Vier Hunde qualvoll verendet: „Im Notfall Scheibe einschlagen“
Zuerst ein Jogginglauf bei sengender Hitze von über 32 Grad und danach eine – vermutlich zu lange – Zeit im heißen Auto. Der Tod von vier Hunden, darunter zwei gut ausgebildete Malinois-Polizeihunde, im nö. Weinviertel beschäftigt wie berichtet Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei. Die Tiere standen unter der Obhut eines erfahrenen Polizeidiensthundeführers.
Bereits in der Grundausbildung werden Diensthundeführer in diversen Lehrgängen in den Bundesausbildungszentren von Tierärzten über besondere Gefahren, etwa durch Hitze, unterrichtet. „Auch dahingehend, wie ein dem Tierwohl entsprechender Transport und die Unterbringung eines Polizeidiensthundes zu erfolgen hat“, heißt es dazu von der Landespolizeidirektion NÖ. Gerade das Auto wird im Sommer schnell zur tödlichen Gefahr für Mensch und Tier.
Heiß wie ein Backofen
Laut Untersuchungen der Tierschutzorganisation Pfotenhilfe erhitzt sich ein stehendes Fahrzeug bei 32 Grad Außentemperatur und Sonneneinstrahlung nach nur zehn Minuten auf 39 Grad und nach einer halben Stunde auf 48 Grad. „Durch den Glashaus-Effekt reichen eigentlich schon Minuten aus, die zum Tod führen können“, sagt Tierärztin und KURIER-Tiercoach Katharina Reitl.
Da Hunde nicht Schwitzen können, regulieren sie ihre Körpertemperatur über das Hecheln. „Ihr Körper hat dadurch ein viel schlechteres Hitze-Management und kann nicht schnell herunterkühlen“, sagt Reitl.
Haben Hunde kein Wasser oder einen kalten Boden, um ihre Körpertemperatur zu senken, kommt es rasch zur Dehydration. Über 42 Grad Körpertemperatur gerinnt das körpereigene Eiweiß des Tieres. „Das Blut stockt, es kommt zum Organversagen“, erklärt der Tiercoach. Selbst erfahrene Tierhalter seien vor so einem Unglück nicht gefeit, meint Reitl. „Es kann extrem schnell gehen. Eine kaputte Klimaanlage reicht da schon aus. Haustiere haben im Auto nichts verloren, sobald sich die Sonne zeigt.“
Rechtsfrage
Aber was tun, wenn man im Sommer bei großer Hitze einen eingeschlossenen Hund in einem Auto vorfindet? Darf man die Scheibe des Fahrzeugs einschlagen? Eine Frage, die auch den Chefjuristen des ÖAMTC, Martin Hoffer, beschäftigt.
Sollten Tier oder auch Mensch in ernsthafter Gefahr sein, liegt der Fall eines „Notstandes“ vor, der auch das Einschlagen einer Scheibe rechtfertige. Hoffer rät, das gelindeste zum Ziel führende Mittel anzuwenden – sprich: eine kleine Seitenscheibe einzuschlagen. „Um den Sachschaden möglichst gering zu halten.“
„Bevor man Handlungen setzt, sollte man unbedingt versuchen, die Polizei zu erreichen und sich von dort ein Einverständnis zu holen“, erklärt der Jurist. Habe man keine Chance, rasch Hilfe zu rufen, und sei weit und breit niemand in Sicht, „gehe das Tierwohl vor. Dann wird man eigenmächtig handeln dürfen.“ Hoffer rät, die Situation und alle Maßnahmen mit Fotos und Videos am Handy zu dokumentieren.
Polizeidienst
Ob der Vorfall mit den getöteten Hunden für den Polizei-Hundeführer auch dienstrechtliche Konsequenzen hat, wird erst das Ermittlungsverfahren zeigen. Im Dienstbetrieb achte man sehr genau auf äußere Bedingungen wie Hitze, heißt es dazu bei der Landespolizeidirektion Niederösterreich. "Für Einsätze bei hohen Temperaturen oder Schlechtwetter sind sämtliche Fahrzeuge der Diensthundeinspektionen mit Klimaanlagen und Standheizungen, sowie einer eigens nachgerüsteten Dachentlüftung ausgestattet. Die Fahrzeuge können auch im Standbetrieb gekühlt und belüftet werden", erklärt man bei der Pressestelle der LPD.
Die Busse sind bereits vom Hersteller mit "hochwertigen Transportboxen" optimiert. Über die Einsatzzeit eines Polizeidiensthundes bei extremen Außentemperaturen entscheidet der Hundeführer. Dies sei abhängig von Kondition, Alter und Konstitution des Hundes. "Bei extremer Hitze werden bei polizeilichen Einsätzen je nach Lage mehrere Polizeidiensthunde eingesetzt." Den Tieren werden dabei mehrfach Pausen mit Schatten und Bewässerung ermöglicht.
Hundepension
In der Regel wird nach Vollendung des 9. Lebensjahres dem Polizeidiensthundeführer ein Junghund zugewiesen, welcher parallel zum älteren Diensthund ausgebildet wird. Nach Abschluss der Diensthundeprüfung des jungen Hundes (in der Regel nach zwei Jahren) wird der ältere Diensthund in die Pension geschickt, erklärt man bei der LPD NÖ.
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