Die Frage, die dem Leiter des Bereichs Humanmedizin der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) am Rande der Pressekonferenz gestellt wurde, war eigentlich ganz einfach: Was halten Sie von der Schutzmaskenpflicht in Supermärkten?
Franz Allerberger verließ daraufhin den Raum.
Auch das ist eine Antwort.
Unter den Experten gibt es nicht wenige, die meinen, dass eine Maskenpflicht in der aktuellen Form wenig bringt. Selbst die Weltgesundheitsorganisation warnt davor. Manche behaupten gar, der ab Montag verpflichtende Mundschutz sei eine Virenschleuder.
Wer recht hat, ist für Laien wie Politiker nicht zu ermitteln. Die heimischen Experten, die die Regierung beraten, sollen aber durchaus skeptisch sein, hört man. Außerdem sinken die Infektionsraten in Österreich derzeit massiv. Die Maskenpflicht sei überflüssig, meinen nicht wenige, auch in den betroffenen Ministerien. Sie sehen die Pflicht eher als politisches Mittel, um mit ihrer Hilfe Maßnahmen ver- und entschärfen zu können, ohne an der Ausgangssperre zu rütteln.
Drei Gründe, warum die Maskenpflicht skeptisch zu betrachten ist:
1. Weil die Masken auch schaden können
„Wir werden uns daran gewöhnen müssen, Masken zu tragen“, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag der Nation. Man kenne das aus dem asiatischen Raum. Es folgte eine Verordnung, die eine Maskenpflicht in Supermärkten ab kommendem Montag vorgibt.
Das Problem ist nur, dass Kurz mit dieser Vorgabe gegen eine Expertise der Weltgesundheitsorganisation (WHO) handelt.
Die Masken – zumindest chirurgische und jene der sogenannten FFP-Klassen 1 bis 2 – schützen nicht vor Infektionen. Sie helfen lediglich dabei, andere Personen nicht zu infizieren. Problematisch ist in diesem Zusammenhang, dass die Masken für ihre Träger ein falsches Gefühl von Sicherheit vermitteln können.
Der Sicherheitsabstand ist die wichtigste Maßnahme bei der Bekämpfung des Virus. Fühlt man sich mit der Maske (zu) sicher, wird er vielerorts nicht mehr eingehalten. Abgesehen davon können die Masken mehr Schaden anrichten, als sie nützen: Greift man sich mit kontaminierten Händen auf die Maske, dringen Viren leicht in Mund und Nase ein.
Wer jetzt im Supermarkt eine Papiermaske ausgehändigt bekommt, sollte diese von den Mitarbeiter mit beiden Händen entgegennehmen und ihre Bänder hinter den Ohren fixieren, rät Birgit Willinger, Leiterin der Abteilung für klinische Mikrobiologie am AKH Wien. Sie warnt auch: „Greifen Sie nie zu einer Maske, die frei herumliegt.“
Die Übergabe mit einer Zange hält die Hygiene-Fachärztin für einen guten Symbolakt, der aus medizinischer Sicht nicht notwendig ist. Im Supermarkt soll man das Vorderteil der Maske nicht berühren, um es nicht zu kontaminieren.
Ein weiteres Problem ist im Moment noch die schlechte Information der Bevölkerung. Masken aus dem Supermarkt sollte man nämlich nicht behalten und nicht wiederverwenden, wie Expertin Willinger sagt: „Das sind Einweg-Produkte, die nur aufgrund von Versorgungsengpässen ein zweites Mal getragen werden sollten. Und wenn schon, dann nur getrocknet.“
Übrigens: In Asien werden die Masken traditionell nicht zum Schutz vor Erregern getragen, sondern wegen der schlechten Luftqualität.
2. Weil die Politik schlecht geplant hat
Nicht nur aus medizinischer Sicht trifft die Maskenpflicht auf viel Kritik. Ein weiteres Problem ist ein rein wirtschaftliches – denn auf dem freien Markt gibt es derzeit schlichtweg zu wenig Angebot. Die Preise haben sich bereits verdoppelt – von etwa 50 Cent auf etwa einen Euro, Tendenz steigend. Die Gerüchte, wonach in ChinaMasken im großen Stil festhängen, weil sie wegen Qualitätsmängeln nicht geliefert werden können, bezeichnen Hersteller und Insider als blanken Unsinn. Der massive weltweite Bedarf lässt sich derzeit einfach nicht decken.
Entsprechende Warnungen im Vorfeld wurden aber offenbar in den Wind geschlagen.
Deshalb dürften in manchen Supermärkten erst in drei bis vier Wochen ausreichend Masken zur Verfügung stehen, andere können momentan nur bis zu Mittag welche ausgeben.
Die Entscheidungsträger bei der Polizei haben rechtzeitig erkannt, dass hier wenig zu gewinnen ist. Der ursprüngliche Plan einer Kontrolle durch die Exekutive wurde deshalb fallen gelassen, die Länder sollen das nun lieber selbst kontrollieren. Abgesehen davon stellt sich auch die Sinnfrage, warum nur Geschäfte mit mehr als 400 Quadratmetern betroffen sein sollen. Sind die kleineren etwa virenfrei?
Zudem haben Untersuchungen der AGES ergeben, dass die großen Virenschleudern Bars und große Veranstaltungen waren – und keine Supermärkte.
Alles in allem wirkt die Maßnahme derzeit noch unausgegoren. Die Ankündigung von Kanzler Kurz kam offenbar zu voreilig. Bestes Beispiel ist das Supermarkt-Personal, das erst aus den Medien von der Maskenpflicht erfuhr. Eine ausreichende Schulung zum richtigen Umgang mit den Schutzvorkehrungen fehlte.
Stunden nach der Pressekonferenz wurden die Auflagen schon wieder entschärft und der Starttermin der Verordnung um Tage verschoben. Dann hieß es zudem, dass auch Schals, Tücher oder selbst genähte Masken als Schutz getragen werden dürfen. Und das, obwohl der Bevölkerung tagelang in den Medien gepredigt wurde, dass diese keine probaten Mittel gegen eine Ansteckung mit dem Virus seien.
Zwar betonen die Behörden, dass die im Supermarkt ausgegebenen Masken mangels Zertifizierung im Gesundheitsbereich nicht eingesetzt werden könnten. Ob das stimmt, ist aber unklar. Selbst ein Lebensmittelkonzern gesteht ein: „Diese Masken bräuchte der Pflegebereich auch.“
Während Ärzte und Pflegekräfte über fehlende Schutzausrüstung klagen, bekommt jeder Österreicher künftig vor dem Supermarkt – auch wenn er nur ein Packerl Milch kauft – gratis eine Mund-Nasenschutzmaske ausgehändigt.
Denn nun stehen die Spitalsträger, aber auch Einrichtungen wie das Rote Kreuz beim Kauf ihrer Schutzausrüstungen zusätzlich noch mit den Supermärkten in Konkurrenz. Diese könnten pro Woche bis zu 24 Millionen Stück benötigen.
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