Infektionszahlen: Spitäler klagen über hohe Belastung

Infektionszahlen: Spitäler klagen über hohe Belastung
Omikron sei keine Gefahr für das Gesundheitssystem, argumentierte die Regierung bislang. In den Spitälern wird ein anderes Bild gezeichnet.

Den dritten Tag in Folge wurden in Österreich beinah 50.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden gezählt. Die hohe Zahl an Neuinfektionen wirkt sich auf die Spitäler aus, Personal fällt aus, nicht dringende Operationen müssen verschoben werden.

Epidemiologin Eva Schernhammer warnte im Ö1-Morgenjournal davor, dass nach aktuellen Berechnungen die hohen Infektionszahlen "möglicherweise systemkritisch werden können", sprich, dass die Spitäler an ihre Leistungskapazitäten gebracht würden.

Bislang hieß es seitens der Regierung, die Omikron-Welle würde das Spitalswesen nicht ins Wanken bringen.

Für Simulationsforscher Niki Popper liegt der rasante Anstieg an neuen Fällen in der Omikron-Variante BA.2. Sie sei infektiöser als bisher angenommen, was zu einer verstärkten Ausbreitung führe. Doch auch bei BA.1 würde man wieder mehr Fälle verzeichnen, so Jurist Karl Stöger, Mitglied der Impfkommission, gestern im Ö1-Morgenjournal.

Bei derart hohen Infektionszahlen, würden nun mal mehr Menschen in den Spitälern landen, mahnte Patientenanwältin Sigrid Pilz. Wien etwa meldete vor wenigen Tagen eine Rekord-Belegung mit Covid-Patienten auf den Normalstationen, während die Lage auf den Intensivstationen stabil sei. 

Nicht nur Intensivstationen als Maßstab

Sich rein an den Auslastungszahlen der Intensivstationen zu orientieren, sei für Pilz daher falsch. Es gelte das Gesundheitspersonal vor Überlastung schützen, ohnehin seien die letzten Jahre sehr anstrengend gewesen.

Die schnelle Ausbreitung der Omikron-Variante bringe den Spitälern allgemein trotz geringerer Gefährlichkeit neue belastende Herausforderungen, weiß der Linzer Lungenfacharzt Bernd Lamprecht zu erzählen. Positiv getestete Patienten befinden sich auf verschiedene Abteilungen verteilt im Spital, da diese Infektion häufig nur mehr ein "Nebenbefund ist".

In der Uniklinik Innsbruck, so habe er in einem Telefonat erfahren, seien diese Woche 13 Abteilungen mit Corona konfrontiert gewesen, obwohl die Patienten wegen anderer Symptomen stationär behandelt wurden. Die damit verbundenen erhöhten Hygienemaßnahmen bedeuten ein weitere Belastung im Klinikalltag. Zudem komme aktuell noch hinzu, dass vermehrt auch Personal krankheitsbedingt ausfalle. In Oberösterreich etwa seien es aktuell laut dem Corona-Experten acht Prozent.

Noch zumindest bis April auf Anschlag

Das Zusammenspiel dieser beiden Faktoren führe zu einer "hohen Belastung auf den Normalstationen", die laut Prognosen länger als erwartet, noch bis April, andauern werde. 

Der ärztliche Direktor des Salzkammergut Klinikums Tilmann Königswieser, der auch im Krisenstab des Landes sitzt, hatte am Donnerstag bereits von einer "Art Krisenmodus" gesprochen, weshalb einzelne Spitäler bereits wieder nur akute Eingriffe durchführen würden. 

Lamprecht sieht diesen "Krisenmodus" vor allem dadurch gegeben, dass zwischen der "scheinbaren Normalität" mit dem Wegfall der Einschränkungen am 5. März außerhalb der Krankenhäuser und der "hohen Belastung" in den Spitälern derzeit eine deutliche Diskrepanz herrsche. Der Lungenfacharzt spricht sich dafür aus, dass die "Betrachtung der Normalstationen" ein bestimmender Parameter bei der Beurteilung der Situation sein sollte.

Von der Wiedereinführung von Präventionsmaßnahmen für die Bevölkerung, wie sie die Corona-Kommission am Donnerstag vorgeschlagen hat, erwartet sich der Mediziner "keinen Erfolg". Mit dem Aussetzen der Impfpflicht sei signalisiert worden, "ohne strenge Maßnahmen auszukommen". Er appellierte daher an die Eigenverantwortung und z. B auch dort FFP2-Masken zu tragen, wo dies nicht verpflichtend sei.

"Ans Spitalpersonal denkt wieder einmal niemand"

Die hohen Neuinfektionen von knapp 50.000 würden sich zwar nicht so schnell in der Intensivbelegung niederschlagen so Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer, aber sehr wohl auf den Normalstationen. Es würden bereits Betten ausgehen, ein Teil des Personals sei entkräftet und entnervt oder infiziert. "Es ist traurig, aber die Ärztinnen und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger – sie alle fühlen sich von der Politik im Stich gelassen."

"Wir leisten Außerordentliches"

Tilmann Königswieser berichtet ähnliches: Einige Spitäler würden nur mehr akute Eingriffe durchführen. Fast zehn Prozent der Betten in seinem Haus seien mit Covid-Patienten belegt, hinzu kämen Personalausfälle von aktuell rund elf Prozent. Das gesunde Personal müsse diese Ausfälle kompensieren, "wir leisten gerade Außerordentliches", meinte Königswieser gegenüber dem ORF OÖ.

Man befinde sich wieder in einer "Art Krisenmodus". Die "Dignostik müssen wir leider wieder verschieben, aber wir haben den Focus auf Corona zu richten", so Königswieser im ORF-Interview.

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