Vier Hunde in Auto verendet: Gericht sprach angeklagten Polizisten frei

Symbolbild
Der 34-Jährige hätte sich zwar unklug verhalten, ein Vorsatz konnte ihm jedoch nicht nachgewiesen werden.

Die Erhebungen des Landeskriminalamtes waren akribisch, ebenso detailliert fragte Richter Martin Bodner am Landesgericht Korneuburg bei dem Angeklagten und den geladenen Zeugen nach. Und dennoch: So richtig schlau wurde aus dem Fall eines Weinviertler Polizisten, dessen Hunde im vergangenen Sommer in seinem Auto verendet waren, niemand.

Der 34-Jährige Polizist war Zeit seines Lebens von Hunden begeistert, wie er schilderte. Sein Traum: Er wollte Diensthundeführer werden. Mehr noch, er wollte auch andere Polizisten in diesem Bereich ausbilden. Eine Leidenschaft, die er mit seiner damaligen Lebensgefährtin teilte.

Dann kam der 18. August des Vorjahres – der Tag, an dem sich sein Leben entscheidend verändern sollte. Der 34-Jährige beschloss, in der Mittagszeit eine Runde laufen zu gehen. Mit dabei waren die vier Hunde des Paares, davon zwei Diensthunde. Ungewöhnlich war daran nichts, wie auch seine Lebensgefährtin beteuerte; die Tiere waren gut trainiert und im besten Alter. Außerdem stand am Abend dieses gemeinsamen Urlaubstages eine Feier an, der Hundehalter wollte die Tiere also noch auspowern. Und auch er selbst wollte gegen seine Schlafstörungen anlaufen; er sei damals sehr gestresst gewesen, die Haussanierung hatte ihn gefordert.

Bis zu 31 Grad erreichten die Temperaturen an diesem Tag. Der Polizist sprach von einer „drückenden Hitze“, die ihm beim Laufen immer mehr bewusst wurde. Er beschloss, die Laufrunde abzukürzen – als die beiden Hunde, die dem Paar gehörten, einen Hasen entdeckten und Reißaus nahmen. Der Mann geriet in Panik. Umso mehr, als der Schäfer der Freundin nach der Hetzjagd bedenkliche Symptome zeigte. Er hechelte, reckte den Kopf nach vorne. Die Hitze hatte dem Tier zugesetzt, wie der Polizist erkannt habe.

Allerdings ging es auch dem Mann selbst zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gut, wie er beteuerte. Sein Kreislauf wurde schwach, eine Situation, die er schon öfters erlebt hatte, und die auch ärztlich nachgewiesen war. Er trug den Schäfer so schnell wie möglich zum Auto, das er in der Sonne geparkt hatte, und lud auch die anderen Hunde ein. Der Weg nach Hause war nicht lange, aber verheerend; denn die Fenster geöffnet oder Klimaanlage aufgedreht hatte der erfahrene Hundehalter nicht. Warum? Das konnte er selbst nicht beantworten. „Ich hatte Panik“, erinnerte er sich zurück.

"Ich habe die leblosen Hunde gesehen und laut geschrien"

Tatsächlich schaffte er es bis zum Wohnhaus, stieg noch aus dem Wagen aus – als ihm der Kreislauf nach eigenen Angaben völlig versagte. Den Erhebungen zufolge könnte er zehn bis 15 Minuten bewusstlos gewesen sein. Sicher sagen lässt sich das aber nicht; seine Freundin war zwar Zuhause, hatte die Ankunft ihres Lebensgefährten und der Tiere aber nicht bemerkt.

Erst langsam wäre er zu sich gekommen und habe realisiert, dass die vier Hunde noch im Auto eingesperrt waren. Doch für die Tiere kam jede Hilfe zu spät; wie eine Obduktion der Veterinärmedizinischen Universität in Wien ergab, waren alle Hunde an einem Hitzschlag gestorben. „Ich habe die leblosen Hunde gesehen und laut geschrien. Dann bin ich wieder zusammengebrochen“, sagte der Angeklagte aus.

Das Paar dürfte danach versucht haben, den Tieren zu helfen, sie mit Wasser abzukühlen. Als der tote Schäferhund der Freundin abgeholt wurde, war sein Fell noch nass. So genau erinnern kann sich keiner der beiden an diese Schockmomente. Nur, dass der Angeklagte immer wieder gesagt haben soll: „Ich habe die Hunde umgebracht.“ Die Ermittler fanden die leblosen Hunde schließlich in ihren Zwingern vor, in denen sie erlaubt und ordentlich tagsüber gehalten wurden. Die Schwester der Lebensgefährtin hatte rote Rosen besorgt und sie den Vierbeinern für ihren letzten Weg an die Seite gelegt.

„Er war der einzige Mensch, dem ich meinen Hund anvertraut habe“, brach auch die frühere Lebensgefährtin eine Lanze für den 34-Jährigen. Mittlerweile ist das Paar getrennt. Gerüchte über eine heimliche Affäre des jungen Polizisten, die den Hunden das Leben gekostet hätte, hatte die Beziehung nicht verkraftet. Auch der Tierarzt, mit dem der Polizist befreundet war und den er in seiner Panik kontaktiert hatte, war sicher, dass der Lauf in der Hitze den Hunden nicht das Leben gekostet hatte. In einem völlig überhitzen und dazu noch abgeriegelten Auto würde es allerdings nur rund zehn Minuten dauern, bis ein Hund einen lebensbedrohlichen Zustand erreicht.

Für Richter lag kein Vorsatz vor

Zweifel an der Aussage des Angeklagten lagen vor allem deswegen vor, weil er seinen Vorgesetzten gegenüber zunächst nie etwas von einer Ohnmacht erwähnt hatte. „Ich hatte Angst um meinen Job“, sagte der Mann. Er habe befürchtet, dass er aufgrund gesundheitlicher Probleme ansonsten aus dem Dienst entlassen worden wäre.

In seinem Schlussplädoyer gab der Staatsanwalt unumwunden zu, dass er aus dem Fall nicht schlau wurde. „Der Angeklagte hat sich sehr seltsam verhalten. Warum ging er in der Hitze joggen? Warum hatte er keines der Autofenster geöffnet? Oder die Türen, als er zuhause angekommen war?“, fragte er sich. Doch auch ohne Antworten auf diese Fragen war für den Richter klar, dass im Fall des 34-Jährigen kein Vorsatz vorlag. „Er hätte klüger handeln müssen“, sagte Bodner. Bewusst gequält habe er die Tiere aber nicht. Der 34-Jährige wurde demnach vom Vorwurf der Tierquälerei freigesprochen, das Urteil ist rechtskräftig.

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