Freibäder: Eintauchen ins Tarif-Chaos
Platz ist im Freibad ein knappes Gut. Und daher auch ein umkämpftes. Sowohl an Land als auch im Wasser. Das zeigen etwa die strafenden Blicke von Stammgästen, wenn ihnen unwissende (oder einfach freche) Neulinge ihr ersessenes Stück Wiese streitig machen. Oder im Becken, wo Schwimmer und Planscher um den Platz ringen.
Heuer verlagern sich derartige Kämpfe an die Kassen: Diese Saison geht es weniger darum, wer welchen Platz bekommt. Sondern, ob man überhaupt eingelassen wird. Wegen des Coronavirus dürfen die Bäder viel weniger Besucher einlassen – jene der Stadt Wien etwa nur ein Drittel.
Wer aber bekommt die begrenzten Plätze? Die Betreiber entscheiden das höchst unterschiedlich – und verärgern mancherorts die Gäste. Der KURIER erklärt die Zutrittssysteme.
1. Nur Stammgäste
Im niederösterreichischen Baden ist der Besuch des Strandbades heuer ein elitäres Vergnügen: Eingelassen werden nur Besitzer einer Saisonkarte.
Hintergrund: Corona-bedingt dürfen heuer lediglich rund 3.000 Gäste gleichzeitig ins Strandbad, an Spitzentagen kommen üblicherweise aber bis zu 7.000. Die Saisonkarten-Regel soll die Einhaltung der maximalen Besucherzahl garantieren.
Zunächst konnten nur jene Personen eine Saisonkarte für 2020 erwerben, die schon im Vorjahr eine solche hatten. Das Angebot richtete sich an 4.550 Personen. Seit Dienstag wird ein gewisses Kontingent Saisonkarten an alle verkauft.
Dass nur Stammgäste willkommen sind, hat in den sozialen Netzwerken Ärger nach sich gezogen. „Ein öffentliches Bad, das alle finanzieren, sollte auch für alle da sein“, so der Tenor. Doch: Zu Pfingsten wurden Gäste, die eine Tageskarte lösen wollten, abgewiesen.
Kurt Staska vom städtischen Bad-Management kann die Aufregung nachvollziehen: „Ich verstehe, dass jeder ins Bad will“, sagt er im Gespräch mit dem KURIER. „Wir würden auch gerne jeden reinlassen. Aber es ist eben keine Badesaison wie jede andere. Wir mussten eine Entscheidung treffen und wir haben uns für einen Bonus für Stammgäste entschieden.“
Tageskarten zu verkaufen, ist für ihn (derzeit) nicht praktikabel. Denn das könnte zu langen Schlangen an den Kassen führen. „Und dann dürfen erst recht nicht alle hinein. Ein Horrorszenario.“ Zumindest ein Stück hat die Stadt nun eingelenkt: Ab 8. Juni werden auch Tageskarten angeboten – für spätes Baden von Montag bis Freitag ab 17.30 Uhr.
2. Nur Tagesgäste
Die Stadt Wien setzt auf die gegenteilige Strategie. Ihre 20 aktuell geöffneten Bäder verkaufen heuer ausschließlich Tagestickets. Ist die maximale Besucherzahl erreicht, werden keine Karten mehr verkauft. Die Saisonkarten (in deren Preis eine Kabine oder ein Kästchen inkludiert ist) wurden abgeschafft.
Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens: Man wolle sicherstellen, dass „möglicht viele unterschiedliche Gruppen“ Zugang zu den Freibädern haben, heißt es aus dem Rathaus. Das bedeutet: Die Stadt will verhindern, dass Stammgäste die Freibäder belagern und kein Platz-Kontingent mehr für sporadische Besucher bleibt.
Zweitens: Käme im Sommer ein erneuter Lockdown mit Bäder-Sperren, müsste die Stadt die Saisonkartenpreise (die dann nicht mehr genutzt werden können) rückerstatten. Diesen Aufwand will sie offenbar jedenfalls vermeiden.
Stammgäste – allen voran Kabinenmieter aus dem Strandbad Gänsehäufel – ärgert das. Sie erhalten (als Entgegenkommen seitens der Stadt) zwar vergünstigte Tagestickets. Insgesamt komme ihnen die Saison damit aber dennoch teurer als mit Dauerkarte, monieren sie.
3. Stamm- und Tagesgäste
100.000 Quadratmeter Grün- sowie 23.000 Quadratmeter Wasserfläche machten die Entscheidung im oststeirischen Fürstenfeld leicht: Aufgrund seiner Größe kann das städtische Freibad trotz Corona-Auflagen beim bewährten Ticket-Mischsystem bleiben. Ab 11. Juni, dem heurigen Saisonstart, werden sowohl Saison- als auch Tageskarten verkauft.
Der Vorteil: Weder Stamm- noch Tagesgäste fühlen sich benachteiligt. An heißen Wochentagen in den Ferien kamen im Vorjahr bis zu 6.000 Gäste ins Fürstenfeld Freibad, an den Wochenenden gut 8.000. Solche Mengen kann das Bad – mit dem gebotenen Abstand – auch heuer bewältigen.
Trotz der großen Kapazitäten empfiehlt Geschäftsführer Franz Friedl vor dem Weg ins Bad einen Blick auf die virtuelle Ampel: Auf der Homepage ist ersichtlich, ob noch Gäste eingelassen werden (grün) oder ob das Limit (bald) erreicht ist (orange bzw. rot).
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