ÖBB-Lokführer: "Morddrohungen und Übergriffe auf der Tagesordnung"
Die Zustände auf der Wiener Schnellbahn-Stammstrecke eskalieren weiter. "Beleidigungen, Übergriffe, übertragbare Krankheiten, Morddrohungen gehören zur Tagesordnung", heißt es auf einem Flugblatt, das aktuell unter Lokführern kursiert und in Aufenthaltsräumen aufliegt. Offenbar erging es auch als interne Meldung an die ÖBB.
Wie berichtet, sorgt seit Monaten ein verlauster Obdachloser für Ärger. Mehrmals pro Tag müssen Züge eingezogen und desinfiziert werden. Der Mann steigt nach einem Rausschmiss durch ÖBB-Mitarbeiter meist einfach in den nächsten Zug wieder ein. Die Folge sind mitunter Ausfälle der Verbindungen.
Drogensüchtige, Alkoholiker, Perverse
Doch auch gewalttätige Drogenkonsumenten, Alkoholiker und Perverslinge, die vor den Fahrgästen onanieren, gehören zum Alltag, heißt es in dem anonymen Hilferuf von Lokführern. "Jeder schiebt die Verantwortung ab, keiner fühlt sich zuständig, Securitypersonal ist kaum anzutreffen. Wer darf sich darum kümmern - WIR", heißt es da.
Heftig kritisiert wurde auch das sogenannte 0:0-System der ÖBB. Damit wurden die Schaffner eingespart, die Lokführer sind damit oft alleinverantwortlich für die Züge. Die Gewerkschaft läuft seit Jahren Sturm dagegen, auch in Berichten des Verkehrsministeriums wurde auf dadurch entstehende Sicherheitsprobleme mehrfach hingewiesen. Allerdings konnte die Bahn dadurch Hunderte Arbeitsplätze und damit hohe Kosten einsparen.
"Täglich haben wir damit zu kämpfen, müssen Züge selbst räumen und Störenfriede beseitigen. Es wird von uns erwartet, für Sicherheit zu sorgen, dabei begeben wir uns selbst in Gefahr. Seitens ÖBB keinerlei Unterstützung", ist im Flugblatt zu lesen. Gefordert wird mehr Sicherheitspersonal in Zügen und den Endbahnhöfen. Angeregt wird auch eine Bewaffnung mit Pfefferspray.
ÖBB verweisen auf Notfallkoordinator
Die Bahn weist die Vorwürfe zurück: "Die Mitarbeiter erhalten jegliche Unterstützung, die sie benötigen. Diese sind unbedingt angehalten sich nicht selbst in Gefahr zu bringen. Wenn eine Gefahrensituation für den Triebfahrzeugführer absehbar ist und er Unterstützung braucht, kann er den Notfallkoordinator über Zugfunk verständigen", sagt ÖBB-Sprecher Daniel Pinka. Das sei rund um die Uhr möglich.
Und Pinka weiter: "Seit 2020 werden unsere Service- und Kontrollteams mehrmals im Monat im Großraum Wien von Exekutivbeamten der Bereitschaftseinheit Wien begleitet. Diese Schwerpunktaktionen am Zug zielen auf die Hebung des subjektiven Sicherheitsgefühles der Fahrgäste aber auch unserer Mitarbeiter am Zug ab." Die ÖBB-Teams wären speziell in den 0:0-Zügen im Einsatz. Diese Maßnahme diene ebenfalls der Steigerung des subjektiven Sicherheitsgefühls.
"Aufgrund der Meldungen unseres Zugpersonals zu z.B. Drogendelikten werden durch den ÖBB-Sicherheitsdienst und die Exekutive auch Schwerpunktaktionen an Bahnhöfen durchgeführt – heuer fanden solche Aktionen etwa in Wien-Rennweg und -Floridsdorf statt", sagt Pinka. An ausgewählten Bahnhöfen würden bei endenden Zügen auffällige Fahrgäste durch Security-Personal aus den Zügen begleitet.
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