Behinderte protestieren bei ÖVP und Grünen für ihre Rechte

Behinderte protestieren bei ÖVP und Grünen für ihre Rechte
Österreich: Die UNO kritisiert die mangelnden Behinderten-Rechte. Die Betroffenen protestieren deshalb bei den Regierungsparteien ÖVP und Grünen.

Bei den Rechten und Möglichkeiten für behinderte Menschen hinkt Österreich noch immer hinterher. Erst im Sommer gab es eine entsprechende Rüge der UNO. Und selbst im Jahr 2023 wird noch versucht, in Niederösterreich einen hochbegabten Schüler mit einem IQ von 130 aufgrund einer Behinderung in eine Sonderschule abzuschieben. Zusätzlich erfüllen beide Regierungsparteien aktuell nicht einmal selbst die Beschäftigtenquote von 1 zu 25 für beeinträchtigte Personen, berichtet Dossier.

Aus allen diesen Gründen demonstrierten heute Nachmittag zahlreiche behinderte Personen vor den Parteizentralen der ÖVP und der Grünen.

200 Demonstranten bei ÖVP-Zentrale

Rund 200 Menschen versammelten sich deshalbin der Lichtenfelsgasse 7, um für die Rechte von beeinträchtigten Personen zu demonstrieren. "Lasst uns leben, nicht überleben" oder "Wir fordern inklusiven Arbeitsmarkt" steht auf einigen Plakaten. Auch Isabella Aigner, 43, aus Wien, hält ein Transparent in ihren Händen. "Wir wollen Teilhabe", steht darauf. "Mir ist es ganz wichtig, dass die persönlichen Assistenten endlich mehr Geld bekommen. Pro Stunde zahle ich zwar 35 Euro, mein Assistent bekommt aber nicht einmal die Hälfte davon", sagt die 43-Jährige. Ihr Assistent pflichtet ihr bei. "Ich bekomme pro Stunde zwischen 11 und 13 Euro, der Rest fließt an Organisationen, die Assistenten vermitteln", sagt der Wiener.

Mehr Geld für Unterstützung ist aber nicht der einzige Grund, warum Isabella und ihr Assistent hier sind. "Viele Veranstaltungen sind nach wie vor nicht barrierefrei, auch bei Zugängen zu Apotheken oder Ärzten gibt es viel Verbesserungspotential", sagt sie.

Nachdem Gudrun Kugler, Nationalratsabgeordnete der ÖVP, ein paar Worte an die Demonstrierenden gewandt hat, setzt sich der Trupp Richtung Löwelstraße in Bewegung. Bedrana Ribo, Sprecherin für Inklusion vom Grünen Club, richtet sich dort an die Menge: "Im Bereich Inklusion wird oft über den Kopf der Menschen hinweg entschieden, dabei weiß die Community ganz genau, was sie braucht." 

Angesprochen veröffentlichte Zahlen, wonach die Grünen die Beschäftigungsquote für beeinträchtigte Personen 2020 nicht erfüllten, sagt Ribo: "Diese Daten waren damals leider korrekt, bzw in einem Fall wurde nachgebessert. Jetzt haben wir drei Mitarbeiterinnen, die im Rollstuhl sitzen."

UNO kritisiert Österreich 

Scharfe Kritik gab es auch im Rahmen der Staatenprüfung von den Vereinten Nationen. Denn die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist auch 15 Jahre nach deren Ratifizierung hierzulande noch immer nicht vollumfänglich umgesetzt. 

Kritisiert wurde etwa, dass die eigentlich oft zuständigen Bundesländer kaum aktiv sind und vor allem auf Tätigkeiten des Bundes warten. Im Schulbereich wird die Lage sogar immer schlechter, behinderte Kinder bekommen weniger Unterstützung als noch 2017. Manche Schüler sitzen sogar wochenlang zuhause, weil Bildungsdirektionen nicht einmal wissen, wie sie mit solchen Fällen umgehen sollen. 

Auch bei der Barrierefreiheit hat Österreich laut UNO noch gewaltigen Aufholbedarf, selbst viele Ärzte und Apotheken sind für die rund 50.000 Rollstuhlfahrer, wie berichtet, nicht erreichbar. Rückschritte gab es auch bei den Bauvorschriften und dem Zugang zu Internet-Informationen von öffentlichen Stellen. Vorzeigebeispiel, wie man es nicht machen sollte, ist etwa die Seite des Wiener Burgtheaters.

Streit um Hilfsmittel für Schwerbehinderte

Und während Schwerbehinderte in Deutschland ein Anrecht auf Hilfsmittel wie Spezial-Elektrorollstühle oder Roboterarme haben, spielen sich hierzulande die Betroffenen - von Gesundheitskassen bis Pensionsversicherungsanstalt - gegenseitig den Schwarzen Peter für eine Finanzierung zu. Das führt zu derartig kuriosen Fällen, dass ein Plastik-Ersatzteil für eine Magensonde um 20 Euro nicht bezahlt wird, dafür aber ein dann notwendiger Spitalsaufenthalt mit Kosten im vier- bis fünfstelligen Bereich von der ÖGK übernommen werden muss. 

Während in anderen Ländern Urlaubsangebote für Menschen mit Behinderungen großteils vorhanden sind, hat Österreich hier noch Aufholbedarf. Kärnten versucht hier Initiativen zu setzen, allerdings ist das Umfeld nicht immer ideal. In Mallnitz etwa wurde ein wunderschöner, rollstuhlgerechter Wanderweg eingerichtet - gleichzeitig gibt es nur eine barrierefreie Unterkunft, die man aber für mindestens eine Woche buchen muss. 

Die Plattform Dossier hat jedenfalls die Erfüllung der Behinderten-Beschäftigungsquote bei 20 österreichischen Medienhäusern geprüft. Fünf davon (über-)erfüllen die Quote, der KURIER liegt dabei mit 111 Prozent auf Platz zwei. 

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