Mutmaßlicher Betrug mit Cannabis: "Das ist wie bei Wirecard"
In der Causa um die Klagenfurter Cannabis-Investmentfirma My First Plant (MFP) könnte es um einen Schaden von über vier Millionen Euro gehen - oder sogar noch weit mehr. Und damit noch nicht genug, gibt es Querverbindungen zu einem noch größeren Betrugsfall, in dem es bereits zwei Verhaftungen im Auftrag der WKStA gab.
MFP bietet seinen Kunden (oder Opfern?) an, ihr Geld in legalem CBD-Hanf anzulegen. Der Investor bezahlt für die Pflanze und den Anbau, die Firma pflanzt an und sorgt für den anschließenden Verkauf, etwa an die Kosmetikbranche. Als "beste Erfindung seit der Gießkanne" wurde das System beworben. Während österreichische Institutionen schwiegen, warnte die deutsche Stiftung Warentest hingegen schon im Vorfeld massiv vor einem Investment.
100.000 Cannabis-Pflanzen verkauft?
Allein für die heurige Saison sollen 70.000 Cannabis-Stauden für über vier Millionen Euro verkauft worden sein, behauptet ein ehemaliger Mitarbeiter gegenüber dem KURIER. Dazu sollen weitere 30.000 Indoorgewächse um bis zu 900 Euro pro Stück vertrieben worden sein. Ob diese tatsächlich angebaut wurden, ist fraglich. MFP blieb bisher jeden Beweis dazu schuldig, obwohl Investoren mehrfach Fotos verlangten. Die Frage ist auch, ob es überhaupt ausreichend Abnehmer für die daraus gewonnen rund 50 Tonnen CBD-Cannabis gäbe.
„Das Verfahren zu My First Plant ist bei uns anhängig, es hat angefangen mit einer Finanzprüfung und es wurde eine Selbstanzeige gemacht“, bestätigt die Staatsanwaltschaft Klagenfurt dem KURIER. „Es gibt auch eine Anzeige einer Geschädigten aus Deutschland.“
Laut Justiz ist ein Verfahren nach § 33 Finanzstrafgesetz anhängig sowie ein Fall von Betrug nach § 146 StGB. Im Landeskriminalamt Klagenfurt sollen zwei Ermittler mit der Aufarbeitung des Falls beschäftigt sein, dem Vernehmen nach ist auch das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) involviert.
Die Beteiligten haben jedenfalls eine entsprechende Vorgeschichte. Ein wichtiger MFP-Mitarbeiter saß bereits in der Schweiz mehrere Jahre im Gefängnis - wegen Betrugs. Der Geschäftsführer von My First Plant war zuvor Prokurist bei EXW-Wallet, einer Klagenfurter Firma für Kryptowährung.
Betrugsverfahren zu Kryptowährung
Die WKStA führt in diesem Zusammenhang seit August des letzten Jahres ein Ermittlungsverfahren gegen fünfzehn Beschuldigte wegen Anlagebetruges. Ermittelt wird wegen des Verdachts des gewerbsmäßig schweren Betruges, der Geldwäscherei sowie des Ketten- bzw Pyramidenspieles durch EXW.
"Ich kann bestätigen, dass sich eine Person in diesem Verfahren in Untersuchungshaft befindet. Vor Kurzem wurde ein weitere Person festgenommen", sagt WKStA-Sprecher Rene Ruprecht.
Angaben zur Schadenshöhe oder Zahl der (fast ausschließlich österreichischen) Opfer will Ruprecht nicht machen, die WKStA ermittelt aber nur bei einem Mindestschaden von fünf Millionen Euro.
My First Plant hat bisher mehrere Anfragen des KURIER unbeantwortet gelassen. In einer Telegram-Chatgruppe für Investoren lässt sich der Geschäftsführer seit Längerem von seiner Lebensgefährtin - der Tochter eines bekannten Künstlers - vertreten. Er sei krank, heißt es.
Lamborghini und Reiterhof?
Kürzlich gab es ein erstes Lebenszeichen nach drei Monaten. In einem Video erklärte A., dass 25.000 Pflanzen (von denen es keine Fotos gibt) angeschafft wurden. Während es anderswo bereits die erste Hanf-Ernte gab, habe MFP angeblich wegen schlechten Wetters seit März noch nicht einmal auspflanzen können. Außerdem, so wird behauptet, habe jemand heimlich Mais auf dem gepachteten Feld angebaut. Und: Die Medien würden die Unwahrheit schreiben.
Firmen-Insider berichten jedenfalls von einem Luxusleben der Beteiligten - von Lamborghinis und dem Ankauf eines Reiterhofes um fünf Millionen Euro ist die Rede. "Das ist wie bei Wirecard", meint ein ehemaliger Mitarbeiter, die Pflanzen gebe es gar nicht. Obwohl es seit März bereits über hundert Anzeigen geben soll - allein ein Opfer spricht gegenüber dem KURIER von einer Summe im fünfstelligen Bereich -, spricht die zuständige Staatsanwaltschaft Klagenfurt von gerade einmal 125 Euro Schaden. Mehrere Investoren berichten hingegen von mangelndem Interesse der österreichischen Behörden an dem Fall.
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