Generation Corona: "Sie fürchten eine Weltwirtschaftskrise"
Die Jugend hat keine Angst vor dem Coronavirus. Sie hat Angst vor den Folgen der verordneten Maßnahmen – so lautet die Analyse von Jugendforscher Bernhard Heinzlmaier. Sie wird diese tragen müssen, und sie fragt sich: „Warum wir?“ Warum ist es diese Generation, die in der Krise besonders viel zu schultern hat?
Die größte Sorge
Die unter 30-Jährigen haben besonders häufig ihren Job verloren oder wurden in Kurzarbeit geschickt. Die wirtschaftliche Entwicklung ist folglich ihre größte Sorge: „70 bis 80 Prozent fürchten eine Weltwirtschaftskrise, in deren Folge sie weder einen Job noch eine Ausbildungsstelle finden“, sagt Heinzlmaier.
Bernhard Kittel, Wirtschaftssoziologe der Uni Wien, hält das für Alarmismus, meint aber auch: „Wer gerade an der Schwelle zum Arbeitsmarkt steht, wird die Folgen der Krise wohl noch lange spüren.“ Das wisse man aus vorherigen Krisen: Für diese Menschen verzögert sich der Eintritt in den Arbeitsmarkt, oder sie nehmen Jobs an, für die sie überqualifiziert sind, und verkaufen sich zu billig: „Wenn Junge mit einem geringen Gehalt einsteigen, tun sie sich oft das ganze Leben schwer, da wieder herauszukommen.“
Allerdings – und da kommt das Umfragepanel der Uni Wien unter Kittels Leitung zu einem anderen Schluss als Bernhard Heinzlmaier – sind die Jungen noch optimistischer als die ältere Generationen. „Die Krise dauert noch nicht lange genug an, um ihren Optimismus übermäßig zu drücken“, vermutet Kittel. Arbeitssoziologin Brigitte Schels glaubt, dass das mit der Lebenssituation junger Menschen zu tun hat: „Sie sind noch flexibel und eher bereit, für einen Job den Wohnort zu wechseln.“ Was allerdings frappierend ist: „Wie hoch der Anteil der Jungen war, die in Kurzarbeit geschickt wurden.“ Sie werden pessimistischer werden, je länger die Krise andauert: „Sie diskutieren jetzt über distance learning, Probleme im Job und beklagen, dass man nicht so ausgehen kann wie gewohnt, um die Freunde zu treffen.“ Auch in diesem Sinn trifft die Krise die Jüngeren besonders hart.
Selbst bestimmen
In einem sind sich die Forscher einig: Wer das Gefühl hat, sein Leben selbst bestimmen zu können, blickt positiver in die Zukunft. Heinzlmaier: „Je niedriger aber die soziale Hierarchie, desto größer ist die Skepsis.“ Wenn man sich die Arbeitslosenzahlen unter den Jungen anschaut, wundert das wenig. Das hat auch für die Politik Folgen: Das Vertrauen ist zwar gesunken, „allerdings nicht so stark wie in anderen Altersgruppen“, stellt Kittel fest. Und das „obwohl man den Eindruck gewinnen kann, dass die junge Generation nicht gerade im Fokus der Politik steht, da sie nicht die stärkste und auch nicht die lauteste Gruppe ist.“ Die Opposition kann von dieser Skepsis allerdings nur bedingt profitieren – am stärksten legen die Grünen bei jungen Erwachsenen zu.
Angst um Eltern und Großeltern
Es geht aber nicht nur ums Geld: „60 Prozent haben Angst, dass ein ihnen nahe stehender Mensch stirbt“, berichtet Heinzlmaier. Und noch etwas belastet die Jungen im Alter von 16 bis 19 Jahren, besser gesagt nervt sie: „Jeder Zweite gibt an, dass es zu Streit mit den Eltern kommt.“ Und das alte Leben ist weggebrochen: Feiern ist kaum erlaubt, die Freunde fehlen. „Junge Er wachsene sind häufig einsamer als andere Altersgruppen,“ sagt Kittel. Die Verunsicherung unter den Jungen ist groß. Die Folgen werden noch lange zu spüren sein – nicht nur wirtschaftlich: „Auch andere Lebensentscheidungen werden auf später verschoben, etwa die Familiengründung“, weiß Schels. Vielleicht ist aufgeschoben dann auch irgendwann einmal aufgehoben. Sieben junge Menschen erzählen.
Kommentare