KPÖ-Mann Dankl: "ÖVP ist am besten Weg, den S-LINK zu versenken"
Kay-Michael Dankl tritt für die KPÖ als Bürgermeisterkandidat in Salzburg an. Derzeit sitzt er als einziger Vertreter seiner Partei im Gemeinderat, Umfragen geben ihm allerdings gute Chancen.
KURIER: Sind Sie nach dem Papa-Monat schon wieder in der Politik angekommen?
Kay-Michael Dankl: Ja. Es war auch im Papa-Monat nicht weniger los, man ist den ganzen Tag beschäftigt mit Windelwechseln, Aufräumen, Kochen, Kuchenbacken. In den Nachtstunden habe ich die eine oder andere e-Mail bearbeitet.
Gibt es trotz Wahlkampf auch genug Zeit für Ihr Kind?
Ich werde mir die Zeit nehmen. Die ersten Monate sind so wichtig für den Aufbau einer Beziehung, das möchte ich nicht verpassen.
Die SPÖ wirft Ihnen „Baby-Kommunismus“ vor, also mit Ihrem Kind auf Stimmenfang zu gehen. Auch Ihre Wohnsituation ist Thema.
Das Interesse der großen Parteien an meinem Leben könnte mir schmeicheln. Aber es wirkt eher so, als wären sie nervös, vielleicht sind sie in Sorge vor dem Machtverlust bei der Wahl.
Alle warnen vor dem Kommunismus. Muss Salzburg Angst haben?
Graz steht auch noch, und da gibt es eine KPÖ-Bürgermeisterin. Obwohl man da mit einem riesigen ÖVP-Schuldenberg zu kämpfen hatte, baut die Stadt Graz wieder selbst Wohnungen. Die ÖVP hat als maßgebliche Partei in Stadt und Land Salzburg wohnungspolitisch eine verheerende Situation zu verantworten. Statt Angstmacherei wollen die Leute einfach Antworten – nämlich darauf, wie man die explodierenden Mieten, die steigenden Betriebs-, Heiz- und Stromkosten wieder in den Griff bekommt.
Elke Kahr, KPÖ-Bürgermeisterin von Graz, ist „Weltbürgermeisterin des Jahres 2023“. Können Sie ihr in Salzburg den Rang ablaufen?
Elke ist ein Original, die kann man nicht kopieren. Man kann aber etwas lernen. Salzburg könnte, wenn es etwa um leistbares Wohnen geht, ein stückweit Graz werden.
Wie lautet Ihr (kommunistisches) Manifest für Salzburg?
Dass bei Grundbedürfnissen wie Wohnen, Strom, Wasser und im Bildungswesen nicht die Gewinnmaximierung im Vordergrund steht, sondern eine gute, leistbare Grundversorgung für die Bevölkerung.
Braucht Salzburg eine Reform oder eine Revolution?
Es bräuchte viele Schritte, für die man nicht besonders Links sein muss, um sie gut zu finden, wie die Zweckentfremdung von Wohnraum zu stoppen. Wir haben bis zu 10.000 Wohnungen, die leer stehen oder mit denen spekuliert wird. Diese Wohnungen müssten für wohnungssuchende Salzburger Familien, Alleinstehende, aber auch für die Wohnbevölkerung geöffnet werden.
Ein Eingriff ins Eigentum?
Wir haben eine schleichende Enteignung der Mehrheit durch die teuren Wohnkosten. Da profitieren ganz wenige davon, einige Immobilienbesitzer und Spekulanten. Mittlerweile zahlen sogar die Betriebe in Salzburg drauf, weil die teuren Wohnkosten die Menschen aus der Stadt vertreiben. Die Wohnungskrise ist nicht mehr nur ein soziales Problem, sie untergräbt auch den gesamten Wirtschaftsstandort.
SPÖ-Kandidat Bernhard Auinger sagt: Sie können kein Bürgermeister für alle sein.
Ich würde das Amt des Bürgermeisters sicher anders anlegen, als das in der Vergangenheit der Fall war. Ich würde nicht bei jeder Eröffnung oder Festspielpremiere dabei sein, sondern als Erstes eine Wohnungsloseneinrichtung besuchen und mit den Menschen reden, die sonst keinen so guten Draht in die Politik haben.
Ihren Wahlkampfauftakt haben Sie in der Bessarabierstraße mit einer Menschenkette inszeniert. Sie plakatieren „Beim Wohnen am Ball bleiben“ und „Teure Mieten braucht kein Schwein“. Überschriften ohne Inhalt auch nicht.
Der Schlüssel ist der gemeinnützige Wohnbau, der auf die Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum ausgerichtet ist. Es geht darum, den bestehenden sozialen Wohnraum zu erhalten – deshalb auch der Auftakt in der Südtiroler Siedlung. Dort sind 220 gemeinnützige Wohnungen vom Abriss bedroht. Mit dem Abriss würde der Schutz, die Deckelung der Mieten durch die Gemeinnützigkeit wegfallen. Dann drohen Wuchermieten von 20, 25 Euro pro Quadratmeter. Und wir brauchen mehr gemeinnützigen Wohnbau. In Salzburg hätte die Nutzung von brachliegenden Flächen Potenzial.
Sie haben als Jugendlicher in den USA gelebt. Amerika, der Gegenpol zum kommunistischen Russland. Sind Sie dort Kommunist geworden?
So weit nicht, aber es war die Zeit von George W. Bush und dem Irak-Krieg. Da ist schon mein Interesse an Politik, Geschichte und Gesellschaft geweckt worden. Ich habe gesehen, wohin sich eine Gesellschaft entwickelt, wenn es nur ums Geld geht. In Bereichen gibt es auch in Österreich diese Tendenz. Das hat mich sensibilisiert, auch in Gerechtigkeitsfragen.
Wie gehen Marx, Lenin, Stalin und ihr Vorbild Robin Hood zusammen?
Die Marx’schen Ideen sind ein Kompass, um den Kapitalismus, das Wirtschaftswesen zu verstehen, zumindest teilweise. In Salzburg hat die KPÖ eine andere Tradition als in den autoritären Kommandowirtschaften Osteuropas. Hier war die KPÖ die größte Säule im Widerstand gegen Austrofaschismus und Nazi-Terrorregime, hatte aber auch Schattenseiten mit der unkritischen Nähe zum Ostblock. Es ist ein ambivalentes Erbe, wie bei jeder Partei. Man muss, gerade als Linker, von den Fehlern vergangener Systeme lernen. Klar ist, es geht nur demokratisch.
Was im Kommunismus passiert ist, ist also falsch?
Ja, absolut. Dass aus einer guten Idee der Befreiung der Arbeiterinnen und Arbeiter, der Idee einer klassenlosen Gesellschaft, Diktaturen gemacht wurden, ist ja eine völlige Verkehrung dessen, worum es eigentlich geht.
Führen Sie einen Klassenkampf mit den Festspielen und dem Umbau?
In Salzburg ist die Balance verloren gegangen. Die Festspiele sind wichtig für Salzburg, politisch, wirtschaftlich, auch kulturell. Man kann schon in Prestigeprojekte investieren, aber es muss auch Geld für leistbaren Wohnbau zur Verfügung sein. Da war man in den 60er-Jahren weiter, damals hat man das große Festspielhaus eröffnet und im Gegenzug Wohnanlagen in Taxham gebaut.
Würden Sie als Bürgermeister die Festspiele eröffnen?
Ja, sicher. Auf jeden Fall. Ich würde gerne mit einer Rede versuchen, das, was in der Politik zu kurz kommt, einzubringen. Die Festspiele sind ein Ort, wo auch gesellschaftlich etwas verhandelt wird.
Wie sehen Sie die Zukunft des Tourismus?
Wir dürfen nicht in Richtung Overtourismus kippen. Die Gefahr ist auf jeden Fall vorhanden, weil die Stadt keine Tourismusstrategie hat. Die Reisebusse und Tagestouristen, die mit dem Auto kommen, müssen wir an den Stadtrand verlagern, mit gut angebundenen Park&Ride-Anlagen. Langfristig müsste man sich überlegen, wie man Menschen aus der näheren Umgebung, die an einem Tag mit dem Zug anreisen können, besser ansprechen kann. So wie die Klimakrise voranschreitet, wird es auf Dauer nicht gehen, dass man ganz stark auf Touristen aus den USA und China setzt.
In Salzburg wird seit Jahren über zu viel Verkehr geklagt.
Die Verkehrskrise müsste man an der Wurzel packen, das ist die Zersiedelung. Wenn die weiter so voranschreitet, kann ich gar nicht so viele S-LINKS bauen, um das auszugleichen. Wir brauchen schönes, leistbares Wohnen in der Stadt, damit sie nicht mehr in den Speckgürtel hinausrinnt. Da zeigt sich wieder: Leistbares Wohnen ist ein Schlüsselthema, weil es auf so viele Bereiche und Politikfelder ausstrahlt.
Wie halten Sie es mit dem S-LINK?
Die ÖVP ist am besten Weg, den S-LINK zu versenken. Er kann nur kommen, wenn auch in der Stadt die Mehrheit der Menschen dahinter steht. Er macht nur Sinn mit einer anderen Wohnungs- und Raumplanungspolitik und wenn man offenlegt, was an der Oberfläche passiert.
Für Sie ist der Bund kein Thema?
Mein Platz ist in Salzburg.
Andreas Babler bezeichnet sich selbst als Marxist, seine Gegner halten ihm das vor. Macht er gute Politik?
Ideen hat die SPÖ viele gute, wie sie auch bei uns im Programm stehen. Das Problem bei der SPÖ ist, dass man ihr oft nicht glaubt, dass sie diese Ideen umsetzen und dafür kämpfen will. Bei Babler hat man das Gefühl schon, man wird sehen, wie sehr seine Partei ihn lässt.
Kay-Michael Dankl
geboren am 29. Oktober 1988 in Graz, wo die KPÖ heute die Bürgermeisterin stellt. Er ist seit 2019 Mitglied des Salzburger Gemeinderats, seit 2023 Landtagsabgeordneter für die KPÖ PLUS.
Seit 2018 arbeitet er als Kulturvermittler im Salzburg-Museum.
Ausbildung
VS Gnigl und BRG Salzburg-Akademiestraße, dann High School in Tucson, Arizona (USA)
Studium der Geschichte an der Uni Salzburg
Auslandsdienst beim Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarats in Straßburg
Studium der Politikwissenschaft an der Uni Salzburg
Zurück nach Salzburg. Ihr Wahlziel ist Bürgermeister?
Ja, und ein Sitz in der Stadtregierung. Die Umfragen stimmen zuversichtlich, auch der Zuspruch auf der Straße ist groß. Aber für einen Sitz in der Stadtregierung müssen wir uns circa versechsfachen.
Gibt es am 10. März die kommunistischen Festspiele?
Am 10. März wäre es ein bisschen früh für Festspiele, aber ich hoffe, dass wir dann einen Grund haben werden, uns zu freuen.
Sonst halt Osterfestspiele bei der Stichwahl am 24. März, dem Palmsonntag?
Stimmt, die sind ja auch. Ich hoffe, dass wir viele Menschen erreichen, die bei der letzten Wahl nicht mehr wählen waren, das war die halbe Stadt. Wir wollen diese Menschen wieder begeistern, damit sie sehen: Es ist nicht wurscht, ob man wählen geht, weil sich etwas ändert. Und der erste Schritt, dass sich Dinge ändern, ist der, dass man anders wählt.
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