Heroin, Fentanyl und Kokain - die große Revolution in der Drogenwelt

Die Anzeichen verdichten sich, dass der Drogenmarkt derzeit den größten Umbruch seit Jahrzehnten erfährt. Heroin könnte bald verschwinden und durch potentere, gefährliche Suchtgifte ersetzt werden. Kokain wird zunehmend in Europa hergestellt und erreicht immer höhere, noch nie dagewesene Reinheitsgrade. Und auch der österreichische Cannabismarkt bekommt durch die Liberalisierung in Deutschland bereits neuen Schwung, wie es scheint.
Durch die Machtübernahme der Taliban brach die Heroinproduktion in Afghanistan laut UNO von 6200 Tonnen auf 333 im Vorjahr zusammen. In Laos, Thailand und Myanmar wurden zwar rund 1000 Tonnen angebaut, dies konnte aber den Ausfall bei weitem nicht kompensieren. Zwar sind die Lager der Banden noch gefüllt, in den kommenden Monaten wird Heroin allerdings zunehmend knapp.
"Wenn Substanzen von Markt verschwinden oder die Verfügbarkeit reduziert wird, gibt es naturgemäß Auswirkungen auf dem jeweiligen Konsummarkt", heißt es im Wiener Bundeskriminalamt." Derzeit wisse man aber nicht, "auf welche anderen Substanzen ausgewichen wird."
UNO und Polizei warnen vor Fentanyl
Interpol, UNO, das österreichische Gesundheitsministerium und die italienische Polizei befürchten, dass Fentanyl diese Lücke schließen könnte. Das Schmerzmittel ist hochpotent und tötet in den USA 100.000 Menschen pro Jahr.
Der Vorteil liegt auf der Hand - mit nur einem Liter Fentanyl lassen sich zwei Millionen Drogenportionen herstellen. Mit dieser geringen Menge ließe sich die Szene in einer Stadt wie Wien über Monate versorgen.
Experten rechnen damit, dass diese Mengen nicht mehr über komplizierte Routen geschmuggelt werden müssen, sondern per Post verschickt werden. Deshalb steigen zunehmend mexikanische Kartelle in das Geschäft ein.
Die US-Behörden vermuten, dass China dies mit der Produktion von Ausgangsstoffen unterstützt. Als der KURIER kürzlich aufdeckte, dass die kommunistische Diktatur Dutzende Doktorarbeiten zur Herstellung von neuen Drogen an österreichischen Universitäten finanziert hat, sorgte dies jedenfalls zu einem wütenden Protestschreiben der chinesischen Botschaft in Wien.
90 Fentanyl-Tote nicht in der Drogenbilanz
In wie weit Fentanyl in Österreich schon angekommen ist, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Wie die Polizei-Fachzeitung kripo.at berichtet, starben seit 2017 in Österreich 90 Menschen an einer Fentanyl-Überdosis, wurden aber aus der offiziellen Statistik herausgerechnet. Das Gesundheitsministerium spricht von "lediglich suizidalen Überdosierungen bei terminalen oder schweren Erkrankungen, die keinen Rückschluss auf hochriskanten Drogenkonsum erlauben".
Eine weitere Möglichkeit ist, dass Kokain den Platz von Heroin einnimmt. Die Drogentester von "Check-it" berichteten zuletzt von Reinheitsgraden bis zu 80 Prozent, beinahe doppelt so stark wie noch vor einigen Jahren. Das hat einerseits mit Rekordernten in Südamerika zu tun, andererseits damit, dass das Koks immer häufiger in Europa verarbeitet und - wegen der starken Konkurrenz - ohne Streckmittel versehen wird.
Diese Entwicklung bestätigt auch das Bundeskriminalamt: "Die Qualität bzw. Reinheit wurde im Laufe der letzten zwei Dekaden stark erhöht, wobei der Preis relativ stabil geblieben ist."
Cannabis aus der Retorte
Fest steht, dass bereits jede Woche eine neue Droge auf den Markt kommt. In Deutschland etwa gab es bei den Toten ein Plus von 50 Prozent innerhalb von nur vier Jahren. In Österreich stiegen alleine die Verdachtsfälle von rund 350 auf 550, wobei dann viele Opfer aus der Bilanz aussortiert wurden.
Völlig neugeordnet wurde auch der Markt der nicht tödlichen Droge Cannabis. Da nur ein Wirkstoff (THC) verboten ist, werden Dutzende andere extrahiert oder sogar künstlich hergestellt. Manche davon sorgen allerdings für Psychosen oder Erbrechen. Deutschland will diesen ausufernden Markt in den Griff bekommen und erlaubte deshalb den Eigenanbau, der kaum derartige Gefahren hat.
Dies dürfte auch viele Österreicher auf den Plan gebracht haben. Denn hierzulande dürfen THC-Stecklinge legal gekauft werden, sie zur wirkungsvollen Blüte zu bringen ist aber strafbar. Dennoch werden hierzulande rund 1000 Plantagen von der Polizei geerntet. Und der Trend könnte auch hier nach oben gehen, denn in den vergangenen Wochen waren zahlreiche Sorten in den Geschäften mit klingenden Namen wie "Grüner Daumen oder "Hanfgarten" ausverkauft.
Inwiefern sich vor diesem Hintergrund ein „Schwarzmarkt“ entwickelt, der auch auf Österreich „ausstrahlt“, lässt sich derzeit aber noch nicht einschätzen, heißt es im Bundeskriminalamt.
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