Rechnungshof: Cyberkriminalität wird von Polizei zu wenig bekämpft

FILE PHOTO: Hooded an holds laptop computer as cyber code is projected on him in this illustration picture
Noch kein Personal für die 2022 vom Innenminister angekündigte Cyber-Cobra, kritisiert der Rechnungshof. Nur jede fünfte Straftat wird aufgeklärt.

Die Internet-Kriminalität explodiert, die Bekämpfung ist allerdings nicht gut aufgestellt. Der Rechnungshof übt daran nun scharfe Kritik. "Die Reformmaßnahmen zur Bekämpfung von Cyberkriminalität gehen noch nicht weit genug", heißt es in einem am Freitag veröffentlichten Prüfpapier. Im Visier sind dabei vor allem das Innen-, aber auch das Justizministerium. 

"Im Rahmen einer Reorganisation, der Kriminaldienstreform 2.0, ging das Innenministerium von einem Bedarf an 300 neuen Arbeitsplätzen für die Prävention und Bekämpfung von Cyberkriminalität aus", berichtet der Rechnungshof. Die Reform wurde bereits 2022 präsentiert, das Recruiting für diese Arbeitsplätze war zur Zeit der aktuellen Überprüfung allerdings noch immer nicht festgelegt.

300 Polizisten für die "Cyber-Cobra" fehlen

Faktisch habe sich bei der Bekämpfung von Cybercrime seit 2021 nichts weiterentwickelt. "Wie es diese 300 Arbeitsplätze besetzen will, dazu stellte das Innenministerium keine konkreten Überlegungen an", urteilt der Rechnungshof. Und das, obwohl Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mit diesen Polizisten eigentlich den Aufbau einer eigenen "Cyber-Cobra" angekündigt hatte, die im world-wide-web auf virtuelle Streife gehen sollte. 

Auch sei das Landeskriminalamt Wien, das mit Abstand größte Österreichs, nicht Teil des Gesamtkonzepts zur Stärkung der Bekämpfung von Cyberkriminalität, kritisieren die Prüfer. Dabei habe die IT-Beweissicherung aktuell kaum Ressourcen, sodass Akten monatelang nicht bearbeitet werden können. 

Außerdem hatten sich die beiden betroffenen Ministerien nicht einmal abgestimmt, welche Delikte unter dem Begriff Cyberkriminalität überhaupt zusammengefasst werden. So verwendet zum Beispiel nur das Innenministerium die Kategorie „Internetbetrug“, nicht aber das Justizministerium. Das erschwere es, auf Basis vergleichbarer Zahlen wirksame Maßnahmen zu ergreifen.

Die Internet-Kriminalität explodiert, die Bekämpfung ist nicht zeitgemäß

Die Cyberkriminalität stieg im Jahr 2022 (im Vergleich zum Vorjahr) jedenfalls um 30 Prozent auf 60.195 angezeigte Delikte an. Im Jahr 2023 erhöhte sich diese Zahl weiter - auf 65.864. Gleichzeitig sinken klassische Kriminalitätsformen. Bei Raub oder Einbruch liegen die Klärungsquoten bei über sechzig Prozent, bei Mord sogar über neunzig. Im Internet wird hingegen nur jede fünfte Straftat aufgeklärt.

Der Rechnungshof empfiehlt jedenfalls, "angemessene organisatorische, personelle und infrastrukturelle Rahmenbedingungen zu schaffen: Damit soll es allen Organisationseinheiten des Innenministeriums, die sich mit der Bekämpfung von Cyberkriminalität befassen, möglich sein, ihre Aufgaben zeitgemäß und zweckmäßig" zu bewältigen.

Der heute veröffentlichte Bericht des Rechnungshofes und die darin geäußerte Kritik stößt hingegen auf völliges Unverständnis im Innenministerium. Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Franz Ruf, sagt dazu:  „Die 2023 gestartete Personaloffensive ist mit 2.500 Aufnahmen allein in diesem Jahr voll im Laufen. Die Kriminaldienstreform ist bereits mit 1. Juni 2024 in die Phase der Umsetzung gegangen, die neuen Cyber Crime Trainingscenter nehmen gerade die Arbeit auf. All diese bereits gesetzten Maßnahmen finden im Bericht des Rechnungshofes keine entsprechende Berücksichtigung. Die vom Rechnungshof empfohlene Anpassung der Organisation und der Prozesse ist lediglich eine Weiterentwicklung des seit Jahren von unseren Beamtinnen und Beamten konsequent geführten Kampfes gegen Internetkriminalität“, so der Generaldirektor. Die Rede ist auch von "oberflächlicher Berichterstattung durch den Rechnungshof".

Nach KURIER-Informationen gab es dazu  am Freitag auch ein  heftiges Telefonat von Innenminister Gerhard Karner mit Rechnungshof-Präsidentin Margit Kraker.

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