Coronatests negativ: Urlauber und Pendler sitzen dennoch in Heiligenblut fest

Coronatests negativ: Urlauber und Pendler sitzen dennoch in Heiligenblut fest
Sie dürfen vorerst den Ort nicht verlassen, sagt Bürgermeister Josef Schachner. Zudem sitzen 40 Urlauber auf einer Hütte fest.

In der Früh standen sie plötzlich da, die Scherengitter. Seit Samstag steht auch die Kärntner Gemeinde Heiligenblut unter Quarantäne, wie die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau am Samstag mitteilte. Ausländische Gäste dürfen aus dem Skigebiet abreisen, für Österreicher ist die An- und Abfahrt gesperrt. Die Maßnahme gilt bis 29. März. Zuvor waren zwei Bewohner positiv auf das Cornavirus getestet worden. Und obwohl am Samstagabend klar war, dass sechs Verdachtsfälle negativ getestet wurden, hielt die Behörde an den Maßnahmen fest.

Den Ortschef erwischte die Maßnahme unvorbereitet. "Es ist ein Chaos", sagt Bürgermeister Josef Schachner. Es habe "keine Kommunikation" gegeben, er habe selbst erst am Samstag von den Maßnahmen erfahren. "Um acht Uhr kam der Bescheid", berichtet er. Um 8.30 Uhr seien die Straßen gesperrt worden.

In der Gemeinde sind zwei Hotelmitarbeiterinnen mit dem Coronavirus infiziert, nachdem sie Kontakt mit deutschen Urlaubern hatten. Fünf weitere Mitarbeiter seien negativ getestet worden. Allerdings gibt es noch mehrere Verdachtsfälle.

Mitarbeiter durften einfahren - aber nicht mehr raus

Vor der Sperre, berichtet der Ortschef, seien aber noch Mitarbeiter der Hotels sowie der Liftbetriebe in die Gemeinde eingependelt. 20 bis 30 Menschen würden nun festsitzen. "Sie lassen sie nicht mehr heimfahren. Das geht doch nicht, viele haben kleine Kinder", ist Schachner fassungslos. Am Gemeindeamt hätten sich herzzerreissende Szenen abgespielt. "Das ist die Härte pur." Die Leute seien nun in Notunterkünften untergebracht.

Für Unverständnis sorgt zudem, dass zwar die ausländischen Gäste abreisen dürfen, die österreichischen Urlauber aber nicht. "Jetzt stehen wir vor einem Problem, das fast unlösbar ist", sagt der Bürgermeister.

Samstagmittag hatten die ausländischen Gäste Heiligenblut weitgehend verlassen. Sie mussten ihre Daten angeben, sich unverzüglich auf den Heimweg machen und bei ihren Heimatgemeinden melden.

160 Österreichische Gäste müssen ihren Urlaub nun aber unfreiwillig um 14 Tage verlängern. Unverständlich für Schachner.

Am Abend erreichte den Bürgermeister noch eine weitere Hiobsbotschaft.  Er erhielt kurzfristig einen Bescheid der BH Spittal/Drau, dass der Liftbetrieb einen Tag früher zu enden hat, nämlich mit Samstag anstatt mit Sonntag. Nun sitzen rund 40 Gäste auf 2450 Meter Seehöhe auf der Wallackhütte fest. Sie bräuchten die Seilbahn, um mit ihrem Gepäck ins Tal zu kommen. "Wenn wir das früher gewusst hätten, hätten wir agieren können, statt reagieren", sagt Schachner.

Maßnahmen laut Ortschef sinnvoll

Zuvor hatte der Ortschef betont, dass er die Maßnahmen selbstverständlich mittrage. Allerdings hätte er sich vorab Informationen gewünscht. Die Sperren seien überfallsartig passiert. "Da sind wir echt vor den Kopf gestoßen." Denn eigentlich hatte man in der Gemeinde geglaubt, alles im Griff zu haben. Ein Krisenstab sei gebildet worden, man habe mit Hotelsperren ab Montag und mit dem Ende des Liftebtriebs am Sonntag berechnet.

Nun herrscht am Gemeindeamt Krisenmodus, es sei eine "herausfordernde Situation". Man sei mit den Verantwortlichen des Paznauntals in Kontakt, um von den Erfahrungen zu lernen. Das Gebiet sowie St. Anton am Arlberg stehen ebenfalls unter Quarantäne.

"Ruhig Blut" in Heiligenblut

Die Bewohner von Heiligenblut sehen die Isolation indes entspannter. "Das ist nun mal jetzt so", sagt etwa Landwirt Simon Steiner. "Wir werden jetzt keine Panik kriegen." Auf der Straße sei es ziemlich ruhig, bei den Einfahrtsrouten seien Scherengitter aufgestellt. Auch die Polizei sei natürlich vor Ort.

Tatsächlich ist die 1100-Einwohner-Gemeinde einiges gewohnt. Vergangenes Jahr im Winter war Heiligenblut wegen großer Schneemengen von der Außenwelt abgeschnitten. Damals habe man kaum die Häuser verlassen können und es gab auch keinen Strom.

Generell seien es die Bewohner in Heiligenblut darauf eingestellt, etwas mehr Vorräte zu Hause zu haben, meint Steiner. Auch weil der nächste große Supermarkt nicht gleich ums Eck liege. Der Appell des Landwirtes: "ruhig Blut".

Info-Hotline

Um den Informationsbedarf der Bevölkerung zu stillen, wurde für die Bevölkerung in Heiligenblut und für Menschen, die in den vergangenen 14 Tagen in Heiligenblut waren, in der Kärntner Landesregierung für heute, Samstag, eine Hotline eingerichtet. Von 15 Uhr bis 17 Uhr beantworten Experten der Landessanitätsdirektion und des Roten Kreuz unter 050 536-15091 und -15102 Fragen.

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