochgeweht wurde und durch die Linse des Fotografen Sam Shaw Fotogeschichte schrieb.

Und sie blickte auf das Bikini-Atoll, eine Inselgruppe im Pazifischen Ozean, wo die USA am 1. März 1954 die Wasserstoffbombe Bravo zündeten, die tausend Mal so stark war wie die Atombombe, die neun Jahre zuvor Hiroshima zerstört hatte.

KURIER-Jubiläum: Österreich in den Roaring Fifties

Die Wasserstoffbombe Bravo, tausend Mal so stark  wie Hiroshima

Die Welt befand sich mitten im Kalten Krieg. Frankreich, das soeben den Korea-Krieg verloren hatte und kurz vor dem Algerien-Krieg stand, schloss sich mit Großbritannien, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, der Bundesrepublik Deutschland und Italien zur Westeuropäischen Union zusammen – deren gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik später in der Europäischen Union aufging. Die Bundesrepublik Deutschland gewann neun Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs auch auf anderer Ebene ein neues Selbstwertgefühl: Mit dem sogenannten Wunder von Bern wurde Deutschland Fußball-Weltmeister.

Auch für Österreich war 1954, sportlich gesehen, ein gutes Jahr. Bei der Ski-WM in Norwegen holte das kleine Land ein Drittel aller Medaillen. Bei der Fußball-WM in der Schweiz wurde Österreich Dritter.

Naturkatastrophen

Begonnen hatte das Jahr 1954 denkbar bitter für Österreich. In Vorarlberg gingen zwischen dem 10. und dem 12. Jänner Lawinen nieder, bei denen 280 Menschen verschüttet und 600 Wohn- und Wirtschaftsgebäude zerstört wurden. Ihren Schwerpunkt hatte die Katastrophe im Großen Walsertal, im Montafon und im Klostertal. Auch im Bregenzerwald verloren 15 Menschen durch Lawinenabgänge ihr Leben. Insgesamt starben 125 Menschen.

Unter Wasser

Ein halbes Jahr später ereignete sich eine weitere Naturkatastrophe: Im Juli 1954 regnete es bis zu 25 Tage lang, Teile von Passau, Schärding, Ried, Linz, Pöchlarn, Melk und viele weitere Orte wurden überschwemmt. Auch Wien war stark vom Hochwasser betroffen. Der Handelskai stand durchgehend bis zu eineinhalb Meter unter Wasser. Dramatisch war die Situation auch in den Bezirken, mancherorts bestand sogar Seuchengefahr. Der am 14. Juli 1954 in Wien gemessene Höchstpegel der Donau betrug 8,61 Meter. Nach langjähriger Planung wurde 1972 mit dem Bau des Entlastungsgerinnes begonnen.

Auch auf politischer Ebene war 1954 kein leichtes Jahr: Bei der Außenministerkonferenz der Siegermächte in Berlin im Jänner war auch der österreichische Staatsvertrag Verhandlungsthema. Mit dabei war auch eine österreichische Delegation unter Außenminister Leopold Figl (ÖVP) und Staatssekretär Bruno Kreisky (SPÖ). Erstmals wurden die österreichischen Politiker als gleichberechtigte Partner bei den Verhandlungen zugelassen.

Die Gespräche waren zäh, es herrschte Kalter Krieg, der sich auch in der kommunistischen Einflussnahme in Mittel- und Osteuropa manifestierte. Österreich sollte bis zur Lösung der Deutschlandfrage besetzt bleiben. Erst der Beginn des Jahres 1955 brachte einen Durchbruch, Österreich blieb bis dahin von den Alliierten besetzt.

Wer damals in Österreich aufwuchs, war noch vom Krieg geprägt, auch wenn er ihn selbst nicht mehr erlebt hatte. Die Generation der 1954 Geborenen spürte die Nachwehen des Zweiten Weltkriegs, zugleich aber den Optimismus und den Fortschrittsglauben einer Zeit, in der man, trotz des Damoklesschwerts des Kalten Krieges, überzeugt war, dass von nun an alles immer besser werden würde. Ende der Fünfzigerjahre begannen die Österreicher zu reisen, zaghaft, meist ging es mit dem Auto ans Meer. Das Wirtschaftswunder hob die Lebensqualität drastisch an. Man wurde zum Bravsein erzogen, spielte vielleicht schon mit Barbies, trank Himbeerkracherl und Keli (erfunden 1956).

Brav war auch die österreichische Unterhaltungsindustrie: Während international der Rock ’n’ Roll seinen Durchbruch feierte, Elvis Presley und Bill Haley zum Hüftschwung einluden, blieb man bei uns vorzugsweise bei Peter Alexander, Katharina Valente und natürlich Hans Moser.

KURIER-Jubiläum: Österreich in den Roaring Fifties

Peter Alexander und Caterina Valente dominierten die österreichische Hitparade viele Jahre lang

Auf internationalen Leinwänden dominierte Hitchcock, in Österreich Heimatfilm und Komödien – man benötigte zur Filmproduktion in Österreich eine Lizenz der zuständigen Besatzungsmacht.

Die Welt hatte Grace Kelly, wir hatten Johanna Matz. Dazu Waltraud Haas, Paul Hörbiger und Josef Meinrad, der damals nicht nur die Leinwand, sondern auch die Bühne dominierte.

Literarisch war Österreich Mitte der 50er experimentierfreudiger: Es war die Zeit der Wiener Gruppe um H.C Artmann, Gerhard Rühm und Friedrich Achleitner.

Und das leibliche Wohl? Nach Engpässen bei Öl und Fleisch Anfang der 1950er, als „zwei „fleischlose“ Tage pro Woche eingeführt wurden, stieg der Nahrungsmittelkonsum kontinuierlich: Man genoss Fleisch, vor allem Schwein, Zucker und Alkohol.

Und die Produkte aus dem Schlaraffenland USA: Coca-Cola wurde zur Konkurrenz für’s Himbeerkracherl.

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