Der Winter teilt Österreich
Die Schule bricht nicht zusammen, es war eine Vorsichtsmaßnahme.“ Diesen Satz wiederholte Spittals Bürgermeister Gerhard Pirih, SPÖ, Dienstag Dutzende Male: Einen Meter sackte das Dach der Volksschule West unter der Schneelast ab, Balken gaben nach und brachen. Das Gebäude wurde geräumt, 200 Schüler wurden in den Stadtsaal gebracht. Das Dach wurde abgeschaufelt und repariert.
Oberkärnten kämpft nach wie vor mit den Folgen des heftigen Wintereinbruchs. Bis Dienstagnachmittag waren immer noch 1500 Haushalte ohne Strom, bis zum Abend, so hofften die Mitarbeiter des Energieversorgers KELAG, sollten die meisten Schäden behoben sein. Aus Reisach im Gailtal wurde aber eine 92-Jährige ausgeflogen: Sie hatte seit Donnerstag keinen Strom. Viele Straßen bleiben wegen Lawinengefahr oder umgestürzter Bäume zu, das Lesachtal ist für Notfälle von Osttirol aus erreichbar.
Dort wiederum entspannte sich die Lage, das Bundesheer konnte vier Hubschrauber für Erkundungsflüge zur Lawinensituation verlegen, es gilt Warnstufe 3. In der Steiermark wurde heftig daran gearbeitet, alle Haushalte wieder an das Stromnetz anzuschließen: Bis Dienstagmittag waren noch 2000 betroffen. 5000 Feuerwehrkräfte rückten seit dem Wochenende 2000-mal wegen umgestürzter Bäume und abgerutschter Kfz aus. Eine Warnung vor Waldspaziergängen kam vom Land: „Die Gefahr ist in Wald und Parkanlagen gigantisch groß“, riet Landesrat Hans Seitinger, ÖVP, von Ausflügen ab.
In Slowenien waren am Dienstag noch immer 50.000 Haushalte ohne Strom. Vor allem den Südwesten des Landes hat es schlimm getroffen. Zahlreiche Strommasten sind umgekippt, Leitungen waren faustdick mit Eis umgeben, das Bahnnetz ist zusammengebrochen. Mittlerweile konnte ein Teil der Stromversorgung wiederhergestellt werden.
Wie berichtet, waren Montagfrüh 120 Feuerwehrleute aus Niederösterreich für einen Hilfseinsatz nach Slowenien aufgebrochen. 14 Tage soll der Einsatz dauern, alle drei Tage sollen die Einsatzkräfte abgelöst werden. Mehr dazu lesen Sie unter Feuerwehren im eisigen Einsatz
Bilder: Südösterreich versinkt im Schnee
Dienstagmittag: Sonnenschein im ganzen Land Salzburg. Im Tal ist es bis zu fünf Grad warm, am Berg liegen die Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt.
Vom Adriatief, das den Süden Österreichs ins Schneechaos gestürzt hat, ist hier nichts zu spüren. „Am Wochenende hat es einen halben Meter geschneit, das hat uns einen Schub nach vorn gegeben. Für die Schneekanonen ist es nämlich zu warm“, sagt Bartl Gensbichler, Präsident des Landesskiverbands, aus Saalbach-Hinterglemm. Auf den Nordhängen seien die Pistenverhältnisse optimal, der Süden werde fast nur vormittags frequentiert. Überhaupt zahle sich das Frühaufstehen aus, weiß Gensbichler: „Da ist der Schnee am besten. Die Pisten sind zwar gut präpariert, aber je wärmer es im Laufe des Tages wird, desto weicher werden sie.“
Auslastung: 95 Prozent
Liftbetreiber wie Hoteliers des Landes sind hochzufrieden: Die Auslastung der Hotels liegt in Obertauern und Flachau bei etwa 95, in Saalbach-Hinterglemm bei knapp 90 Prozent. Und das, obwohl das „Winterfeeling“ in Österreich bisher stark zu wünschen übrig gelassen habe, sagt Wolfgang Breitfuß vom Tourismusverband Saalbach-Hinterglemm. „Wenn es so frühlingshaft ist, denkt keiner ans Skifahren. Zum Glück hat es vergangene Woche geschneit, da haben viele noch kurzfristig gebucht.“
Diese Woche sind in Wien und Niederösterreich Semesterferien – dementsprechend groß sei derzeit der Andrang aus dem Osten. Saalbach ist nach Bad Hofgastein laut Nächtigungsstatistik das beliebteste Skigebiet der Österreicher. 255.000 Nächtigungen inländischer Urlauber verzeichnete das Pinzgauer Ski-Mekka in der Saison 2012/’13. Internationale Touristen präferieren übrigens Sölden, Tirol, mit insgesamt 1,9 Millionen Nächtigungen – wieder dicht gefolgt von Saalbach-Hinterglemm.
Ambulanzen am Limit
Das weiße Vergnügen bei Sonnenschein und frühlingshaften Temperaturen hat auch Schattenseiten: Je weicher der Schnee, desto höher das Verletzungsrisiko, sagt Arzt Karl Schnell, der eine Praxis in Saalbach-Hinterglemm hat. „Bei weichem Schnee gibt es vermehrt Bänderrisse und Knieverletzungen, wenn der Ski verkantet. Zu Jahresbeginn hat es wenig Schnee gegeben, die Pisten waren hart. Da waren es hauptsächlich Knochenbrüche und Gehirnerschütterungen“, erklärt er.
Die Ferienzeit bringt die Unfallambulanzen der Tourismusregionen ans Limit. Beispiel Krankenhaus Zell am See: Zwischen 70 und 150 Verletzte durch Skiunfälle behandeln Heinrich Thöni und sein vierköpfiges Ärzteteam an Spitzentagen. Dazu kommen etwa 50 Betten auf der Unfallstation. „Wir sind ein routiniertes Team und bringen solche Spitzen gut über die Bühne. Jedes Jahr steigert sich die Frequenz. Bald stoßen wir an unsere Grenzen“. Er selbst fahre nicht Ski. Zu gefährlich? „Nein, zu wenig Zeit“, sagt er schmunzelnd.
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