Cybercrime: Warum die Polizei so wenig Verbrechen aufklärt
In Deutschland wird fast jede dritte Straftat im Internet aufgeklärt, in Österreich gerade einmal jede fünfte. Denn hierzulande fehlt es seit bald drei Jahrzehnten an Material und Personal für die Ermittler. Und daran hat sich bis heute nichts geändert, moniert der Rechnungshof in einem aktuellen Bericht:
Eine Cyber-Cobra mit rund 300 Beamten oder IT-Ausbildungen für Hunderte Ermittler wurden angekündigt - im Jahr 2022. Umgesetzt wurde davon bisher nichts. Im Innenministerium konnte man den Prüfern nicht sagen, wie man das notwendige Personal überhaupt rekrutieren möchte.
De facto herrscht seit 2021 Reformstau: Organisation und Material (Hard- bzw. Software) seien nicht mehr zeitgemäß, lautet das Fazit des Rechnungshofs, es fehlen sogar geeignete Räumlichkeiten. Im Bundeskriminalamt wird seit nunmehr sieben Jahren ergebnislos an fachlichen Standards für Cybercrime-Präventionsbeamten gearbeitet.
Zusätzlich wurde das größte Landeskriminalamt (Wien) nicht in die Verbesserungen eingeplant, obwohl dort schon jetzt die IT-Akten bis zu mehr als einem Jahr unbearbeitet bleiben. Ein Projekt zur Stabilisierung der Lage musste sogar von der Wiener Polizei "stillschweigend" am Innenressort vorbei verlängert werden, heißt es im RH-Bericht.
Und außerdem vermissen die Prüfer "weiterhin angemessene organisatorische, personelle und infrastrukturelle Rahmenbedingungen, um allen mit der Bekämpfung von Cyberkriminalität befassten Organisationseinheiten des Innenministeriums die zeitgemäße und zweckmäßige Erfüllung ihrer Aufgaben zu ermöglichen".
Rechnungshof-Vorschläge kaum umgesetzt
2021 hatte der Rechnungshof bereits 17 Verbesserungsvorschläge an das Innenresssort, das Bundeskriminalamt und die Justiz gerichtet. Komplett umgesetzt wurden davon lediglich drei. Während es im Netz Schlag auf Schlag geht mit Innovationen, arbeiten die Behörden vergleichsweise zaghaft. Als die Neustrukturierung angekündigt wurde, war Künstliche Intelligenz kaum bekannt. Man mag sich kaum vorstellen, wo die Technik bereits sein wird, wenn die Reform in voraussichtlich fünf Jahren abgeschlossen sein wird.
Die Verbrecher nutzen es offenbar aus, dass die Mühlen der österreichischen Bürokratie so langsam mahlen. Die Cyberkriminalität stieg im Jahr 2022 (im Vergleich zum Vorjahr) jedenfalls um 30 Prozent auf 60.195 angezeigte Delikte an. Im Jahr 2023 erhöhte sich diese Zahl weiter - auf 65.864.
Zum Vergleich: In ganz Deutschland wurden gerade einmal doppelt so viele Straftaten im Netz registriert.
Ministerium kritisiert wiederum Rechnungshof
Im Innenministerium kritisiert man hingegen die Kritiker des Rechnungshofes und wirft ihnen "Oberflächlichkeit" vor. Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, sagt etwa dazu: „Die 2023 gestartete Personaloffensive ist mit 2500 Aufnahmen allein in diesem Jahr voll im Laufen. Die Kriminaldienstreform ist bereits mit 1. Juni 2024 in die Phase der Umsetzung gegangen, die neuen Cyber Crime Trainingscenter nehmen gerade die Arbeit auf. All diese bereits gesetzten Maßnahmen finden im Bericht des Rechnungshofes keine entsprechende Berücksichtigung. Die vom Rechnungshof empfohlene Anpassung der Organisation und der Prozesse ist lediglich eine Weiterentwicklung des seit Jahren von unseren Beamten konsequent geführten Kampfes gegen Internetkriminalität.“
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