Mobilität in Salzburg: Nur die FPÖ ist gegen die Verkehrswende
Die Plattform Lebendiges Salzburg hat zu einer "Öffentlichen Verkehrsdiskussion" im Vorfeld der Gemeinderatswahl in Salzburg am 10. März geladen. Wer angesichts der vielen Diskussionen rund um den Verkehr in Salzburg eine konfliktreiche Debatte erwartet hat, wurde "enttäuscht".
Denn offenbar trifft der Slogan der Verkehrs-Marketing-Experten zu, die auf den Bussen "Salzburg Verkehr verbindet" affichiert haben. Offen bleibt, warum bei all dieser im Wahlkampf zur Schau gestellten Einigkeit viele Fragen ungelöst sind. Aber das ändert sich vielleicht nach der Wahl - selbst das Publikum bei der Podiumsdiskussion in der Arge Kultur ist geneigt, daran zu glauben. Aber dazu später.
Den Einstieg lieferte die Verkehrsexpertin Lina Mosshammer vom Verein Mobilität mit Zukunft (VCÖ) und Mitglied des Netzwerks "women in mobility". Die künftige Salzburgerin zeigte auf, dass dem Auto zu viel und dem Menschen zu wenig Platz in Städten eingeräumt werde. Abzulesen am "Happyness-Index" - in Städten mit weniger Platz für Autos sind Menschen glücklicher, lässt sich an diesem Index ablesen.
Was auch wissenschaftlich nachgewiesen ist: Weniger Autos führen zu mehr sozialen Kontakten von Kindern, zu mehr Sicherheit und es stärkt die lokale Wirtschaft.
Bestes Beispiel: Die Mariahilferstraße in Wien, die vom Untergang der Wirtschaft zum Vorzeigebeispiel ebendieser wurde. Und noch eine Größenordnung lieferte die Expertin: "Von 1990 bis 2019 wurde die Fläche Wiens allein für Straßen versiegelt."
Die Initiative "Platz für Salzburg", die die Mönchsberggarage über eine Bürgerinitiative verhindert hat, hat 13 Fragen für die sieben Bürgermeisterkandidaten vorbereitet. Die Übereinstimmung war groß.
Auf die Frage, soll Salzburg weg von einer Förderung für alle Verkehrsmittel hin zur absoluten Priorisierung des Umweltverbundes (Öffi, Fußgänger, Rad) mit dem Ziel einer Reduktion des Autoverkehrs waren sich Florian Kreibich (ÖVP), Bernhard Auinger (SPÖ), Anna Schiester (Grüne Bürgerliste), Kay-Michael Dankl (KPÖ plus), Lukas Rupsch (Neos) und Christoph Ferch (Liste Salz) einig: Ja, das muss sein.
Paul Dürnberger, FPÖ, hielt naturgemäß dagegen. Wobei selbst er einräumte, dass die Zeit, die Menschen im Auto fahren, reduziert werden solle: "Aber wir wollen alle fördern, auch die Autofahrer."
Noch ein wenig ambivalent zeigte sich Christoph Ferch, wichtig sei ein konkurrenzfähiges Angebot, damit richtigerweise der motorisierte Individualverkehr reduziert werden könne. Für den Öffi-Ausbau trat auch Rupsch ein, der Autos noch so lange dulden will, bis das alternative Angebot entsprechend vorhanden sei.
Schiester pochte auf die Formulierung eines verbindlichen Zieles, auch ihr gehe es nicht darum, Autos zu verbieten, sondern anstelle der Autos Platz für anderes zu schaffen. "Dass jetzt alle dazu ja sagen, ist schön, aber wir brauchen den Platz." Und der könne nur von den Autos kommen.
Mobilität als soziale Frage
KPÖ-Chef Dankl ist selbst mit dem Fahrrad gekommen. Auch er weiß trotz aller Bekenntnisse, dass es "mit der Gleichstellung schnell vorbei" sei, auch wenn es um die Abkehr von der Autozentriertheit geht. Mobilität sei jedenfalls auch eine soziale Frage und müsse deshalb zentral gesehen werden.
SPÖ-Chef Auinger weiß auch, dass "im Wahlkampf die Ideen nur so sprudeln", entscheidend sei, festzulegen, was in den kommenden fünf Jahren zu schaffen sei. "Wir müssen die Autos reduzieren, das wird ohne Einschränkungen nicht gehen. Und wir müssen einmal alle Stadtteile in Salzburg gut öffentlich anbinden."
Und auch ÖVP-Kandidat Kreibich trat für die Verkehrswende ein: "Im Zweifel ist mir ein Baum lieber als ein Parkplatz." Neue, bessere Öffis, eine Begegnungszone am Kajetanplatz kann er sich vorstellen: "Es muss die Verkehrswende geben. Wir wollen nicht die Stauhauptstadt Österreichs sein."
Auch bei den weiteren Fragen gab es meist hohe Übereinstimmung:
- Für Busbeschleunigungsprogramme wollen sich alle Fraktionen einsetzen
- Nur die FPÖ will die Oberfläche nicht zugunsten von Radlern, Fußgängern und Öffis neu verteilen, wenn der S-Link (der in der Diskussion gänzlich ausgespart wurde) tatsächlich gebaut wird.
- Kontroversieller war Tempo 30 flächendeckend: Dafür sind KPÖ, Grüne, Neos und Ferch, die ganz große Koalition von ÖVP, SPÖ und FPÖ will das nicht.
- Auf den Radwegebau dürfte ein Geldregen nach der Wahl niedergehen: Die Kandidaten sprachen sich für ein zusätzliches Budget von 40 Millionen Euro aus, um bis 2023 einen Radanteil von 35 Prozent zu erreichen. Selbst FPÖ-Kandidat Dürnberger zeigte sich dem gegenüber zumindest aufgeschlossen. Dafür müsse es aber mehr Personal und verbesserte Planungsstrukturen geben, forderte Schiester, Auinger und Ferch könnten sich dafür ein "Zukunftsressort" vorstellen.
- Für höhere Parkgebühren für SUVs - nach Pariser Vorbild - gibt es in Salzburg keine Mehrheit, das können sich nur Schiester und Dankl vorstellen. Und letzterer nur deshalb, weil er gerne die Sozialdebatte führen würde, dass jene, die weniger verdienen, auch nicht von den fossilen Förderungen profitieren.
- Sonderapplaus für die Salzburger Stadtpolitik gab es bei der Frage nach der Einführung von Sharing-Modellen für Autos, Leihrädern, Leih-Lastenrädern und öffentlichen Rufbussen, denn auch dafür plädierten alle auf dem Podium.
- Einen autofreien Mozartplatz sieht Grünen-Kandidatin Schiester kommen: Denn ebenfalls einstimmig soll der Parkplatz Basteigasse für Anwohner freigehalten werden, um Innenstadtplätze autofrei zu bekommen.
- Das Neutor für den Durchzugsverkehr während des Festspielumbaus sperren, kann sich nur die FPÖ nicht vorstellen, für Ferch ist die Frage offen.
- Offen ist auch, warum die Frage nach den Touristenbussen nicht wirklich geklärt ist. Denn alle (mit Ausnahme von Ferch, der sich hier enthält) fordern, dass Tages-Tourisenbusse nicht mehr in die Stadt einfahren dürfen. Ferch erntete in dieser Frage Kopfschütteln, weil er eine Buszufahrt durch den Kapuzinerberg ins Spiel brachte.
- Auch beim Verkehrsleitsystem sind sich die Fraktionen (mit Ausnahme Ferchs) einig: Ja, wir wollen Tagestouristen auf Parkplätze am Stadtrand lenken. Auinger und Kreibich tragen in diesem Zusammenhang für Gratis-Öffi-Tickets in den Tourismusgemeinden ein, um die Tagespendler bei Schlechtwetter ohne Autos nach Salzburg zu bringen. Schiester will den Touristen am Stadtrand Gratis-Parkplätze samt Öffi-Tickets anbieten, Dankl will das "Fahrradleihnetz über die Stadt hinaus, das in der Schublade liegt", umgesetzt wissen.
Schlussendlich ließ sich sogar der FPÖ-Kandidat bei der Frage nach Maßnahmen zur Verkehrswende statt dem kategorischen Nein, das er eingangs sofort zur Hand hatte, ein "Ja, aber" abringen.
Unterschiedlich der Zugang, ob die Kandidatin oder die Kandidaten sich um das "Verkehrsressort reißen" würden: Ja sagen Schiester, Kreibich und Ferch, die anderen Nein. Aber mehr deshalb, weil sie ihre Stärken in anderen Ressorts sehen.
Abschließend wurde das Publikum gefragt, ob nach der Diskussionsrunde ein besseres Gefühl herrsche. Ein eindeutiges Ja war die Antwort. Bleibt die Frage: Wie viel von den Antworten ist dem Schielen auf die Wählergunst geschuldet, wie viel tatsächlich ernsthaftes Bestreben. Diese Antwort gibt es erst nach Ablauf dieser Periode.
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