Beim zweiten Spiel, beim 5:0 gegen die Tschechoslowakei, waren Nationalelf und danach Torbergs Meinung nicht wiederzuerkennen.
„Jede Pointe saß. Die Österreicher spielten leicht und witzig und einfallsreich. Sie produzierten eine Mischung aus edelstem Burgtheaterpathos und elegantester Josefstädter Kammerkomödie. Es war jener unnachahmliche Stil, der weithin als Wiener Schule bekannt ist.“
Kritiker im Gastgeberland sahen es trotz des 5:0 anders. „Österreich hatte früher ein Wunderteam. Heute ist es ein Wunder, wenn Österreich gewinnt“, hieß es in einer Schweizer Zeitung zweckoptimistisch vor dem Viertelfinale gegen ... Österreich.
Die elf nominierten ÖFB-Teamspieler stiegen in Lausanne mit Trainer Hans Pesser in einem schönen Hotel in Stadionnähe ab. Die restlichen elf Kaderspieler mussten in einer abgewohnten Bleibe nächtigen. Zumal lang vor Anpfiff ihre Zuschauerrolle feststand. Spielerwechsel waren zu dieser Zeit untersagt. Selbst der Tormann durfte nicht ausgetauscht werden. Selbst wenn dieser noch so groggy war wie bei 35 Krügel im Schatten Viennas Goalie Kurt Schmied.
Fernsehen kannte man in Österreich im Sommer ’54 nicht. Und so bildeten sich in Schwimmbädern Menschentrauben rund um die Besitzer von Kofferradios, als KURIER-Sportchef Herbert Meisel für den Sender Rot-Weiß-Rot 90 Minuten lang mit Puls 180 die Hitzeschlacht von Lausanne kommentierte.
Schmied taumelte, von einem Sonnenstich gezeichnet, hin und her. Während Masseur Pepi Ulrich hinterm Netz soufflierte. „Achtung, Schuss von links. Pass auf Kurtl, Flanke von rechts.“ Auch den Endstand bekam Schmid erst durch den Masseur mit. 7:5 für Österreich. Und das, obwohl die Schweiz schon 3:0 geführt hatte.
Schmied, im Hauptberuf Spitalsbediensteter, war selbst krankenhausreif. Fiel fürs Halbfinale aus. Worauf prompt Rapid-Tormann Zeman zum Sündenbock für das 1:6 gegen den späteren Weltmeister Deutschland gestempelt wurde. Was nicht ganz gerecht war, fielen doch zwei deutsche Tore aus Elfmetern und drei aus Kopfbällen, bei denen auch Zemans Vorderleute nicht im Bilde waren.
Im kleinen Finale gelang mit dem 3:1 gegen Ex-Weltmeister Uruguay die Versöhnung. Schmied stand wieder im Tor, Gerhard Hanappi fand wieder zur Normalform, Ernst Ocwirk gelang wieder einmal ein Weitschusstor, Karl Koller rannte wieder wie auf’zogen. Und Theodor „Turl“ Wagner war wie gegen die Tschechoslowakei und die Schweiz der Allerbeste.
Dennoch stand der bescheidene Wagner meist im medialen Schatten. Vielleicht, weil er als treuer Meidlinger lange Zeit „nur“ für Wacker spielte, im Gegensatz zum Ex-Wackerianer Hanappi nie zu Rapid wechselte.
Erst zig Jahre nach Karriereende ließ sich Wagner zu regelmäßigen Besuchen in Hütteldorf überreden. Erst im hohen Alter wurden Wagner und Alfred Körner Freunde, als Letzterer jeden Freitag zum Legendentreff in sein Kammerl im Hanappi-Stadion einlud. Und x-Mal erzählt wurde, wie das gewesen war im trefferreichsten Spiel der WM-Geschichte, als Wagner drei und Alfred Körner zwei Mal gegen die Schweiz getroffen hatten.
Beide wurden 93. Beide sind heuer im Jänner fast zeitgleich verstorben.
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