Nach Mord in Wien: Die Netzwerke der Drogenmafia in Österreich
Es soll ein Schlachtfeld gewesen sein, auf das Polizisten am Mittwochnachmittag stießen. In einer Wohnung in Ottakring fanden sie die sterblichen Überreste eines Mannes. Dem Opfer sollen mehrere Körperteile abgetrennt worden sein, unter anderem waren die Finger des Mannes abgehackt.
Laut "Krone" soll die Leiche in der Duschwanne im Nebenzimmer einer Hanfplantage gefunden worden sein. Neben ihm soll "eine Art Foltersessel" gestanden sein.
Ein Mord, der an Hinrichtungen im Balkan-Stil erinnert. Und es ist nicht der erste, der in Österreich in dieser Grausamkeit passiert ist.
Der Balkan gilt für die Ermittler in Österreich als Hotspot - der KURIER berichtete in der Vergangenheit mehrfach. In den Fokus der Öffentlichkeit gerieten Clans aus der Balkanregion vor allem durch Verbrechen der sogenannten Pink-Panther-Bande.
Brutale Blitzüberfälle auf Juweliere
Die Kriminellen, die in erster Linie aus Serbien und Montenegro stammten, machten ihr Geschäft vor allem mit brutalen Blitzüberfälle auf Juweliere, ihr Spezialgebiet. Es handelt sich dabei um eine weltweit tätige Gruppe, die der Organisierten Kriminalität zugerechnet wurde. Bis zum Jahr 2013 sollen rund 150 Überfälle auf das Konto der 150-köpfigen Gruppe gehen. Sie erbeuteten Schmuck im Wert von mehreren hundert Millionen Euro. Seit 2015 ist es ruhig um die Banden geworden.
80 Auftragsmorde
Ungebrochen ist hingegen das kriminelle Treiben bei Clan-Fehden. „Wir haben seit 2014 rund 80 Auftragsmorde in Österreich, Spanien, Deutschland, der Schweiz. Ausgehend von Clan-Kriegen am Balkan“, erklärte Holzer in einem KURIER-Interview. Als Hochburg der Clans gilt die Hafenstadt Kotor in Montenegro.
Wie sehr sich die Clan-Kämpfe auch bis nach Europa ausbreiteten, zeigte ein brutaler Mafia-Mord mitten in der Wiener Innenstadt im Dezember 2018. Gegen 13.30 Uhr fielen damals Schüsse am Lugeck, zwei Männer sackten in sich zusammen. Einer verstarb noch an Ort und Stelle, der zweite überlebte.
Eine Massenpanik brach aus, Passanten hielten die Schüsse für einen Terroranschlag.
Der Tote, der 32-jährige Vladimir Roganovic, soll Mitglied des montenegrinischen Kovacian-Clan gewesen sein. Der Mafia-Clan stammt aus der Küstenstadt Kotor – genauso wie der verfeindete Skaljarski-Clan. Seit dem Diebstahl von 200 Kilogramm Kokain im Jahr 2014 tobt zwischen ihnen ein Krieg, der bereits mehr als 40 Tote gefordert hat.
Mord aus Rache
Bei der Bluttat dürfte es sich um eine Rachaektion gehandelt haben. Kurz zuvor war der Kopf des Kovacian-Clans in Prag festgenommen worden.
Der Auslöser der Rivalität der Mafia am Balkan ist laut Andreas Holzer, Direktor im Bundeskriminalamt, der Drogenhandel, besonders jener mit Kokain. Im vergangenen Jahr sorgte der Fall "Dexter" für viel Aufsehen. Daria D. alias der "Pate" stand im September 2023 wegen Drogengeschäften vor Gericht.
Der Serbe Dario D. soll weit oben in der Hackordnung des montenegrinischen Kovacian-Clans stehen. Ihm wurde Drogenhandel im großen Stil in Wien vorgeworfen: Es ging um 500 Kilogramm Kokain und Heroin.
Mit dem Lkw wurden die Drogen aus den Niederlanden nach Österreich gebracht, hier in Bunkerwohnungen gelagert. Es ging jedoch bei weitem nicht nur um Suchtmittel: Unweit von Belgrad fanden Ermittler einen Folterkeller inklusive eines industriellen Fleischwolfs, auf dem sich DNA-Spuren von zahlreichen Personen fanden.
Der Fall zeigte eindrücklich, wie die Drogenmafia agiert: mit straffen Hierarchien, beinharten Revierkämpfen und einem Regime der Angst. Wer den Mund aufmacht, muss um sein Leben fürchten.
Vielleicht war auch das ein Grund, warum jener Mann in der Wohnung in Ottakring erstochen wurde. Details und Hintergründe, warum der Mann sterben musste, sind derzeit nicht jedenfalls noch nicht bekannt. Auch wer der Tote ist, steht noch nicht fest.
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