Selbst für Knödel fehlen Marillen
Düstere Zukunftsaussichten äußerten Marillenbauern schon im März. Doch die Hoffnung, dass es heuer keinen Totalausfall der Ernte gibt, überwog damals noch. Nun bewahrheiten sich aber die schlimmsten Befürchtungen. Über die ganze Wachau habe man einen Ernteausfall von 90 Prozent, sagt Franz Reisinger, Obmann des Vereins Wachauer Marillen.
„Es schaut gar nicht gut aus. Wir haben ganz wenig Marillen. Der Winter war zu kurz und warm“, sagt Reisinger. Dadurch habe die Vegetation zu früh begonnen und die Marillen litten unter zu vielen zu kalten Nächten.
"Kein Straßenverkauf"
Ein paar Bäume in privilegierteren Lagen direkt neben der Donau würden zumindest ein paar Marillen tragen. „Aber wir haben auch einen starken Junifruchtfall. Das betrifft Früchte, wo die Samenanlagen geschädigt sind. Die fallen dann auch noch ab. Das ist momentan die Realität“, ist Reisinger enttäuscht.
Schade sei die Situation nicht nur für die Bauern, sondern auch für die Kundschaft, sagt er. „Straßenverkauf wird es keinen geben. Viele Bauern haben nicht einmal für sich selbst genug Marillen, dass sie Knödel machen können.“
Marillen beheizt
Die düstere Bilanz bestätigt auch Wolfgang Lukas, Referat Obstbau der Landwirtschaftskammer Niederösterreich. Doch durch kleinklimatische Bedingungen gäbe es einige Anlagen, wo die Blüte beim Frost schon weiter war und nicht ganz so viel zu Schaden gekommen sei. „Da sind ein paar Marillen übrig geblieben“, sagt Lukas. Außerdem gäbe es einige Betriebe, die immensen Aufwand betrieben haben und zigtausende Euro verheizten, um die Marillen vor dem Frost zu schützen. „Die haben es geschafft 50 oder 60 Prozent der Normalernte zu sichern. Das sind aber nur vier oder fünf Betriebe“, sagt Lukas.
Zudem bedeutet der Mehraufwand extrem hohe Kosten. Laut Lukas müsste man pro Hektar und Frostnacht mit 1.000 Euro Heizkosten rechnen. Klar ist also auch, dass die aktuelle Situation die Preise auf jeden Fall in die Höhe treiben wird, heißt es laut Landwirtschaftskammer NÖ.
Betroffen vom Frost waren auch die Marillen im Weinviertel. Offiziell spricht man bei der Landwirtschaftskammer in dieser Region von einem Ernteausfall von 70 Prozent. Obstbauer Josef Rögner, der seine Landwirtschaft in Eibesbrunn (Bezirk Mistelbach) betreibt, rechnet sogar mit mehr.
Spitzenernte im Vorjahr
Gerade im Weinviertel gäbe es viele Bauern, die auch wirklich vom Marillenverkauf leben. „Da wird natürlich versucht, das Risiko zu minimieren. Aber bei acht Tagen mit minus acht Grad haut das nur bedingt hin. Jammern will Rögner aber nicht. „Im Vorjahr hatten wir eine Spitzenernte. Als Marillenbauer muss ich so weit sein, dass ich es heuer auch durchdrücke.“ Mit neuer Kundschaft würde es in dieser Saison schwierig werden. „Man lebt als Direktvermarkter von der Stammkundschaft. Da sind wir dankbar, dass wir die haben und natürlich werden wir versuchen, sie – so gut es – geht zu versorgen.“
Was Veranstaltungen betrifft, muss man die Marillenfreunde aber vertrösten. Der alljährliche Marillenkirtag in Spitz wurde etwa für dieses Jahr abgesagt. Die Veranstaltung „Alles Marille“ in Krems war schon durch Corona bedingt verschoben worden. Es sei aber eine kleine Variante davon am täglichen Markt geplant, heißt es vom Stadtmarketing Krems. Das 20. Jubiläum von „Alles Marille“ soll übrigens mit einem Jahr Verspätung im Sommer 2021 stattfinden. Der Termin steht allerdings noch nicht fest. Vielleicht haben die Marillenbauern in der Wachau dann auch wieder mehr Glück mit der Ernte.
Äpfel und Birnen
Besser sei die Situation für Äpfel und Birnen, sagt Wolfgang Lukas. „Mit der Frostberegnung konnte man einiges retten, aber es gibt Mindererträge.“ Zudem hätten viele Früchte Schäden im Gewebe erlitten. „Das schaut nicht schön aus, damit ist die Frucht keine tafelfähige Ware und kann als Pressobst verkauft werden.“
Hier liege der Preis aber bei nur etwa acht Cent pro Kilo, der Tafelpreis bei 50 bis 70 Cent. Beim Apfel rechnet Lukas mit 70 Prozent der normalen Ernte. Für die Birne gilt das Gleiche. „Denn da ist der Blühzeitpunkt ähnlich.“
Rüsselkäfer sorgt für Ernteausfall
Zu den Sorgenkindern der vergangenen Jahre zählen auch Feldfrüchte. Vor allem lang andauernde Trockenheit und Schädlingsbefall verursachen immer wieder Ernteeinbußen. Auch dieses Jahr ist kein einfaches für Rübenbauern. „Die Rübe hat 2020 eine Anbaufläche von über 26.000 Hektar. Es sind etwa 6.000 bis 7.000 Hektar dem Rüsselkäfer zum Opfer gefallen“, sagt Manfred Weinhappel, Leiter des Referats Pflanzenproduktion der Landwirtschaftskammer Niederösterreich.
Noch sei es zu früh, eine genauere Prognose abzugeben, wie es bei Mais, Kürbis, Sojabohne, Zuckerrübe und Erdäpfeln ausschaut. „Da kann noch viel passieren. Aber momentan haben wir gute Vegetationsvoraussetzungen: Angenehm mild, aber nicht zu heiß und eine gute Bodenfeuchtigkeit. Die Hoffnung ist, dass es günstig so weitergeht. Aber es ist noch eine lange Reise bis zur Ernte der Kulturen.“
Kaum MäuseIm vergangenen Jahr sorgte eine Mäuseplage im Weinviertel für Ärger unter den Landwirten. In dem Bezug sei es heuer bisher etwas ruhiger, sagt Weinhappel.
„In den vergangenen Wochen wurde da deutlich weniger Aktivität gemeldet. Das stimmt uns grundsätzlich positiv.“ Zu früh freut er sich aber noch nicht, denn 2019 sei die Problematik mit den Mäusen auch erst im Juli spruchreif gewesen. „Da bin ich noch abwartend und vorsichtig.“ Ähnlich verhält es sich mit dem Drahtwurm. Auch da kommt es auf die Temperaturen im Sommer an.
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