140 Kündigungen: Das Hotel Sacher in der Krise

140 Kündigungen: Das Hotel Sacher in der Krise
105 Mitarbeiter müssen in Wien gekündigt werden, 35 in Salzburg. Geschäftsführer Matthias Winkler spricht dennoch von einer "lösbaren Krise".

Nein, es ist nicht die erste Krise des ehrwürdigen Sacher.

Das Sacher gab es im Ersten Weltkrieg, das Sacher gab es im Zweiten Weltkrieg, das Sacher war auch schon einmal pleite.

Dienstagfrüh gab Sacher-Chef Matthias Winkler bei einem Termin mit Finanzminister Gernot Blümel und Martin Selmayr, Vertreter der EU-Kommission in Österreich, bekannt (siehe dazu Seite 7), dass das Sacher 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kündigen muss.

Und zwar 105 Mitarbeiter aus dem Hotel Sacher in Wien (das entspricht einem Viertel der Belegschaft) und 35 Mitarbeiter im Hotel Sacher in Salzburg (15 Prozent der Belegschaft).

Betroffen sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Hotelbereichen, nur die Manufaktur – in der etwa die Sachertorte hergestellt wird – ist von den Kündigungen ausgenommen.

Der Rest des Personals bleibt in Kurzarbeit, sagte Winkler. Und er wisse nicht, ob er diese Mitarbeiter – wie vorgesehen – zu 30 Prozent beschäftigen können wird. „Dramatischer kann eine Situation nicht sein“, sagte der Sacher-Chef.

140 Kündigungen: Das Hotel Sacher in der Krise

Sacher-Geschäftsführer Matthias Winkler

Schuld an dieser Situation ist Corona – im weitesten Sinn. Und es sind die ausbleibenden Touristen im engeren Sinn. Denn 92 Prozent der Gäste der Hotel Sacher sind internationale Reisende – und die fehlen noch immer.

Denn wo es keine Flüge gibt, gibt es auch keine Touristen.

Das Sacher ist damit der erste Traditionsbetrieb in Wien, der massiv Stellen abbauen muss. Die Situation habe keine andere Möglichkeit zugelassen. „Bei 25 bis 30 Prozent des normalen Umsatzes, kann man nicht 100 Prozent des Personals behalten“, sagt Winkler im Gespräch mit dem KURIER.

Vom Geldverdienen sei auch nach der Kündigung der Mitarbeiter keine Rede. Es gehe lediglich darum, die Verluste zu reduzieren. „Wir haben versucht, keinen einzigen Mitarbeiter zu kündigen“, sagt der Sacher-Chef am Dienstag. „Bis zum heutigen Tag.“

Schon bisher beklagten Gastronomen und Hoteliers vor allem in der Innenstadt die fehlende Kundschaft. Viele Wienerinnen und Wiener blieben der City in den Sommermonaten fern, die Homeoffice-Regelungen vieler Unternehmen trugen ihr Übriges dazu bei.

Kompletter Ausfall

Der Tourismus in Wien ist im Juli um 73 Prozent eingebrochen. 443.000 Nächtigungen hat der Wien-Tourismus gezählt, knapp 1,7 Millionen waren es im Juli 2019. Nur 23 Prozent der Hotelbetten waren belegt, statt 66,5 Prozent wie im Juli des Vorjahres. Das entspricht fast einem Komplettausfall.

Im Juni war die Situation noch dramatischer: Da gab es bei den Nächtigungen ein Minus von 88 Prozent.

Aktuell hat überhaupt nur etwa die Hälfte der Wiener Hotels geöffnet. Die Initiative „Erlebe deine Hauptstadt“, mit der heimische Touristen mit günstigen Konditionen in Top-Hotels zum Urlaubmachen in Wien bewogen werden sollten, floppte. 20.000 Besucher haben sich die Initiatoren erwartet, gekommen sind nur halb so viele.

Trotzdem will man im Advent einen zweiten Versuch starten.

Doch die Aussicht auf den Winter – auf die „Indoor-Monate“ wie der Sacher-Chef sagt – sei nicht besser. Schon gar nicht angesichts der wieder steigenden Infektionszahlen.

Vergangene Krisen – jene, die auf den Terroranschlag auf das World Trade Center in New York am 11. September 2002 folgte, sowie die Finanzkrise aus dem Jahr 2008, habe die Wiener Stadthotellerie vier bis fünf Jahre gekostet, sagt der Sacher-Chef.

So lange habe es gedauert, bis die Umsätze wieder auf Vor-Krisen-Niveau geklettert sind.

Keine Normalität

Bei der Corona-Krise, die bekanntlich vor allem eine Gesundheitskrise ist, die in der Folge eine Wirtschaftskrise ausgelöst hat, wird es „mindestens“ so lange dauern, vermutet Winkler.

Die Maßnahmen der Politik waren laut Winkler ausreichend. Kurzarbeit und Fixkostenzuschuss hätten den Hoteliers ebenso geholfen wie die Öffnung der Winterschanigärten durch die Stadt.

Klar sei aber auch, dass die Stadthotellerie noch mehr Unterstützung brauche.

Und, dass sich die Unternehmer selbst Angebote für die Gäste schnüren müssen. Das sei kein Vorwurf an die Kollegen, sondern „ein Appell“.

Die aktuelle Krise will der Sacher-Chef übrigens „tunlichst nicht“ mit Krisen wie jenen nach den Weltkriegen vergleichen. „Damals gab es Leid, Elend, Krankheit und Angst. Diese Krise ist eine lösbare“, sagt Matthias Winkler.

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