In Wien erfolgt das Contact Tracing durch Mitarbeiter des Magistrats, in Niederösterreich über die Bezirkshauptmannschaften. Dort und in Tirol unterstützt aktuell sogar das Bundesheer, weil die Kapazitäten knapp geworden sind. Aber – wie so oft – ist Wien auch diesmal anders. Die Stadt stellt 500 neue Contact Tracer an und kooperiert dafür mit dem AMS – um der Arbeitslosigkeit in der Krise entgegenzuwirken. Wiens Contact Tracer werden bei Bewerbungsgesprächen ausgewählt, eingeschult, angeleitet. Ihre Anstellung ist auf zehn Monate befristet, bezahlt werden 1.800 Euro brutto. Polizisten werden nicht herangezogen, die haben Anderes zu tun, heißt es aus dem Büro des zuständigen Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ).
Auch das Land Oberösterreich ist auf der Suche nach Contact Tracern. Dort will man für eine 40-Stunden-Anstellung allerdings nur 1.100 Euro bezahlen. Das hat Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) eine Debatte um faire Entlohnung eingebrockt. Die 1.100 Euro sind nämlich jenes Gehalt, das der Kollektivvertrag für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Callcentern vorsieht. Denn Telefonieren, das ist des Contact Tracers Kernarbeit.
Und die stößt am anderen Ende der Leitung nicht immer auf Gegenliebe. "Ihr Trotteln. Corona gibt’s ja gar nicht!" – auch Schimpftiraden von Corona-Leugnern müssen sich die Contact Tracer mitunter anhören, sagt Walter Hillerer, Chef der Gruppe für Sofortmaßnahmen am Wiener Magistrat. In Hillerers Obhut fallen derzeit 350 Spurensucher, mit den 500 neuen werden es bald 850 sein.
Contact Tracer sind die Schlüsselfiguren der Krise. Sie müssen herausfinden, wer, mit wem Kontakt hatte, wer wen angesteckt haben könnte. Und das müssen sie auch, wenn das Gegenüber nicht kooperieren will. Denn das, was einem die Contact Tracer am Telefon sagen, hört keiner gern.
Das ist entweder: Sie wurden positiv auf Corona getestet. Oder: Sie sind eine Kontaktperson ersten Grades. Dann wird 10 Tage Quarantäne ausgesprochen, danach geht es noch immer ans Eingemachte. Die Contact Tracer stellen Frage um Frage. Zunächst geht es um die harten Fakten: Wohnsituation, Arbeitgeber (denn auch der muss informiert werden). Dann um das soziale Leben.
Wer keine Antwort auf die Frage Können Sie sich vorstellen, wo Sie sich angesteckt haben? hat, dem helfen die Contact Tracer weiter: Waren Sie auf einer Kultur-Veranstaltung? Bei einem Sport-Event? Auf einer Hochzeit, Taufe, Geburtstagsfeier? Haben Sie jemanden auf die Wange geküsst? Hat Sie jemand auf die Wange geküsst?
Wie Ermittler in einem Krimi darf man sich die Tracer aber nicht vorstellen. Sie sind keine Detektive, tragen keine langen, beigen Trenchcoats, schreiben nicht in kleine, schwarze Notizblöcke. Sie sitzen in Büros, stellen ihre Fragen anhand eines Leitfadens und tragen die aufgenommen Daten in ein Computerprogramm ein.
"Die einzige Detektivarbeit ist, bei den Corona-Schutzanzügen die richtigen Ausgänge für Hände und Füße zu finden", sagt Walter Hillerer. Wenn die Daten zu den gesuchten Personen nämlich nicht vollständig sind, müssen die Contact Tracer in voller Montur ausfahren. Und dann ist es schon ein kleines bisschen Detektivarbeit.
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