20 Wirte und Gäste berichten, was sie aneinander vermisst haben

Josef Floh von der Gastwirtschaft der Floh.
Liebeserklärungen: Gastronomen und Gäste erzählen, was sie ihnen in den Quarantäne-Wochen fehlte.

Das Post-Corona-Leben in Österreichs Dörfern und Städten beginnt. Wenn auch nur zögerlich. Einer der wichtigsten Schritte erfolgt erst am Freitag: Nach zwei Monaten werden endlich auch die Cafés, die Restaurants und die Heurigen wieder aufsperren.

Sie haben uns gefehlt – denn geöffnete Geschäfte allein reichen nicht, um einem Ort Leben einzuhauchen. Wenn der Stammwirt zu hat, dann ist es, als wäre ein Teil des eigenen Wohnzimmers abgesperrt. Oder, wie es Gastronom Josef Floh ausdrückt: „Wir Menschen sind soziale Wesen. Und die Gastwirtschaften sind vor allem ein Ort, wo Begegnung gelebt wird.“

In fünf Tagen ist das wieder möglich: Die gebeutelte Gastro-Branche hat, wenn auch unter strengen Auflagen, wieder Grund zum Feiern – und mit ihr die Gäste. Der KURIER hat Wirte, Kaffeehausbetreiber und Winzer gefragt, wie sie die Corona-Zeit erlebt (oder vielfach auch knapp überlebt) haben. Für viele standen Existenzsorgen, aber auch Umbauarbeiten und Überlegungen zur Neuausrichtung im Vordergrund. Und ja, auch Gedanken an lieb gewonnene Gäste. Die wiederum erzählen, was sie in den vergangenen Wochen an ihren Stammlokalen vermisst haben. Etwa den Moment, wenn sie beim Eingang mit unvergleichlicher Eleganz begrüßt werden – wie ein sehnsüchtiger Krimiautor, der nun acht Wochen ohne seinen Stammwirten auskommen musste. Eine passionierte Schanigarten-Sitzerin schwelgt in Erinnerungen daran, wie unvergleichlich schön die Silberlöffelchen im Café platziert werden. Eine Schutzhaus-Besucherin freut sich über alle Maßen auf Schnitzerl und Bier. Und wenn Schriftsteller Michael Köhlmeier von seinem Stammwirten in Vorarlberg schwärmt, dann will man selbst nur eines: nichts wie hin.

20 Wirte und Gäste berichten, was sie aneinander vermisst haben

Gasthaus Adler, Hohemems, Vorarlberg: Sehnsuchtsort des Schriftstellers Michael Köhlmeier

Michael Köhlmeier, Schriftsteller

"Den Adler in Hohenems vermisse ich über alle Maßen. Normalerweise besuche ich ihn   einmal im Monat. Der Adler  ist das Gasthaus an sich! Ich gehe dort mit meiner Frau hin, mit meinen Freunden und immer wieder mit Gästen.  Der Adler ist in keiner Weise abgehoben und hat doch  die beste Küche weit und breit, mir fällt kein besseres Gasthaus ein. Das kommt sicher auch da her, dass Küchenchef Martin weiß, was die größten französischen Köche wissen, nämlich, dass man mit der Butter nicht sparen sollte. Ich kenne kein Restaurant, wo es so gute Leber wie im Adler gibt. Meine Frau bestellt sie auch immer, dazu Rösti und  den köstlichen Spinatsalat. Früher hat der Adler ausgeschaut wie eine Bruchbude, war auch sehr charmant. Nach der Renovierung haben sie Gott sei Dank die alte Gaststube erhalten. Ich habe große Sehnsucht nach dem Adler!"

Patrick Schönberger, Schönbergers Caffè-Bar, Wien-Wieden

„Vor dem 15. Mai hab’ ich gehörigen Respekt, mit all den Auflagen“, sagt Patrick Schönberger, der auf der Wiedner Hauptstraße im vierten Wiener Gemeindebezirk eine Caffè-Bar betreibt. Neben dem  Steh-Café am Rand des Freihausviertels  hat Schönberger einen Webshop, über den er Kaffeebohnen vertreibt und der ihn in den vergangenen Wochen über Wasser gehalten hat. Coffee to go habe ihm zunächst die Wirtschaftskammer verunmöglicht, sagt er, erst seit kurzem hat er damit eine neue Einnahmequelle gefunden. „Wir haben zu 90% Stammkunden, die kommen auch, wenn sie nur vor der Tür stehen können. Wie ich das jetzt mit den vielen neuen Regeln in meinem winzigen Lokal mache soll, weiß ich noch nicht. Das wird auf jeden Fall spannend!“

Max Stiegl, Gut Purbach, Burgenland

Ich wünsche mir, dass Corona als Chance wahrgenommen wird, die heimische Gastlichkeit wieder im Herzen der österreichischen Kultur zu verankern. Wenn der Finanzminister den Wirten aus der existenzbedrohenden Krise helfen  und das Wirtshaus als Kulturinstitution retten  will, dann sollte er es machen wie in Frankreich – wo die Gastronomie nicht zufällig weltberühmt ist – und den Steuersatz  so reduzieren, wie sich das für ein Gut gehört, das der Allgemeinheit zugute kommt. Das Essen im Wirtshaus muss jetzt mehr denn je erschwinglich sein, nur so lässt sich unser gastronomisches Erbe für kommende Generationen retten. 

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Max Stiegls Gut Purbach im Burgenland

Birgit Pferschy-Seper, Bio-Winzerin, Mödling, Niederösterreich

Ab 15. Mai ist bei uns wieder  ausg’steckt. Ich freue mich schon riesig darauf, auf die Gäste, das Plaudern, dass es wieder losgeht. Und was man so hört, ist die Freude gegenseitig, die Leute können es gar nicht erwarten, bei uns im Gastgarten zu sitzen und in Gesellschaft ein gutes Glas zu trinken. Durch den Ab-Hof-Verkauf und den Lieferservice haben wir ja bisher auch schon Kontakt mit vielen Kunden gehabt. Wobei es manchmal mehr um eine soziale Mission ging als um das Liefern von ein paar Flaschen Wein. Ich bemühe mich um möglichst viel Normalität, damit wir alle  wieder etwas durchatmen können.  

Franz Schuh, Philosoph, KURIER-Kolumnist

"Eine Stadt ist eine Stadt ist eine Stadt. Eine Stadt, die ihre öffentlichen Räume, Plätze, Cafés, und ja, Friseure zusperrt, ist keine Stadt, sondern eine Geisterstadt.  Dass die Stadt Wien anders ist, nämlich ein Verschnitt aus Stadt und Provinz, dass sie höchstens, wie Anton Kuh es gesagt hat, „die größte Kleinstadt der Welt“ ist, macht sowieso die Runde. Wenn nun so eine Stadt, von mir aus mit guten Gründen, zum Zentrum der Berührungsfurcht wird, der alle Menschen guten Willens zu huldigen haben, dann geht etwas verloren, was die einen hassen und die anderen lieben: Urbanität. Urbanität bedeutet Großzügigkeit nicht ohne Risiko. Eine zugesperrte Stadt ist eine tote Stadt. In die Stadt kommt erst Leben, wenn wieder aufgesperrt wird." 

20 Wirte und Gäste berichten, was sie aneinander vermisst haben

Franz Schuh: "Eine zugesperrte Stadt ist eine tote Stadt. In die Stadt kommt erst Leben, wenn wieder aufgesperrt wird."

Josef Floh,Gastwirtschaft der Floh, Langenlebarn,Niederösterreich 

"Wir haben das Beste aus der Auszeit gemacht, haben neue Ideen entwickelt, unser Frühstücks-Service „Flühstück bei mir“ und unser „Hausmenü“. Das hat alles toll geklappt. Aber wir haben auch immer deutlicher gespürt, worum es im Kern in unserer Arbeit geht. Wir meinen „Gastwirtschaft“ wörtlich, Gast und Wirt gehören da einfach zusammen. Lieferdienst, Abholservice – hat alles seine Berechtigung. Aber es geht nichts über den direkten Kontakt Mensch zu Mensch.

Übers Plaudern, Schmähführen, Fachsimpeln. Nicht nur Gerichte und Wein genießen, sondern eben auch das Zusammensein mit anderen Menschen. Wir Menschen sind soziale Wesen. Und die Gastwirtschaft ist vor allem ein Ort, wo Begegnung gelebt wird. Darauf freuen wir uns am allermeisten!"

20 Wirte und Gäste berichten, was sie aneinander vermisst haben

Josef Floh, Langenlebarn, Niederösterreich

Emanuel Moosbrugger, Schwanen, Bizau, Vorarlberg

"Ich freue mich sehr auf unsere Gäste und auf mein Team. Die Corona Zeit war knallhart für die gesamte Branche. Was tun? Wie tun? Weitermachen? Und wenn ja, wie? Macht das wirtschaftlich Sinn? Eine Zeit der ständigen Prüfung des eigenen Tuns und Wollens und ein Abgleich des Möglichen.  Heute kann ich sagen,  wir geben Vollgas  und werden unseren Weg  fortsetzen. Aktuell bedeutet das, neue Ideen in Küche und Service umzusetzen. Wir stehen in den Startlöchern. Ich freue mich auf den Austausch mit  interessanten Menschen, auf die Geschichten, die sie erzählen und die Geschichten, die wir über den Bregenzerwald weitergeben."

20 Wirte und Gäste berichten, was sie aneinander vermisst haben

Emanuel Moosbrugger, Schwanen, Bizau, Vorarlberg: "Ich freue mich sehr auf unsere Gäste und auf mein Team. Die Corona Zeit war knallhart für die gesamte Branche."

Julya Rabinowich, Schriftstellerin und KURIER-Kolumnistin

"Wenn Corona einmal überwunden sein wird und wir einander treffen, umarmen, küssen können, ohne vor Sorge zurückzuschrecken, dann freue ich mich auf das, was mir so fehlt: das Sitzen auf Terrassen, mit Blick in den Frühling, in den Sommer, in den errötenden Herbst. Mit Kaffee und kleiner Süßigkeit daneben, mit eleganten Silberlöffelchen, die ich zu Hause nie so elegant neben die Espressotasse legen würde wie an öffentlichen Orten. Im Wind schaukelnde Äste, Schatten, die unter Bäumen wachsen, blauer Himmel. Es könnte die Terrasse der Meierei im Stadtpark sein, oder des Lusthauses im Prater oder der Schanigarten des Gasthauses Wild, oder die Dankbarkeit in der Nähe des Neusiedlersees. Jede Terrasse ist schön, wenn man sich mit lieben Menschen auf ihr breitmacht."

Wolfgang Kralicek, Autor, KURIER-Kolumnist

Für den 15. Mai habe ich mir etwas total Verrücktes vorgenommen: Als erstes werde ich in mein Stammlokal gehen, einen Cappuccino trinken und dazu die meisten der dort aufliegenden Tageszeitungen lesen. Momentan kann ich mir allerdings nicht  vorstellen, dass etwas so Alltägliches bereits in ein paar Tagen tatsächlich wieder möglich sein soll. Daran merkt man, wie sehr ich mich an den Ausnahmezustand  gewöhnt habe. Ich werde aufpassen müssen, dass ich mir das Mittagessen nicht einpacken lasse und mir abends nicht versehentlich was koche. Und selbst kochen geht gar nicht! An diesem Festtag der Gastronomie wäre das fast schon herzlos.

 Karl Kolarik, Schweizerhaus, Wien

„Viele Wienerinnen und Wiener werden mir wohl zustimmen, wenn ich sage, dass 2020 ein verrücktes Jahr ist und die Corona-Pandemie uns alle auf unterschiedlichste Art und Weise herausfordert. An dieser Stelle möchte ich aber betonen, dass wir es mit vereinten Kräften geschafft haben, füreinander da zu sein und uns gegenseitig zu unterstützen. Vor allem unseren vielen Stammgästen darf ich meinen herzlichen Dank dafür aussprechen, dass Sie uns Ihre Treue halten. So können wir heuer gemeinsam in die 100. Saison in unserem Schweizerhaus gehen. Ich freue mich sehr darauf, alle wiederzusehen und auf das erste Krügerl Budweiser und die erste Stelze in diesem Jahr!

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Karl Kolarik: "Freu mich auf das erste Krügel"

Vanessa Wieser, Verlegerin Milena Verlag

"Jeden Freitag während des Lockdown hab ich geraunzt: Ich will zum Wirten! Anfangs ging es noch, die Vernunft stand im Vordergrund. Aber das Raunzen wurde lauter. Weil: Es ist mir seit Jahren eine liebe Angewohnheit, die Arbeitswoche mit einem Krügerl, einem guten Happi und dann noch 2 Krügerln zu beenden. Bei guten Gesprächen und unter der Obsorge einer lieben Kellnerin. Sonntags wieder: Ich will ein Schnitzerl im Schutzhaus! Freunde mahnten: Koch dir selbst eins! Trink halt ein Bier daheim! Meine Antwort: Nein, das ist nicht dasselbe. Ich will unter Menschen, ich will alles serviert bekommen, ich will sehen und gesehen werden, ich will mit Freunden feiern, ich will zurück in die Öffentlichkeit! Danke, Gastronomie, dir verdanke ich die schönsten Stunden meines Lebens."

Tímea Katona, Schachclub „Four Kings Vienna

"Wir beim „Four Kings Vienna“ freuen uns  sehr  auf die Wiedereröffnung des Kaffeehaus Schopenhauer. Unsere Schachrunde, in der auch asiatische Schach-Varianten gespielt werden, hat jetzt komplett pausiert. Zwar hat in der Zeit zumindest ein kleines Online-Turnier  im koreanischem Schach stattgefunden. Die meisten in der Gruppe sind sich aber   einig, dass eine Online-Partie ein Spiel, wo man einander  gegenübersitzt, nicht ersetzt. Mit Vorfreude erwarten wir neue Spieler und Spielerinnen, die sich  zu Hause die Regeln der asiatischen Schachvarianten angeeignet haben und vorbeischauen, sobald es wieder Treffen gibt."

Tino Schulter, Texter   

Social Media? Pah. Das älteste „soziale Medium“ ist doch die Gastronomie. Gasthäuser sind seit jeher ein Ort der Gemeinsamkeit, der Geselligkeit, des Glücks – sei es auch nur für einen Abend.  Zuflucht und Ziel, ein rettender Anker, nach dem wir alle ringen. Kein Screen, kein Tippen, und Wischen nur mit dem Hangerl des Kellners. Ehrliche Halböffentlichkeit ohne die Maske des Pseudonyms, reger Kontakt zur eigenen Bubble, aber auch die Möglichkeit, Andersdenkende zu erreichen. Und der Wirt verhökert sicher nicht deine Daten. Du fühlst dich einfach willkommen. Wie schön. PS: Hätte mein Stammcafé offen, wäre mir dort  ein luciderer Text  eingefallen.

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Christian Wukonigg, Café Engländer: "Jeden Tag interessante Menschen treffen"

Christian Wukonigg, Café Engländer, Wien

Noch ist das Café Engländer leer und eine einzige große Baustelle.

Wir nützen die Sperrzeit, um die schon lange fälligen Renovierungen durchzuführen. Der Boden kommt neu, die Fenster und die Bar-Inneneinrichtung werden erneuert; auch unser Schanigarten wird hergerichtet.

Und über Allem schwebt die immer gleiche Frage: Werden wir das in der Zeit schaffen und rechtzeitig aufsperren können?

Auch bei meinen Mitarbeitern, die einstweilen noch in Kurzarbeit sind, wächst die Ungeduld und die Vorfreude über die baldige Rückkehr auf ihren Arbeitsplatz.

Was uns allen am meisten abgeht, ist das, was ein Kaffeehaus ausmacht und auch so spannend macht, nämlich jeden Tag interessante Menschen zu treffen. Ich freu mich auf unsere Gäste –  auf manche ganz besonders!

Manfred Rebhandl, Autor („Sommer ohne Horst“, Haymonverlag)

Ich will meinen Wirten wieder haben, bevor die Seele komplett verdorrt. Den mit seinem vollen, zurückgekämmten Haar (Liebeserklärung!), wie man es nur noch an guten Scorsese Schauspielern sieht!
Den mit seinem umsichtigen Blick, der sein Eintreten beim unteren Eingang begleitet! Den mit seinem festen Händedruck und dem geraden Blick in die Augen!

Den mit seinem guten Benehmen! Den Wertkonservativen (den einzigen, den ich aushalte)! Den, der schon mit dem Mensdorff-Pouilly jagen war!

Den mit seinem Rapid-Fimmel und dem hervorragenden Waldschütz-Weinderl!

Den mit seinem Herrn Roland! Den, an dessen Bar sich sich die verdorrende Seele bald wieder laben möge! Den Wukonigg! (Café Engländer, Anm.)

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Das Wiener Traditionscafé Frauenhuber in der Himmelpfortgasse

Andreas Wunderer, Oberkellner im Café Frauenhuber in der Himmelpfortgasse

"Am Anfang war es ein Schock. Ein großer. Weil: Wie geht es weiter? Und wann? Wie lange wird das alles dauern? Jahrelang steht man im Lokal, man kennt die Gäste. Und von einen Tag auf den anderen: nix. Ich freu mich, dass ich wieder arbeiten darf, ich freu mich auf die Gäste. Das wird ein bisschen so sein wie der Phönix aus der Asche, eine Auferstehung. Die Atmosphäre – wer kommt, wer geht. Das Kaffeehaus ist ja eine Bühne, und als Oberkellner bist du der Schauspieler. Wie heißt es so schön? Oberkellner in einem Wiener Kaffeehaus wird man nicht. Das ist man."

Norbert Walter, Weingut Walter, Strebersdorf, Wien

"Seit März sind alle Heurigen und Buschenschankbetriebe geschlossen, viele Traditionsbetriebe sind betroffen. Der Wiener Weinbau braucht jetzt neue Impulse. Deshalb haben wir im Weinbauverband eine Initiative gestartet,  die es   möglich macht, dass Heurige  länger ausstecken dürfen. Das ist eine große Hilfe für betroffene Familienbetriebe. Und die Wienerinnen und Wiener können  die Genüsse der Wiener Winzer und Weinhauer jetzt auch unter der Woche genießen. Und natürlich freue auch ich  persönlich mich schon sehr auf die Gäste in meiner Buschenschank."

20 Wirte und Gäste berichten, was sie aneinander vermisst haben

Florian Hofer und Manuel Bornbaum (rechts), Betreiber einer urbanen Landwirtschaft.

Florian Hofer, Co-Gründer von Hut und Stiel

"Mehr selbst zum Kochen zu kommen und neue Gerichte auszuprobieren, war in den vergangenen Wochen zwar ganz nett. Aber: Nach einer Weile fehlten mir die Ideen. Aus der Handvoll meist gleicher Grund-Zutaten, die im Supermarkt zu finden sind, entstand so nur ein Einheitsbrei. Ein Einheitsbrei in Variationen. Wenn nun bald wieder Menschen, die ihr Handwerk verstehen, für Gaumenfreuden sorgen, ist meine Freude  bereits groß. Sind auf den Gasthausertellern dann auch noch Gemüseraritäten zu finden, stimmt das mich – einen  kleinen Wiener Austernpilz-Produzenten –  umso glücklicher." 

Fritz Hagenbüchl, Weinbauer in Hohenwarth, NÖ

"Die Coronakrise durchdringt sämtliche Lebensbereiche. Durch sie ist auch ein stückweit der Genuss verloren gegangen. Das Achterl an der Schank,  ein  gemütliches Essen im Wirtshaus erscheinen momentan (noch) unerreichbar. Die gesellschaftliche Bedeutung dieser alltäglichen Dinge wird da so richtig bewusst. Bei einem guten Glas Wein lässt sich besonders leicht mit anderen ins Gespräch gekommen. Der gemeinsame Genuss verbindet. Ein Weingut ist Treffpunkt für Menschen aus allen Lebensbereichen. Als Winzerfamilie in dritter Generation hoffen wir natürlich, dass dies auch in Zukunft so bleiben wird."

Christof Widakovich, Grossauer Gruppe, Graz, Steiermark

"Wir sperren unsere Betriebe wieder mit vollem Elan auf und freuen uns schon sehr darauf. Wir haben die Zeit genützt, um neue Ideen und Konzepte zu kreieren. Denn so eine Pause hat auch immer etwas Positives, man kommt zur Ruhe und wird noch kreativer. Jetzt kommt uns Gastronomen Gott sei Dank auch der Sommer zugute    unsere Gastgärten und Indoor-Summer-Locations wurden perfekt auf die neuen Gesetze adaptiert. Denn so sehr wir unsere Gäste vermisst haben   so sehr hoffe ich, dass auch sie unsere tolle Kulinarik und unsere Gastlichkeit vermisst haben."

Thomas Raab, Autor und KURIER-Kolumnist

„HättiWariTäti, ach Freiheit, wo bist du hin, schluchz!“ Jo eh! Bringt  nur nix, die Jammerei. Außer Bluthochdruck. Besser, an positiven Menschen orientieren: Die Stockerwirt-Familie in Sulz z. B., mein Lieblingsgasthaus, sieht nach durchgehend 30 Arbeitsjahren die Zwangsschließung  als Geschenk an das Miteinander. Gemeinsam Garteln, Kochen, Bewegen, Yoga sogar, und am Wochenende Handy ab. J'aime la vie. Dabei die  Liebe zur Profession neu entdecken und damit ab 15.5. aufsperren, samt  Spargel, Maibock, Vogelmiere, vielleicht sogar Morcheln, alles aus den eigenen Wäldern. Pfuh, das wird ein Fest. Danke fürs Durchhalten."

Annette Ahrens, Tafelkulturistin

Alles ist im Stillstand. Mein Beruf, Tafelkulturistin und Antiquitätenhändlerin, ist angeblich nicht systemrelevant. Lockdown des Geschäftslebens. Mein Engagement für die Gesellschaft für Koch- und Tafelkultur? Auf Pause. Lockdown der Zusammenrottungen. Mein seelisches Ausklingen beim Lieblingswirten? Zu.  Lockdown der Gastro. Was fehlt mir am meisten? Andere Menschen, Geselligkeit und das Gefühl, welches mir mein Wirt gibt: willkommen zu sein, ein Freund zu sein, der sich gerne umsorgen lässt.  Mit Kulinarik als Teil unseres historischen Erbes und einem Zufluchtsort, dem berühmten Wohnzimmer der Wiener: meinem Wirtshaus, dem Posthorn. 

20 Wirte und Gäste berichten, was sie aneinander vermisst haben

Annette Ahrens, Tafelkulturistin und Gründerin der Gesellschaft für Koch- und Tafelkultur

Christoph Schantl, Partyboxes

„Social Distancing“ wird wohl als das Unwort des Jahres 2020 in die Geschichte eingehen. Es beschreibt aber nicht das, was uns Menschen ausmacht.Uns wurde in den letzten Wochen von der Regierung genug Angst gemacht. Angst. Was bedeutet das Wort Angst. Es kommt aus dem lateinischen angustia was so viel bedeutet wie „Enge, Bedrängnis“ im Sinne die Kehle zuschnürend, das Herz beklemmend. Das ist wahrlich das Wort, das unseren Alltag der letzten Wochen wohl am besten beschreibt. Es liegt nicht in der Natur des Menschen, ständig Angst zu haben. Respekt ja. Angst. Nein. Angst ist nicht das, was uns Menschen ausmacht. Wir wurden geboren, um ein glückliches und fröhliches Leben zu führen. Dieses Lebensgefühl entsteht in unserem Kopf, mit unseren Gedanken. Aber ständig in Angst zu leben, ist kein Leben.

Die Angst lähmt uns und unsere Gedanken. Wobei es gerade unsere Gedanken sind, die bestimmen wie wir die Welt wahrnehmen: Um es mit den Worten des englischen Schriftstellers Charles Reade (1814–1884) zu sagen: „Achte auf Deine Gedanken, denn sie werden zu Worten. Achte auf Deine Worte, denn sie werden zu Handlungen. Achte auf Deine Handlungen, denn sie werden zu Gewohnheiten. Achte auf Deine Gewohnheiten, denn sie werden Dein Charakter. Achte auf Deinen Charakter, denn er wird Dein Schicksal.“  Es gibt nur zwei Zeitpunkte in unserem Leben, die sicher sind: unser Geburts- und unser Todeszeitpunkt. Dazwischen liegt unser Leben. Das Leben besteht aus Liebe, aus Zuneigung, Freude, Glücksgefühlen und vor allem Gesellschaft. Lebe so, als wäre es dein letzter Tag. Versuche, Gespräche nicht aufzuschieben, lebe im Hier und Jetzt. Lebe dein Leben. Feiere gemeinsam mit deinen Freunden und Familie die wunderschönen Momente im Leben, sei es die Geburt eines Babys, das wohl schönste Ereignis für jede Familie, oder die darauffolgenden  Kindergeburtstage, deinen eigenen Geburtstag mit deinen Freunden, deinen Junggesellenabend vor deiner Traumhochzeit, die romantische Überraschung deiner Liebsten zum Valentinstag oder einfach nur die Zeit mit deinen Freunden in deinem Lieblingslokal. Genieße jeden Tag, jeden Moment, denn er ist einmalig.

Es liegt einzig und allein an dir, was du aus deiner wertvollen Lebenszeit machst. Du solltest daraus das Beste für dich und für deine Liebsten machen. Das Allerbeste.Meine Oma wurde 93 Jahre (ohne je eine Impfung erhalten zu haben – dies nur so am Rande) und sie starb zu Hause im Kreis der Familie. Sie starb an etwas, an dem heute nur noch die wenigsten Menschen sterben. Sie starb einfach an Altersschwäche. Und dabei hatte Sie drei Kinder aufgezogen, zwei Weltkriege überlebt, so wie die Spanische Grippe, die Weltwirtschaftskrise in den 30er Jahren, 4 Währungsreformen und eine Vielzahl von Regierungen. Unser Leben ist viel zu kurz und zu kostbar, als dass wir es mit Angst verschwenden. Geht wieder hinaus! Genießt und feiert wieder euer Leben!"

Unklarheiten um Gastro-Öffnung: Regierung bemüht sich

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