Millionenbetrug mit Cannabispflanzen? Kärntner Kripo ermittelt

Der Cannabismarkt boomt gewaltig. Österreichs Fahnder melden Rekordwerte bei Funden von Haschisch oder illegalen Hanfplantagen. Dazu ist der nicht berauschende und deshalb legale Cannabis-Wirkstoff CBD ein Trendprodukt für Kosmetika und als Einschlafhilfe geworden. Da immer mehr Länder - von Deutschland über Marokko bis Thailand - das verbotene Kraut generell legalisieren (wolllen), möchten viele Menschen am großen Geschäft mitmischen.
Während sich die Aktien großer Cannabisfirmen längst im Keller befinden, wachsen dubiose Investitionsmodelle in den Himmel. Eines davon nennt sich E-Growing und dürfte nun in Österreich ein gigantischer Kriminalfall mit möglicherweise über 30.000 Opfern werden. Die Kunden erhalten offenbar seit vergangenen Dezember keinen Cent mehr ausbezahlt, von den versprochenen Traumrenditen von rund 45 Prozent ist ohnehin keine Spur mehr.
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Die Kärntner Firma bietet (legale) CBD-Cannabispflanzen an, die Investoren finanzieren die Miete für Hallen oder Felder beziehungsweise Wärmelampen und Wasser - ein Gewächs kostet bis zu 2000 Euro. Eine Hanfpflanze wirft rund 500 Gramm Ertrag ab, die auf dem Großmarkt vielleicht 400 Euro wert sind, Vertriebskosten und Steuern schmälern den Gewinn weiter. Dennoch berichteten zahlreiche Kärntner Medien seit Monaten sehr wohlwollend. Ein Blogger formulierte es hingegen so: "Man muss schon ziemlich bekifft sein, um in so etwas zu investieren."
Vergangenen Herbst wies die deutsche Stiftung Warentest auf das dubiose Geschäftsmodell hin. In Deutschland gebe es einen identischen Fall, der sich als riesiges Pyramidenspiel entpuppte - aktuell ist von einem Schaden in dreistelliger Millionenhöhe die Rede.
Doch von der Finanzmarktaufsicht über die Polizei bis zum Verein für Konsumenten-Information fühlte sich im Frühjahr (noch) niemand zuständig für das Unternehmen an feinster Klagenfurter Adresse.
Mitte März berichtete der KURIER erstmals über das fragwürdige Modell, seither ging es Schlag auf Schlag. Firmenchef Mario A. kündigte Auszahlungen für Ende März an, im April dann den Verkauf des Unternehmens an einen Investor. Seit beides geplatzt ist, herrscht Funkstille. Manche Pflanzenbesitzer befürchten sogar, A. sei untergetaucht. Eine KURIER-Anfrage blieb jedenfalls unbeantwortet.
"Wir können bestätigen, dass es dazu Ermittlungen seitens des Landeskriminalamtes gibt", sagt der Kärntner Polizei-Chefinspektor Mario Nemetz. "Zum Inhalt werden derzeit, um einen Ermittlungserfolg nicht zu gefährden, keinerlei weitere Auskünfte erteilt. Auch ist zum jetzigen Zeitpunkt kein definitives Ende der Ermittlungen absehbar."
MyFirstPlant sprach im März von 34.000 registrierten Kunden, wobei mittlerweile eine weitere Verkaufswelle von weiteren 20.000 Pflanzen gegeben haben soll. Das wird dem Vernehmen nach ebenso Teil der Ermittlungen sein wie ob die angeblichen Plantagen im Lavandtal und der Schweiz tatsächlich betrieben werden. Kunden soll es jedenfalls nicht nur in Österreich geben, sondern etwa auch in Frankreich, Deutschland oder sogar Vietnam.
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