Reichsbürger: Kinder hausten in Weinkeller in Niederösterreich

Reichsbürger: Kinder hausten in Weinkeller in Niederösterreich
Ein 54-jähriger Systemkritiker rastete bei Kontrolle des Jugendamtes aus und attackierte Beamte mit einem Pfefferspray. Der Mann lebte mit Partnerin und sechs kleinen Kindern illegal in dem Versteck.

Der Verfassungsschutz ist das erste Mal vor sechs Jahren auf den Buchautor und Systemkritiker aufmerksam geworden. Einer staatsfeindlichen Verbindung war der 54-Jährige bisher nicht zuzuordnen, eher dem Dunstkreis der Reichsbürger und der Gruppe der „Prepper“ (vom engl. „prepare“, auf eine Katastrophe vorbereiten). Seit dieser Woche sieht die Risikoanalyse des Staatsschutzes etwas anders aus.

Gefährlich eskaliert ist nämlich  am Donnerstag in der Weinviertler Ortschaft Obritz (Bezirk Hollabrunn) eine Kontrolle von Jugendamt und Gemeinde. Die Behörde hatte von Bürgern den Tipp bekommen, dass ein Mann sich in einer Kellertrift häuslich niedergelassen hatte und mehrere Kinder dort vermutet werden.

Das Areal werde von Videokameras überwacht. Zeugen berichteten, dass die Kinderstimmen im Keller verstummten, sobald man sich näherte, bestätigt der Bürgermeister von Hadres, Josef Fürnkranz (ÖVP). Sensibilisiert durch den Fall Josef Fritzl, der seine Tochter in einem Keller in Amstetten jahrelang gefangen gehalten hatte, läuteten sofort die Alarmglocken.

Nachdem der Bürgermeister bereits vor zehn Tagen mit dem „sehr freundlichen“ Mann ergebnislos ein Gespräch geführt hatte, wurde Donnerstagnachmittag eine behördliche Kontrolle angeordnet. Ein Mitarbeiter des Jugendamtes sowie der Amtsleiter von Hadres fuhren an die Adresse, wo sie auf den 54-Jährigen trafen.

Mit Pfefferspray attackiert

Der Mitarbeiter der BH wollte die Kinder sehen. „Da ist der Mann im Keller verschwunden und kurz darauf zurück gekommen. Er hat unseren Amtsleiter und den Kollegen von der BH sofort mit einem Pfefferspray attackiert“, schildert Vizebürgermeister Erich Greil (ÖVP). Die beiden Verletzten bekamen kaum Luft. Fast blind durch das Reizgas flüchteten sie in die Weingärten. „Der Mann ist ihnen noch nachgelaufen“, schildert Greil. 

Reichsbürger: Kinder hausten in Weinkeller in Niederösterreich

Schusswaffen

Während die Opfer die Polizei riefen, verbarrikadierte sich der Verdächtige im Keller. Auf Anordnung der Staatsanwaltschaft Korneuburg drang die Polizei kurz darauf in das alte Presshaus ein und nahm den 54-Jährigen vorläufig fest.

Bei der Durchsuchung wurden laut Polizei mehrere Schusswaffen gefunden, die nun überprüft werden. Anwesend waren auch die 40-jährige Lebensgefährtin sowie sechs Kinder im Alter zwischen einigen Monaten und fünf Jahren. Sie wurden zur Überprüfung ihres Gesundheitszustandes ins Krankenhaus gebracht. Anzeichen auf eine Vernachlässigung gab es nicht. Bis zur genauen Klärung der Umstände befinden sich die Kinder in der Obhut des Jugendamtes.

Paar und Kinder nicht gemeldet

Die Nachforschungen gestalten sich schwierig, weil weder das Paar noch die Kinder in Österreich gemeldet sind. Der 54-Jährige soll zuletzt abwechselnd in Deutschland und England gelebt haben, er gibt an, der Vater der Kinder zu sein. Welche Staatsbürgerschaft sie haben beziehungsweise ob die Kinder, so wie behauptet, tatsächlich in England zur Welt kamen, wird derzeit überprüft.

Vier Keller gekauft

Gegen den 54-Jährigen wird wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt ermittelt, er wurde auf freien Fuß gesetzt. Umfeldrecherchen zu dem verdächtigen Reichsbürger haben ergeben, dass er in Deutschland jede Menge verbrannte Erde hinterlassen haben dürfte.

In Foren ist von „Diffamierung, Betrug und Querulantentum“ die Rede. Er selbst hat Texte veröffentlicht, die seinen Konflikt mit Behörden und Justiz und eine Festnahme von ihm beschreiben.

Die Ermittler vermuten, dass die verlassenen Weinkeller als abgeschiedener Rückzugsort dienen sollten, um möglichst unerkannt zu bleiben. Laut Greil hat der 54-Jährige über eine britische Firma bereits vier alte Keller in Obritz gekauft, weitere sollen dazu kommen.

„Die Verträge liegen auf der Gemeinde auf. Für Wohnzwecke dürfen die Keller aber nicht genutzt werden“, erklärt der Vizebürgermeister. Die sanitäre Ausstattung sei mangelhaft und schon gar nicht für die Unterbringung von Kindern geeignet, heißt es bei der Gemeinde.

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